Henstedt-Ulzburg. Die Planungen zur Ostküstenleitung verzögern sich jetzt weiter. Der Bauernverband kritisiert Netzbetreiber Tennet.
Nur an wenigen Orten im Norden werden die Probleme mit der Energiewende so deutlich wie in Henstedt-Ulzburg. Der Strom aus den Offshore-Windkraftanlagen muss in die Netze eingespeist werden – und damit keine Energie verloren geht, muss eine leistungsstärkere Infrastruktur her. An der Ostküstenleitung, die Strom aus Ostholstein abtransportieren soll, entzündet sich in der Großgemeinde seit Jahren ein Streit. Noch ist kein Mast gebaut, nicht einmal das Planfeststellungsverfahren läuft, sondern ist weiterhin in der Vorbereitung. Die aktuelle Prognose für den Beginn: das erste Quartal 2018. Für den Netzbetreiber Tennet ist jede Verzögerung kostspielig, denn verlorene Energie bedeutet auch verlorene Entgelte.
Das Problem ist nicht der Netzausbau an sich, sondern die Maßnahme. Denn die Ostküstenleitung soll im Großraum Henstedt-Ulzburg teilweise unter der Erde verlaufen. Es ist ein durch die Landesregierung forciertes Pilotprojekt, das zwar teurer sein wird, dafür könnte den Menschen aber der Anblick gigantischer 60-Meter-Masten erspart bleiben.
Weil das Vorhaben so komplex ist, muss Tennet bereits jetzt Bodenuntersuchungen vornehmen. Dafür benötigt das Unternehmen Zugang zu den Grundstücken von Landwirten, die wiederum entschiedene Gegner des Vorhabens sind. So wie Tile Abel, auf dessen Fläche zudem sogar ein Umspannwerk gebaut werden soll. „Tennet hat leider einige ältere Bauern über den Tisch gezogen, bevor sie wussten, dass sie verneinen können“, sagt er. Dass Mitarbeiter des Netzbetreibers Bohrungen durchführen dürfen, ist rechtlich zwar erlaubt und geregelt durch das Energiewirtschaftsgesetz. Allerdings ist ebenso vorgeschrieben, dass Eigentümer zwei Wochen vor einer solchen Maßnahme benachrichtigt werden müssen. Theoretisch könnte ein Landwirt zudem Einspruch einlegen, was dann eher einen symbolischen Wert hätte, den Prozess aber weiter verzögert.
Grundsätzlich sitzt der Netzbetreiber am längeren Hebel, das bestätigt auch der Landesbauernverband, der seine Mitglieder juristisch berät. „Es gab Fälle, wo sich Tennet vorher nicht gemeldet hatte und Landwirte dann nur durch Zufall sahen, dass jemand auf dem Acker herumläuft“, sagt Hans Heinrich von Maydell aus der Rechtsabteilung. „Für alle möglichen Trassenführungen werden Flächen von Grundeigentümern in Anspruch genommen. Tennet ist zu Gast auf fremden Grundstücken.“ Trotzdem, so von Maydell, sei der Umgang mit Tennet „sehr ordentlich“.
Nicht nur die Landwirte, sondern auch die Gemeinde Henstedt-Ulzburg hat bereits eine Klage gegen die Ostküstenleitung angekündigt.