Seth. Zwei Fans schwedischer Autos wollen ein Fahrzeug ausstellen, das in Hamburg bei den G20-Krawallen angezündet wurde.
Die Bilder der brennenden Autos gingen im Juli um die Welt. Ein schwarz gekleideter Mob zog während des G20-Gipfels über Hamburgs noble Elbchaussee und zündete ungestört von der Polizei Autos an. Schwarze Rauchsäulen stiegen über der Stadt auf. Als die Feuerwehr eintraf, war kaum noch ein Fahrzeug zu retten. Auch von dem Saab, der in einer Werkstatt in Seth steht, blieb nur verkohltes Blech übrig. Alle Kunststoffe verbrannten, die Alufelgen schmolzen in der extremen Hitze. Dirk Ahrens und Markus Kollwitz haben das Wrack vor dem Schrott gerettet.
Vermutlich steht in ihrer Halle der einzige noch übrig gebliebene Wagen, der bei den beispiellosen Krawallen ausbrannte. Jetzt wollen Ahrens und Kollwitz den Saab ausstellen – als Mahnmal. Markus Kollwitz sagt: „Unser Ziel ist es, das Fahrzeug zu erhalten.“ Was davon noch übrig ist, möchte man hinzufügen.
Er und Ahrens haben sich schon immer für schwedische Autos begeistert. Sie fahren regelmäßig zu Stammtischen für die Fans von Volvo und Saab, sind selbst nur mit diesen Marken unterwegs und schrauben gern. „Abends schön schrauben und einen Kaffee dazu, das entspannt unheimlich“, sagt der Hasenmoorer Ahrens, der im Berufsleben bei Audi arbeitet. Der Schmalfelder Kollwitz ist im Hauptberuf Ausbilder im Metallgewerbe und schraubt mit Gewerbeschein in seiner Werkstatt in Seth.
Dort, wo jetzt der Saab von der Elbchaussee steht und dem der Fachmann immer noch ansieht, dass der Wagen für einen Saab-Fan ein echtes Sahnestückchen war, bevor die Kriminellen kamen. Wenn Kollwitz „Saab 900 Turbo 16S Aero in schwarz, Baujahr 1992“ sagt, klingt das, als denke er an einen schönen Traum. „Das ist ein Topmodell“, sagt er über das Wrack, das das Kennzeichen HH-BK 440 trug.
Nach der Bergung begann die Drecksarbeit
„Wäre das nicht was, den Saab zu retten?“, fragten sich die Männer unisono, als sie damals das brennende Fahrzeug auf der Elbchaussee im Fernsehen sahen. Kurz darauf kursierten die ersten Youtube-Videos mit weiteren Bildern.
Schnell waren sich beide Männer einig und entschlossen sich, zum Tatort nach Hamburg zu fahren. Dort hinterließen sie an den Resten des Saabs einen Zettel für die Besitzer mit der Nachricht, dass sie den Wagen übernehmen möchten. Schon kurz darauf meldete sich die Besitzerin. „Sie war froh, das Auto loszuwerden“, sagt Ahrens. Zahlen musste er nichts.
Elf Jahre gehörte das Auto einer Familie. „Der ist dort alt geworden“, sagt Markus Kollwitz. „Die Kinder sind darin groß geworden – und nie hat jemand den Wagen als Oldtimer betrachtet.“
Vier Stunden dauerte es, bis die Männer das ausgebrannte Auto bergen und abtransportieren konnten. Eine Stunde verbrachten sie damit, mit Nachbarn und Zeugen zu plaudern und ihr sonderbares Hobby zu erklären.
Danach begann die Drecksarbeit. Kollwitz und Ahrens schippten eine schwarze Pampe aus Asche und Löschwasser aus dem Wrack. Fünf Säcke füllten sie mit dem Dreck. Dann begann in der Halle in Seth, in der früher Brot hergestellt wurde, die Suche nach Metallteilen, die sie wieder befestigen wollen. „Das war schon fast eine archäologische Arbeit“, sagt Ahrens. Den Motor mussten die Männer nicht lange suchen. Er war während des Brandes von der Front in den Fußraum gesackt. Saab-Freunde in aller Welt erfuhren in den Blogs von dem Projekt der beiden Männer aus dem Kreis Segeberg.
Und warum gerade einen Saab? Der Mob war bei der Auswahl der Fahrzeuge, die in Flammen aufgingen, nicht wählerisch gewesen. „Hauptsache ein schwedisches Auto“, sagt Ahrens. Schön und gut – diese Begriffe verbindet er mit einem Saab und einem Volvo. Dabei gilt der Saab als der sportliche und edlere Wagen. „Volvo ist dagegen straight und pragmatisch“. Und fährt angeblich immer und überall. Beide sprechen von einem „analogen Auto“ ohne allzu viel Elektronik. „Diese Fahrzeuge haben noch eine Fensterkurbel“, sagt Ahrens. „Das beruhigt.“
Einige Arbeiten sind an dem Saab noch zu erledigen, bevor er bei Treffen von Saab-Freunden ausgestellt werden kann. Scharfe Metallkanten müssen entfernt werden, damit sich niemand an dem Wrack verletzt.
Der Saab wird zum Symbol sinnloser Zerstörungswut
Kollwitz und Ahrens halten es auch für denkbar, das Auto einem Museum als Leihgabe zur Verfügung zu stellen. Sollte sich das Museum für Hamburgische Geschichte mit dem G20-Gipfel beschäftigen, wäre der Saab ein Hingucker. Auch Versicherungen sind an dem Fahrzeug interessiert. Sie könnten das Auto für Schulungen nutzen, um die Wirkung von Feuer auf Autos zu erklären.
In erster Linie wollen Kollwitz und Ahrens jedoch an die Gewalt erinnern. Sie haben ein Schild fertiggestellt, das neben dem Wrack stehen soll. „Dieser 900 Turbo wurde zum Symbol sinnloser Zerstörungswut“, ist darauf zu lesen.