Kreis Segeberg. Eine Ausstellung dokumentiert die Geschichte des Landkreises von seinen Anfängen vor 150 Jahren bis in die Gegenwart.

Am Anfang stand ein Verwaltungsakt. Das passt für eine Gebietskörperschaft, wie die Kreise im Amtsdeutsch heißen. Und der Kreis Segeberg als Institution wird bis heute als Verwaltung wahrgenommen. Als Verwaltung, die mittlerweile auf viele Hundert Mitarbeiter angewachsen ist. Begonnen hat alles am 22. September 1867. Damals bildete der Staat Preußen in seiner Provinz Schleswig-Holstein insgesamt 20 Landkreise. Mit Demokratie hatte das noch nichts zu tun. König Wilhelm vom Preußen verordnete auf Antrag des Staatsministeriums die Bildung der Landkreise, an deren Spitze ein Landrat (damals noch Landrath geschrieben) stand, den der König benannte. Der erste Landrat war Freiherr Cai Lorenz Baron von Brockdorff.

Das moderne Segeberger Kreishaus entstand Anfang der 70er-Jahre. Heute arbeiten etwa 700 Männer und Frauen in der Kreisverwaltung
Das moderne Segeberger Kreishaus entstand Anfang der 70er-Jahre. Heute arbeiten etwa 700 Männer und Frauen in der Kreisverwaltung © KLIETZ klietz | KLIETZ klietz

An diesem Septembertag vor 150 Jahren entstand also der Kreis Segeberg. Er wurde aus vielen unterschiedlichen kleinen Verwaltungseinheiten wie Kirchspielen, Vogteien oder Gütern gebildet und sah noch etwas anders aus als heute. Teile des Kreises Bordesholm im Norden vergrößerten das Kreisgebiet 1932, und um die Stadt Norderstedt wuchs der Kreis 1970 im Süden. 1867 war alles viel kleiner und ländlicher als heute. Der Landrat lebte und arbeitete im Haus Segeberg, wo auch sein heutiger Amtsnachfolger seinen Sitz hat. Die Verwaltung indes passte vor 150 Jahren mit in das Haus. Ein Pferd, einen Schreiber und ein paar Mitarbeiter – mehr wird der Landrat damals nicht gehabt haben, fasst Georg Asmussen zusammen. Der Archivar des Kreises hat gemeinsam mit vielen anderen Mitarbeitern der Verwaltung eine Ausstellung zu den vergangenen 150 Jahren Kreisgeschichte zusammengestellt.

Kreis erhielt im Laufe der Jahre mehr Kompetenzen

Das Kreishaus, in dem die Ausstellung zu sehen ist, ist selbst ein Teil dieser Geschichte. Zeugt es doch gemeinsam mit den weiteren Gebäuden der Kreisverwaltung an der Hamburger Straße in Bad Segeberg von der stetig wachsenden Verwaltung. Im sogenannten Dreikaiserjahr 1888 erweiterte sich die Verwaltung in das Gebäude, in dessen Kreistagssitzungssaal im ersten Stock bis heute die Kreispolitik gemacht wird.

Das Kreishaus in Segeberg, aufgenommen im Jahr 1900
Das Kreishaus in Segeberg, aufgenommen im Jahr 1900 © HA | Archiv Zastrow, Bad Segeberg

Während also 1888 in Berlin zunächst Kaiser Wilhelm I. starb, dann sein Sohn Friedrich III. und schließlich sein Enkel Wilhelm II. die Macht übernahm, bauten die Segeberger ihr neues Kreishaus für die Kreisverwaltung um. Weitere Anbauten und Anfang der 1970er Jahre das „Haus B“ als Hochhaus folgten. Heute sind im Kreis umgerechnet 594,34 Vollzeitstellen angesiedelt. Die für eine Verwaltung typische ebenso genaue wie krumme Zahl steht für mehr als 700 Mitarbeiter. Auch der Kreishaushalt ist enorm angewachsen. Mussten 1957 umgerechnet noch weniger als eine Million Euro ausgegeben werden, sind es heute mehr als 100 Millionen. Die Verwaltung wächst mit ihren Aufgaben, überschreibt es die dazugehörige Tafel in der Ausstellung.

Sollten die Kreise zu Beginn vor allem die staatlichen Befugnisse des preußischen Staates in der Provinz Schleswig-Holstein wahrnehmen, müssen sie heute viel mehr tun. Seit der Kreisordnung von 1950 hat der Kreis mehr eigene Kompetenzen und ist von der Verwaltung der Kreisstraßen über das Ausländerrecht bis zur Bildung für viele Bereiche des Lebens zuständig.

Demokratisch gewählt wird der Kreistag seit 1925

Im Kreishaus tagten schließlich auch die Vertreter des neuen Kreistags, die ab 1888 mit Dreiklassenwahlrecht gewählt wurden, in die die Männer ab 24 nach ihrer Steuerleistung eingeteilt waren. Bis dahin gab es im Kreis Segeberg einen ständischen Kreistag, in dem ein Drittel der Stimmen auf die Großgrundbesitzer entfiel. Nun, 21 Jahre nach der Gründung der Kreise, arbeitete der Landrat mit dem Kreisausschuss zusammen, dessen sechs Mitglieder vom Kreistag gewählt wurden. Beim Stimmengleichheit gab das Votum des Landrats den Ausschlag. Demokratisch wurde der Kreistag dann 1925. Ab diesem Jahr durften alle Männer und Frauen ab 20 Jahren ihre Kreistagsabgeordneten wählen, wobei der Kreistag wie alle anderen Institutionen bereits acht Jahre später von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet wurde.

Der erste Landrat Freiherr Cai Lorenz Baron von Brockdorff
Der erste Landrat Freiherr Cai Lorenz Baron von Brockdorff © HA | Archiv Zastrow, Bad Segeberg

In den vergangenen 150 Jahren ist viel passiert. Waren die Verkehrswege 1867 noch beschwerlich und die Altona-Kieler-Chaussee am westlichen Rand des Kreises gerade einmal gut 30 Jahre benutzbar, führen heute zwei Autobahnen von Nord nach Süd durch den Kreis, und auch die A 20 von Ost soll irgendwann nach West weitergebaut werden. Von den Bahnstrecken, deren erste 1875 die Strecke von Neumünster über Bad Segeberg nach Bad Oldesloe war, existieren viele nicht mehr. Die Kleinbahnen beispielsweise von Bad Segeberg nach Kiel sind abgebaut, andere, wie eine Verbindung von Eutin über Bad Segeberg nach Hamburg-Poppenbüttel durch das heutige Norderstedt, wurden nie realisiert, wie Kreisarchivar Asmussen in den Unterlagen feststellte. Die Privatisierung der Kreiskrankenhäuser in Bad Segeberg und Kaltenkirchen gehört zur jüngeren Kreisgeschichte. Etwas früher, vor gut 50 Jahren, wurde im Kreisgebiet nach Erdöl gebohrt unter anderem bei Boostedt und in Willingrade bei Neumünster. Bis heute wird bei Bornhöved in beträchtlichem Umfang Kies abgebaut. Die kleinen Gemeinden Damsdorf, Tensfeld und Tarbek bereiten sich in den kommenden Jahren auf ein „Leben nach dem Kies“ vor. Eine touristische Nutzung ist nicht ausgeschlossen. Die übrigens gab es schon Anfang des 20. Jahrhunderts. In „Krögers Führer durch die Holsteinische Schweiz“ hieß es über die Region um Bad Segeberg; „Nicht schau‘n wir starre Felsenwände/Mit Zinken, ewig eisbedeckt,/als wären‘s Völkerriesenhände,/Zum Freiheitsschwure ausgestreckt./Doch, ist von sanfter Hügel Rücken/Der Blick auf Wald und See gewandt,/Jauchzt jede Seele voll Entzücken:/„Wie bist Du schön mein Holstenland!“

Urban im Westen, ländlich im Osten

Der Kreis Segeberg grenzt im Norden an den Kreis Rendsburg-Eckernförde, an Neumünster und an den Kreis Plön, im Osten an den Kreis Ostholstein, im Südosten an den Kreis Stormarn und an Hamburg und im Westen an die Kreise Pinneberg und Steinburg.

Der Bevölkerungs- und Wirtschaftsschwerpunkt des Kreises liegt im Südwesten auf der Siedlungs- und Wirtschaftsachse Norderstedt–Henstedt-Ulzburg–Kaltenkirchen. Hier leben mehr als 120.000 Menschen (knapp die Hälfte der Bevölkerung des Kreises) in drei der 95 Gemeinden auf 120 Quadratkilometer der insgesamt 1344 Quadratmeter großen Kreisfläche.

Im eher ländlich geprägten Nordosten des Kreises mit Bad Segeberg als Mittelpunkt liegen die wirtschaftlichen Stärken in der Gesundheitswirtschaft (u. a. Segeberger Kliniken), der Naherholung und dem Tourismus (u. a. Karl-May-Spiele)

Durch das Kreisgebiet verläuft im westlichen Teil die A 7 mit den Anschlussstellen Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen, Bad Bramstedt und Großenaspe. Im Osten durchquert die A 21 den Kreis. In Planung als neue Ost-West-Verbindung ist die Verlängerung der A 20 von Lübeck quer durch den Kreis Segeberg bis zu einer Kreuzung mit der A 7 bei Bad Bramstedt und weiter durch den Kreis Steinburg zu einer neuen Elbquerung.

Die Autobahnstrecke im Kreis beträgt insgesamt 73 Kilometer. Die Bundesstraßen 4, 205, 206, 404, 430, 432 und 433 bringen es auf 132 Kilometer. Hinzu kommen 259 Kilometer an Landes- und 431 Kilometer an Kreisstraßen.

Der Kreis Segeberg hatte 1867 42.658 Einwohner, 1939 waren es 53.671, 1970 lebten 164.671 Menschen im Kreisgebiet, heute sind es etwa 270.000.

Stärkste Fraktion im Kreistag ist die CDU (25 Sitze), gefolgt von der SPD (16), Grünen (8), FDP 3), Linken (2) und Piratenpartei (2).

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Winfried Zylka (CDU), der als Kreispräsident dem Kreistag vorsteht, beschreibt den Kreis Segeberg heute wie folgt: „Der Kreis bietet in seiner Vielfalt attraktive Lebensbedingungen, die ihn zum vorzüglichen Standort für Leben, Lernen, Arbeiten und Erholen machen. Daher ziehen regelmäßig mehr Menschen in den Kreis als andere fortziehen.“

Die Ausstellung „Kreis Segeberg – 150 Jahre“ ist bis Ende des Jahres im Foyer des Kreistagsgebäudes (Hamburger Straße 30 in Bad Segeberg) zu sehen. Sie zeigt Bilder und kurze Texte über verschiedene Bereiche der Kreisgeschichte auf 18 Schautafeln. Neben einer kurzen Übersicht über wichtige Ereignisse geht es um die Gründung der Feuerwehren im Kreis, die Bildung, den Verkehr, die Kreistage oder die Kulturdenkmäler zwischen Norderstedt und Bornhöved, Bad Bramstedt und Pronstorf. Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten der Kreisverwaltung (Montag bis Freitag von 8.30 bis 12 Uhr sowie Dienstag und Donnerstag von 14 bis 16 Uhr) geöffnet. Der Eintritt ist frei.