Norderstedt. Norderstedts erste Fahrradstraße am Herold-Center wird im Dezember offiziell freigegeben. Piktogramme weisen auf Sonderregel hin.

Das Rad gilt als ein Heilmittel gegen die Schadstoffbelastungen in den Städten. Auch Norderstedt ist betroffen, am Ochsenzoll ist die Konzentration an Stickstoffdioxid seit vielen Jahren zu hoch und überschreitet den zulässigen Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Da setzen Verwaltung und Politik unter anderem auf eine umweltfreundliche Mobilität mit Elektro-Autos, Bussen und Bahnen und eben mit dem Fahrrad. Mit gleich drei Projekten will die Stadt dem gesunden und klimafreundlichen Verkehrsmittel nun zu weiterer Attraktivität verhelfen: Mitte Dezember wird Norderstedts erste Fahrradstraße eingeweiht, die Zahl der Leihrad-Stationen wächst weiter, und die Realisierung des Radschnellweges von Hamburg über Norderstedt Richtung Bad Bramstedt geht in die nächste Phase.

Die erste Fahrradstraße in der Stadt ist die Coppernicusstraße. Der rund 700 Meter lange Stummel, der von der Marommer Straße abzweigt und am Coppernicus-Gymnasium und Herold-Center endet, ist eine kleine, „aber wichtige Verbindung“, wie Radplanerin Christine Haß sagt. Die Straße ist ein unverzichtbarer Teil der Nord-Süd-Radachse entlang der U-Bahn- und AKN-Gleise, bringt sie die Radler doch zum Einkaufszentrum, zum Wochenmarkt oder zur Bücherei Garstedt. „Bisher mussten sich Radfahrer und Fußgänger den Weg neben der Straße teilen, was durchaus zu Konflikten geführt hat“, sagt die Rathaus-Mitarbeiterin. Die Situation werde nun entschärft, da die Radler auf der Straße fahren. Die Einmündung wurde so umgebaut, dass die Radler vom Weg entlang der Bahn direkt auf die Coppernicusstraße kommen, nachdem sie die Marommer Straße überquert haben.

Und da haben sie Vorfahrt, dürfen nicht nur Seite gehupt werden – eine ganz neue Situation in Norderstedt. Ob auf den Radfahrstreifen am Alten Kirchenweg und der Quickborner Straße, ob auf Ulzburger Straße oder am Schmuggelstieg: Bisher gedachte die Stadt den Radfahrern höchstens den Status gleichberechtigter Verkehrsteilnehmer zu – und sie müssen stets brav hintereinander fahren. Auf der Coppernicusstraße hingegen dürfen auch mehrere nebeneinander radeln, sogar in Gruppen, was die Schüler sicher gern in Anspruch nehmen werden. Allerdings müssen sie auf der rechten Seite strampeln. Für den Fahrzeugverkehr gilt Tempo 30.

Auf Straße werden Piktogramme angebracht

Die Fahrbahn wurde saniert. Vorgesehen sind Piktogramme auf der Straße, die den Autofahrern deutlich machen, dass sie Rücksicht nehmen müssen. Außerdem will die Stadt Flyer verteilen und Schilder aufstellen, um auf die neue Regelung hinzuweisen. „Mit der Einrichtung von Fahrradstraßen wollen wir den Radfahrern eine sichere und komfortable Zone schaffen und den Anteil des Radverkehrs erhöhen“, sagt Haß. Sie verweist auf das 20-Punkte-Programm, das die Politiker im Vorjahr beschlossen haben. Danach soll jedes Jahr eine Fahrradstraße hinzukommen. Die nächste ist schon ausgewählt, der Name bleibt noch geheim. 13.000 Euro kostet die Fahrradstraße. 70 Prozent der Kosten übernimmt das Bundesumweltministerium – die Straße ist eine von bundesweit fünf Maßnahmen, die über den Bundeswettbewerb Klimaschutz gefördert werden.

Stadt hat 20 neue Mieträder angeschafft

Außerdem hat sich die Zahl der Nextbike-Stationen erhöht. Jetzt können die Norderstedter auch an der Ecke Bahnhofstraße/Ulzburger Straße in Fried­richsgabe und an der Segeberger Chaussee in Höhe Hausnummer 137a Räder ausleihen. „Beide Stationen liegen direkt neben Bushaltestellen, sodass öffentlicher Nahverkehr und Radverkehr optimal verzahnt sind“, sagt Christine Haß. Zudem hat die Stadt 20 weitere Mieträder angeschafft, um den sechs Jahre alten Fuhrpark mit modernen Nextbikes zu ergänzen.

Derzeit stehen stadtweit 90 normale Mieträder und 26 Transporträder an den 17 Stationen bereit. Die Stadt unterstützt die Nutzung der Leihfahrräder: Jede Kundin und jeder Kunde kann täglich bis zu einer halben Stunde kostenlos fahren – und das rund um die Uhr. „Weitere Stationen sind geplant“, sagt die Planerin, die hofft, in diesem Jahr die Marke von 3000 Ausleihen zu knacken. Bisher liegt die Zahl bei 2800 und damit erstmals über den bisherigen Durchschnittswerten von 2600 Ausleihen pro Jahr.

Studie zur konkreten Route für den Radschnellweg

Der erste Radschnellweg durch Norderstedt geht in eine wichtige Phase: Die Machbarkeitsstudie startet, die Fachleute sollen eine konkrete Linienführung einschließlich der Anbindung an das Hamburger Veloroutennetz erarbeiten. Wo und wie die Radler die Stadtgrenze passieren, ist momentan noch ein extrem breiter Streifen, „irgendwo zwischen Rugenbarg und Am Böhmerwald“, wie Christine Haß sagt.

Die Trasse entlang der Bahngleise bietet sich an, sie müsste allerdings ausgebaut werden. Eine Schnellstraße für die Radler muss mindestens vier Meter breit und asphaltiert sein. Hinzu kommen ein zwei Meter breiter Fußweg und zwei je 0,50 Meter breite Sicherheitsstreifen. Querende Straßen wie der Buchenweg stören die flotte Fahrt, solche Probleme sollen die Fachleute lösen.

Der 30 Kilometer lange Korridor von Hamburg bis Bad Bramstedt ist eines der acht Projekte mit einer Gesamtlänge von 275 Kilometern, die in den Machbarkeitsstudien für Radschnellwege untersucht werden. Für jeden untersuchten Kilometer hat die Projektgruppe 3000 Euro veranschlagt. Norderstedts Eigenanteil beläuft sich auf 10.000 Euro. Der Zeitplan sieht eine europaweite Ausschreibung im Frühjahr 2018 vor.