Bad Bramstedt. Expeditionsspezialist Arved Fuchs aus Bad Bramstedt berichtet in seinem neuen Buch von den Reisen durch das Eis der Arktis.

Ein bisschen klingen manche Sätze wie Kalenderweisheiten. Doch wer den Mann kennt, der sie gesagt hat, zweifelt nicht, dass er es ernst damit meint. „Jeder hat es in der Hand, ob er am Ende seines Lebens auf eine Summe von Versäumnissen zurückblickt oder auf ein Leben voller Ereignisse“ Mit diesem wuchtigen Zitat von Arved Fuchs beginnen die Erzählungen von den Reisen in Kälte und Einsamkeit, die in seinem neuen Buch „Die Umrundung des Nordpols“ erschienen sind.

Auf prallen 382 Seiten berichtet der Bramstedter Expeditionsspezialist von einem extremen Segelabenteuer im hohen Norden: Mit seinem Boot „Dagmar Aaen“ ist Fuchs nördlich von Sibirien und nördlich von Alaska, Kanada und Grönland unterwegs gewesen. Und dazu liefert Fuchs ganzseitig einen Spruch, in dem er seine Lebensphilosophie offenbart: „Reisen ins Eis waren stets mit einem hohen Risiko behaftet. Daran hat sich bis heute nichts verändert. Das haben wir akzeptiert – sozusagen als Eintrittskarte in eine Welt voller Wunder.“

Arved Fuchs blieb auch bei diesen beiden Fahrten einem Prinzip treu, das ihm einerseits Popularität bescherte und andererseits vor Havarien bewahrte: Er sucht das Abenteuer und berichtet davon der Welt, doch er kalkuliert gleichzeitig penibel und kühl das Risiko.

Erst der Klimawandel machte den Weg durchs Eis frei

Begegnung mit Fischern im hohen Norden Russlands
Begegnung mit Fischern im hohen Norden Russlands © Arved-Fuchs-Expeditionen | Arved-Fuchs-Expeditionen

So wie bei der Fahrt zur nordrussischen Insel Nowoja Zemlja, die seit dem größten Atomwaffentest aller Zeiten im Jahr 1961 gesperrt ist. Die russischen Behörden hatten empfohlen, einen nördlichen Kurs um die Insel zu nehmen. Doch Fuchs und seine Crew verlassen sich auf ihre Karten und fahren südlich um Nowoja Zemlja. Gefährlich dicht für die 1931 gebaute „Dagmar Aaen“ wird das Eis dennoch. Und dann kamen noch die Schikanen der russischen Behörden dazu.

Episoden wie diese, die Erzählungen moderner Abenteuer, die unter kalkulierten Bedingungen stattfinden – das ist das Geheimnis von Fuchs’ Erfolg und das Rezept dieses Buches. Dass die Reisen durch die Nordwestpassage und die Nordostpassage 16 Jahre zurückliegen, schmälert nicht den Lesespaß und die Spannung, wenn Arved Fuchs seinen Leser in die entlegensten Winkel der Erde mitnimmt. In vergangenen Jahrhunderten wären diese Reisen kaum möglich gewesen. Erst der Klimawandel hat das Eis in den Passagen schmelzen lassen und der Schifffahrt den Weg nördlich der Kontinente frei gemacht. Die ökologische Katastrophe hat es Arved Fuchs erst ermöglicht, diese Region per Segelboot zu erkunden. Der Klimawandel – ein Wegbereiter.

Bei der Lektüre dieses Buches fällt auf, dass Fuchs sich nur am Rande mit diesem Phänomen beschäftigt, heute hingegen zu den bekanntesten und viel zitierten Zeugen des Klimawandels zählt. Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich schnell aufklären: Die Reisen durch die Passagen liegen lange zurück.

Der Verlag hat aus zwei Büchern eines gemacht

Der Ausguck des Expeditionsschiffes „Dagmar Aaen“ beobachtet, ob der Weg durch das Eis frei ist
Der Ausguck des Expeditionsschiffes „Dagmar Aaen“ beobachtet, ob der Weg durch das Eis frei ist © Arved-Fuchs-Expeditionen | Arved-Fuchs-Expeditionen

Penibel hat der Autor Daten und Reiserouten angegeben. Ein weiterer Hinweis seines Verlags Delius und Klasing wäre jedoch ebenfalls nützlich gewesen: „Die Umrundung des Nordpols“ ist kein komplett neues Buch, sondern wurde aus zwei langen Berichten zusammengestellt, die schon vor Jahren erschienen sind. Belesene Fuchs-Fans werden sich vermutlich ärgern, 49,90 Euro für ein Buch mit DVD auszugeben, dessen Inhalt sie weitgehend schon kennen.

Als problematisch erweist sich auch das Format von 18 mal 25 Zentimetern. Der Reiz eines Buches von Arved Fuchs, liegt nicht nur in den packenden und allürenfreien Erzählungen, sondern auch in den stets großartigen Fotos, die seine Crew von jeder Expedition mitbringt. Wer jedoch ein Buch mit 162 prächtigen Farbbildern druckt, sich aber nicht zu einem Bildbandformat entschließen kann, mutet dem Leser zu, sämtliche großformatigen Bildern durch die Falz in der Mitte zu trennen. Warum sich der Verlag außerdem für ein unruhiges Layout mit schwarzer und blauer Schrift entschieden hat, wird ebenfalls sein Geheimnis bleiben.

Schnee und Eis erschwerten die Reisen durch die arktischen Gewässer
Schnee und Eis erschwerten die Reisen durch die arktischen Gewässer © Arved-Fuchs-Expeditionen | Arved-Fuchs-Expeditionen

Wer über diese Schwächen hinwegsehen kann, wird ein Buch genießen, das sich für lange, dunkle Winterabende eignet. Wohlige Gefühle packen den Leser bei der Erkenntnis, dass der Norden viel kälter und länger dunkel bleibt als Mitteleuropa. Eigentlich nicht neu, aber trotzdem ein Ausflug in eine fremde Welt, die nur auf dem Weg durchs Wasser zu erreichen ist.

Erst recht, wenn die Spannung dazu kommt wie damals am Ende der Nordwestpassage. Arved Fuchs schreibt: „Plötzlich verspüren wir harte Schläge, so als ob wir eine Eisscholle überlaufen hätten, und noch ehe der Ausguck warnen kann, sind wir auf einen Unterwasserfelsen aufgelaufen, der in keiner Seekarte verzeichnet ist.“

Solche Geschichten meint der Autor, wenn er in seinem 64. Lebensjahr von einem erfüllten Leben voller Ereignisse schreibt.

„Die Umrundung des Nordpols“ von Arved Fuchs ist im Bielefelder Verlag Delius und Klasing erschienen. Der 382 Seiten starke Band mit 162 Fotos und einer DVD kostet 49,90 Euro.