Norderstedt. Die wegen besonders schweren Raubes angeklagten jungen Männer waren offenbar regelmäßig im Norderstedter Hof.

Mehrere Raubüberfälle sorgten Anfang des Jahres bei Hotelangestellten in Norderstedt für Angst und Schrecken. Die Serie begann am 25. Januar und fand am 15. Februar ihr Ende. Nach einer intensiven Fahndungsarbeit konnte die Norderstedter Kripo bereits wenige Tage später die Festnahme von drei Verdächtigen melden. Gegen einen festgenommenen 26-Jährigen lehnte das Gericht eine Anklageerhebung ab. Zwei der Verdächtigen müssen sich jetzt vor dem Jugendschöffengericht Norderstedt verantworten, einer von ihnen sitzt in U-Haft. Die Anklage: besonders schwerer Raub.

Die Angeklagten sind Cousins, kommen aus dem Kosovo und sind beide 20 Jahre alt. Deshalb gelten sie juristisch als Heranwachsende, sodass nach dem Jugendstrafrecht verhandelt wird. Die Männer bestreiten seit ihrer Festnahme die ihnen vorgeworfenen Straftaten. Deshalb musste das Jugendschöffengericht wegen der umfangreichen Beweisaufnahme gleich sechs Verhandlungstage ansetzen. Mehr als ein Dutzend Zeugen ist geladen.

Von ihrem Aussageverweigerungsrecht machten beide Angeklagten auch am Mittwoch Gebrauch. Es war bereits der zweite Verhandlungstag, weil beide Pflichtverteidiger den Prozessbeginn verzögern wollten. Nachdem sie vergeblich versucht hatten, eine Aussetzung der Verhandlung zu erreichen, stellten die Rechtsanwälte einen Befangenheitsantrag gegen die Besetzung des Jugendschöffengerichtes. Diesen Antrag lehnte Wolf Reinhard Wrege, der Direktor des Amtsgerichtes Norderstedt, als unbegründet ab. Die Vorsitzende Richterin Claudia Naumann verkündete gestern zum Prozessauftakt in Norderstedt die ablehnende Entscheidung.

In Norderstedt schlugen Täter viermal zu

Sechs Raubüberfälle im vorigen Januar und Februar wird den beiden jungen Männern zur Last gelegt. Fünfmal spähten sie sich Hotels als Tatort aus, einmal soll eine Spielhalle ihr Ziel gewesen sein. In Norderstedt schlugen die Hotel-Räuber gleich viermal zu, einmal war ein Hotel im Hamburger Stadtteil Langenhorn ihr Ziel. Ebenfalls in der Hansestadt – an der Wandsbeker Marktstraße – befindet sich die Spielhalle, die die Angeklagten überfallen haben sollen.

Warum sich die Angeklagten für ihre Raubzüge gleich dreimal das Hotel Norderstedter Hof an der Mittelstraße ausgesucht hatten, wird noch zu klären sein. Nach den staatsanwaltlichen Ermittlungen waren zwei Männer am 25. Januar zwei Männer gegen 4 Uhr morgens in den Empfangsraum gestürmt und bedrohten den Nachtportier mit einem Küchenmesser. Der Portier übergab den Männern 1800 Euro. In der Nacht zum 30. Januar kam es zu einem zweiten Überfall, diesmal waren die Täter maskiert. Beute: 600 Euro. Am 11. Februar schlugen die Täter erneut im Norderstedter Hof zu. Beute: bisher unbekannt. Am 15. Februar überfielen zwei maskierte Männer das Hotel Heuberg an der Ecke Kahlenkamp/Niendorfer Straße in Norderstedt.

Dreimal sah sich der Nachtportier im Norderstedter Hof diesen ungebetenen Gästen gegenüber. Er trat als erster Zeuge auf. Er habe, räumte er ein, die Extremsituationen von damals seelisch halbwegs gut überstanden. „Es hat mich zwar beschäftigt, aber es geht mir gut“, betonte der 28-jährige Mann mit der schmalen Statur und dem blassen Gesicht. Zur Überraschung im Gerichtssaal erklärte er, die beiden Angeklagten „relativ gut“ zu kennen. „Beide kamen früher ins Hotel, entweder spät in der Nacht oder ganz früh und buchten bei uns ein Zimmer“, sagte der Zeuge. Weil diese Gäste die Zimmer nach kurzem Aufenthalt aber jedes Mal „reichlich verwohnt, nämlich schmutzig“ verlassen hätten, habe er von seinem Chef die Order bekommen, beide das nächste Mal abzuweisen. Etwa zehnmal habe er das Paar als „ganz normale Hotelgäste“ erlebt. Weil einer der Angeklagten beim ersten Überfall unmaskiert aufgetreten war, sei es für ihn nicht schwer gewesen, den Beschuldigten bei den kurzfristig folgenden polizeilichen Ermittlungen zu identifizieren.

An Details kann sich Zeuge nicht erinnern

Anschließend nahmen beide Pflichtverteidiger den unsicher auftretenden Zeugen abwechselnd ins Kreuzverhör. Ihr Ziel war, die Mandanten vom schwerwiegenden Schuldvorwurf zu entlasten. Dabei fiel auf, dass dem Zeugen wichtige Details zu den genauen Tatabläufen entfallen waren. Auch bei den anwaltlichen Nachfragen, welcher ihrer Mandanten welche Drohungen ausgesprochen habe oder wer in welcher Weise maskiert war, blieb er klare Aussagen schuldig. „Meine Erinnerung“, meinte der Zeuge bedauernd, „ist mittlerweile etwas verschwommen“.

Der Prozess wird am Montag, 30. Oktober, im Saal C im Amtsgericht Norderstedt fortgesetzt. Beginn: 9 Uhr.