Kreis Segeberg. Die 200 Mastbetriebe im Kreis Segeberg versuchen, ihre 200.000 Tiere vor der afrikanischen Schweinepest zu schützen.
Schleswig-Holstein will sich vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP) schützen. Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bat zum Anti-Schweinepest-Gipfel und besprach mit Vertretern von Verbänden und Landkreisen, wie einem Ausbruch besser vorgebeugt und die Schweinepest effizient bekämpft werden kann, wenn sie denn im Norden auftreten sollte. Bisher blieb Deutschland von der Seuche, die für Menschen ungefährlich ist, bei Wild- und Hausschweinen aber fast immer tödlich endet, verschont. Aber die ASP kommt näher. In Tschechien ist sie bei Wildschweinen aufgetreten, im August in Rumänien bei Hausschweinen.
Das verfolgen die Landwirte im Kreis Segeberg mit Sorge. „Zwar achte ich ohnehin 365 Tage im Jahr darauf, dass sich keine Keime in meinen Ställen einnisten und die Tiere gefährden. Doch jetzt fallen die Kontrollen noch schärfer aus“, sagt Jens-Walter Bohnenkamp. Der Norderstedter, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Segeberg, hat einen Mastbetrieb für Schweine, 750 Tiere stehen im Stall. Würden sich die Sauen mit der Schweinepest infizieren, könnte er sie nicht mehr verkaufen, was einen Verlust von einer Viertelmillion Euro und das berufliche Aus bedeuten würde. 32 Schweinezüchter und rund 200 Mastbetriebe mit rund 200.000 Tieren gibt es im Kreis Segeberg und die große Sorge davor, dass die Seuche eingeschleppt wird.
„Wir müssen alle an einem Strang ziehen. Landwirtschaft, Transportunternehmen, Schlachtbetriebe, Jagd, Veterinärbehörden und Polizei“, sagte Habeck. Die Seuche würde den Schweinemarkt zum Erliegen bringen und die Landwirte in ihrer Existenz gefährden. Ein Risiko sei, dass die ASP über Lebensmittel eingeschleppt wird, die mit dem Virus kontaminiert sind. „Da muss doch bloß mal jemand ein verseuchtes Wurstbrot wegschmeißen, das ein Wildschwein frisst, und schon haben wir die Seuche vor der Tür“, sagt Bohnenkamp. Mit Akribie schütze er seine Tiere vor einer Infektion. Wer auf den Hof kommt, darf keine Fleisch- und Wurstwaren mitbringen. Fremde Schweine dürfen nicht aufs Gelände. Die Spediteure, die seine Schweine nach Hemdingen oder nach Sachsen transportieren, seien „eingenordet“. Der Verladeplatz werde desinfiziert, die Abteile in den Ställen auch – und das regelmäßig. „Dann kommen die Tiere raus, die Boxen werden gewaschen, von jedem sichtbaren Dreck befreit – und zwar nur mit behördlich zugelassenen Desinfektionsmitteln“, sagt Bohnenkamp. Sind die Abteile trocken, kommen die Schweine wieder rein.
Sein Futter beziehe er ausschließlich aus Deutschland. Damit erfüllt der Landwirt eine Auflage der neuen Schweinepestverordnung, die der Bund verschärfen will: Getreide, Grünfutter, Heu oder Stroh, das in einem ASP-Gebiet hergestellt wurde, darf nicht verfüttert werden. Der Entwurf sieht auch vor, dass deutsche und ausländische Transportfahrzeuge gereinigt und desinfiziert werden müssen, wenn sie aus ASP-Gebieten zurückkehren.
Und der Kreisbauernchef führt genau Buch und kann dokumentieren, wer wann auf seinen Hof gekommen ist. „Garstedt und der gesamte Norderstedter Bereich Richtung Autobahn 7 sind glücklicherweise eine fast wildschweinfreie Zone“, sagt der Schweinebauer. Das sehe im Tangstedter und im Segeberger Forst schon anders aus.
Eine weitere Schutzmaßnahme, die Minister Habeck vorschlägt, sind Elektrozäune um die Maisfelder, in denen sich Wildschweine besonders gern aufhalten, weil sie dort Futter finden und im Dickicht der Pflanzen geschützt sind. „Im Bereich Weddelbrook haben Kollegen ihre Maisfelder schon eingezäunt“, sagt Bohnenkamp. Minister Habeck fordert weiter, dass die Landwirte Schneisen in den Maisfeldern anlegen, damit die Jäger bessere Sicht haben, wenn sie Wildschweine schießen. Da die Tier nachts aktiv sind, sollen künstliche Lichtquellen aufgestellt werden und den Abschuss erleichtern.
1,5 Millionen Tiere
„Ob das sinnvoll ist, muss man sehen“, sagt Oliver Jürgens, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Segeberg. Zwar würde das Schwarzwild dadurch geblendet, doch die intelligenten Tiere lernten schnell und würden hell erleuchtete Bereiche meiden. Die Jäger sehen die Situation relativ entspannt. Bisher heiße es noch nicht „Feuer frei“ auf jedes Wildschwein, das vor die Flinte läuft. Noch gelten die üblichen Schonzeiten, Keiler und Bachen seien nur von Februar bis Mitte Juni zum Abschuss freigegeben, Frischlinge und Einjährige, die sogenannten Überläufer, dürften ganzjährig erlegt werden. Habeck wolle im Unterschied zu Ministerkollegen in anderen Bundesländern wie in Brandenburg keine Abschussprämien zahlen. „Es soll aber weitere Treffen mit dem Minister geben, und die Jäger sollen für den Umgang mit infizierten toten Tieren umgehend speziell geschult werden“, sagt Jürgens.
Im Wildpark Eekholt, wo sechs Wildschweine leben, wird die aktuelle Lage ebenfalls aufmerksam beobachtet: „Wir weisen unsere Besucher darauf hin, dass sie kein mitgebrachtes Futter, etwa Wurstbrote oder ähnliches, an unsere Tiere verfüttern, sondern lediglich unser Wildparkfutter nehmen. Wir haben entsprechende Schilder aufgestellt“, sagt Wolf von Schenck, Geschäftsführer des Wildparks. Die Besucher verhielten sich bisher sehr vorbildlich.