Norderstedt. Der Minister Bernd Buchholz (FDP) sieht in wilhelm.tel einen kompetenten Partner, um Schleswig-Holstein zu digitalisieren.

„Die Zukunft ist mobil“, sagt Theo Weirich, Geschäftsführer von wilhelm.tel. Und in Norderstedt hat sie mit dem stadtweiten WLAN „Moby Klick“ schon begonnen. Nun hat Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) Interesse bekundet, den Norderstedter Kommuniaktionsanbieter als Partner ins Boot zu holen, um den Norden zu digitalisieren. Er hat mit wilhelm.tel-Geschäftsführer Weirich über Pläne und Anforderungen für die nächsten Jahre gesprochen.

„Es steht ja die große Frage im Raum: Wie können wir die Digitalisierung im Land zügiger voranbringen? Und da ist wilhelm.tel sicher ein interessanter Partner“, sagt Birte Pußback, Sprecherin des Wirtschafts- und Verkehrsministers. Konkrete Absprachen oder Kooperationen gebe es aber noch nicht, die Gespräche liefen noch. „Wir wollen andere nicht mit unserem Norderstedter Modell missionieren, aber wir sind gerne bereit, den Kommunen und dem Land auf dem Weg in die digitale Zukunft zu helfen“, sagt Weirich, denn: Die 15 größten Städte in Schleswig-Holstein mit Ausnahme von Norderstedt hätten noch kein Glasfasernetz. Das aber sei Voraussetzung, um die Antennen für den Mobilfunk mit den Datenmengen zu versorgen, die demnächst anfallen werden.

Der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP)
Der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) © picture alliance / Carsten Rehde | dpa Picture-Alliance / Carsten Rehder

„In zehn Jahren vertausendfacht sich die Datenmenge“, sagt Weirich. Reichten 1998 noch 756 Kilobit, werden 2021 schon fünf Gigabyte nötig sein. Es gehe aber nicht nur um die Datenmenge, sondern auch ums Tempo auf der Datenautobahn. Für das autonome Fahren beispielsweise seien Reaktionszeiten von einer Millisekunde erforderlich. Das bedeute eine Fülle von Antennen, die jederzeit Infos weitergeben, damit das selbst fahrende Auto unfallfrei durch den Verkehr kommt. Das heißt, so Weirich, dass auch in Norderstedt zusätzlich zu den 1600 Antennen weitere Zugangspunkte für die kabellose Kommunikation kommen müssen.

Im ländlichen Bereich sieht der wilhelm.tel-Chef weniger Probleme. Dort arbeiteten Stadtwerke, Gemeinden und, wie im Kreis Segeberg der Wege-Zweckverband, mit Anbietern wie der Deutschen Glasfaser zusammen, damit die Bewohner problemlos Filme aus dem Internet herunterladen oder aus beruflichen Gründen große Datenmengen verschicken können.

Der Kreis Segeberg spielt beim schnellen Datennetz bundesweit im oberen Tabellendrittel mit, der Wege-Zweckverband schließt gerade die letzten Dörfer in der Region an. Norderstedt und wilhelm.tel tragen wesentlich zur relativ weit fortgeschrittenen Digitalisierung bei: 33.000 Haushalte sind angeschlossen, die Anschlussquote liegt bei 85 Prozent. Auch beim WLAN ist die Stadt bundesweit weit vorne. Aber: Die Stadtwerke Norderstedt wollen die schnellen Datenleitungen in den anderen Städten und Gemeinden nicht verlegen. „Wenn wir dann 49 oder 59 Euro für unser Komplettpaket aufrufen, werden viele Bürger abwinken“, sagt Weirich. Wettbewerber wie die Deutsche Telekom oder Vodafone verlangten deutlich weniger, setzten allerdings auch auf eine „Technologie ohne Zukunft“, das Vectoring, das die alten Kupferkabel verfeinert, die Leistungsfähigkeit erhöhen und Störsignale mindern soll.

Stadtwerke nehmen an Bundesprojekt teil

Nicht nur wilhelm.tel ist bundesweit aktiv. Auch die Muttergesellschaft, die Stadtwerke, mischt auf Bundesebene mit. Die Werke beteiligen sich an „NEW 4.0 – Norddeutsche EnergieWende“.

Das Projekt, bei dem 57 Partner mitmachen, gehört zur Förderinitiative „Schaufenster Intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“, für die das Bundesministerium für Wirtschaft 80 Millionen Euro ausgibt. Ziel ist, in den nächsten vier Jahren die Bürger so weit wie möglich mit Strom aus erneuerbaren Energien zu versorgen.

Die Norderstedter Stadtwerke investieren bis 2020 rund 2,5 Millionen Euro, um ihren Beitrag zu leisten. Die Bürger sollen durch finanzielle Anreize und moderne Steuertechnik dazu gebracht werden, Strom flexibel zu nutzen.

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„Damit sind die sich rasant entwickelnden Anforderungen nicht zu stemmen“, sagt Weirich, der begrüßt, dass Schleswig-Holstein auf Glasfaser-Netze setze und dem Minister bei dessen Besuch erläutert hat, wohin die Reise geht, wenn Rauchmelder mit der Sprinkleranlage sprechen, das Mobilitätscenter im Rucksack steckt, und alles, was nicht per Fingerdruck funktioniert, keine Zukunft hat. Es gehe vor allem darum, öffentliche Einrichtungen und Gebäude schnell mit leistungsfähigem WLAN auszustatten.

Weirich kann eine beeindruckende Visitenkarte in die Waagschale werfen. Denn wilhelm.tel ist nicht nur in seiner Heimatstadt aktiv. Die städtische Telekommunikationssparte, die jedes Jahr kräftig Gewinn erwirtschaftet, hat gut 200.000 Kunden in Hamburg verkabelt, weitere im Umland. Wilhelm.tel hat rund 100 Bahnhöfe der AKN und der Hamburger Hochbahn mit WLAN ausgestattet, bis zum Jahresende soll das Netz in rund 1000 Stadtbussen in Hamburg verfügbar sein. In München und Köln helfen die Norderstedter den örtlichen Kollegen ebenfalls in die digitale Zukunft.