Bad Segeberg. Der neue Leiter des Kreisveterinäramtes, Markus Overhoff, fühlt sich sowohl den Produzenten als auch den Verbrauchern verpflichtet.

Es gibt keinen Imbiss und kein Restaurant, in das Markus Overhoff (49) einfach unbeschwert Essen gehen kann. Das ist seine Berufskrankheit. Als Tierarzt und neuer Chef im Kreisveterinäramt Segeberg und damit auch oberster Lebensmittelkontrolleur im Kreis, weiß Overhoff einfach alles über Gesetze, Vorschriften und Hygienestandards. Er kann gar nicht anders, als ganz genau hinzuschauen. „Wenn auf der Speisekarte ein Gericht mit Erdnüssen steht und diese nicht als Allergen gekennzeichnet sind, dann kann ich das so nicht akzeptieren.“

Tage später bekommt der Wirt dann eben Besuch von Kontrolleuren, die ihn höflich auf die Kennzeichnungslücke aufmerksam machen. Die Karte bekommt Kleingedrucktes, und damit ist die Sache erledigt – ganz im Sinne der Verbraucher. Und Overhoff ist dem Grundprinzip in seinem Wirken als Kreisveterinär gerecht geworden. „From the stable to the table – vom Stall bis auf den Teller“, sagt Overhoff. „Wir müssen gewährleisten, dass der Verbraucher einwandfreie und gesunde Lebensmittel bekommt.“ Dafür sind Overhoff und die 50 Mitarbeiter in seinem Amt in den Ställen, Schlachthöfen, Zerlegebetrieben, Supermärkten und Restaurants des Kreises unterwegs.

Und alle, die dort arbeiten und produzieren, müssen sich nun an ein neues Gesicht auf einem Chefsessel gewöhnen, auf dem es in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine große Kontinuität gab. Und die hieß Kurt Warlies. Man sprach in der Kreisverwaltung von einer Ära, die zu Ende geht, als er im Juli mit 63 Jahren in den Ruhestand ging. Warlies bilanzierte im Rückblick auf seine Arbeit seit 1989 eine deutliche Verschiebung der Schwerpunkte. Früher habe man sich stärker auf die Tierseuchenbekämpfung konzentriert, dann rückte die Lebensmittelüberwachung stärker in den Fokus. „Und jetzt bekommen wir es mit Tierseuchen zu tun, die wir bisher nicht kannten.“ Seinen Nachfolger bezeichnete Warlies als sehr erfahren, gab ihm aber trotzdem den Rat als altgedienter Kreisveterinär mit auf den Weg: Nichts überstürzen, langsam einarbeiten und dann Schwerpunkte setzen!

Overhoff wirkt nicht wie einer, der überstürzt entscheidet. Sehr wohl aber wie jemand, der klare Schwerpunkte in seiner Arbeit setzt. Wie Warlies ist auch Overhoff ein Kind vom Land – wenn auch kein Sohn eines Landwirts. Seine Eltern leben im Niedersächsischen; und sie waren es, die ihn dazu bewegten, seinen letzten Job im fernen, südwestdeutschen Zipfel in Lörrach aufzugeben und sich was in der Nähe zu suchen.

Studiert hat Overhoff Veterinärmedizin in Leipzig, und er legte eine Ausbildung zum Landwirt obendrauf. „Ich weiß, wie die Bauern ticken, kenne ihre Sorgen und Nöte und kann mich gut in ihre Lage versetzen“, sagt Overhoff. Nach seinem Studium arbeitet Overhoff in einer Großtierpraxis. Viel Stress, körperlich anstrengende Arbeit. Völlig unerwartet macht Overhoffs Körper da nicht mit: Ein Lungenflügel kollabiert. Die Mediziner verbieten dem jungen Tierarzt fortan jede starke körperliche Belastung. Plan B des Tiermediziners Overhoff war das Veterinärwesen. Das war 2003. Da begann er als Dezernent im Krisenmanagement des Thüringer Landesamtes für Verbraucherschutz. 2004 wechselte er in den südthüringischen Landkreis Hildburghausen, wo er bis 2015 Amtsleiter war. Zuletzt leitete er den Fachbereich Veterinärwesen und Verbraucherschutz in Lörrach.

Nun also der Kreis Segeberg. „In alle Bereiche der Tierhaltung und Lebensmittelproduktion habe ich Einblick. Es ist jeden Tag eine andere Herausforderung“, sagt Overhoff. Der Kreis biete kleine Bauernhöfe ebenso wie hochprofessionelle Lebensmittelbetriebe. Jemand will mal gezählt haben, dass 200.000 Schweine, 75.000 Rinder, eine Million Hühner und anderes Geflügel, 8000 Pferde sowie 5000 Schafe und Ziegen in 3000 Betrieben im Kreis leben.

Diesen fühlt sich Overhoff verpflichtet. Aber eben auch den 270.000 Verbrauchern im Kreis und den Bauern, Produzenten und Beschäftigten in der Produktionskette der Lebensmittelbranche. „Tierschutz hört nicht bei der Haltung auf, sondern erst bei der Schlachtung“, sagt Overhoff etwa. Wie Schlachtvieh eingeladen und transportiert wird, wie es in die Schlachthöfe getrieben und dort im Wartestall gehalten wird und wie es betäubt und geschlachtet wird, dafür gibt es ganz exakte gesetzliche Vorgaben, deren Einhaltung Overhoff zu kontrollieren hat.

Nicht anders sieht es in der Tierhaltung und -zucht aus. Immer wieder werden Vorwürfe von Tierhaltern und Bauern auch gegen Mitarbeiter seiner Behörde laut, wonach diese es etwas zu genau nehmen mit dem Tierschutz und vor allem vorschnell Tiere beschlagnahmen würden. „Ich kann nicht erkennen, dass sich meine Mitarbeiter da irgendetwas zu Schulden haben kommen lassen“, sagt Overhoff. Es gebe klare Vorgaben. „Und an diesen Vorgaben messen wir die Situation in den Betrieben. Wenn es Probleme gibt, müssen wir handeln.“ Spielräume gibt es nicht, wenn es um Tiergesundheit geht.

Viel Bauern sind dankbar, wenn sie Tipps bekommen

Umgekehrt kennt Overhoff auch die vielen gutgemeinten Hinweise aus der Bevölkerung – das abgemagerte Pferd auf der Wiese neben der Straße etwa. Ein Klassiker. „Dann gehst du hin und stellst fest: Das Pferd ist ein ehemaliges Rennpferd, wird aber einwandfrei gehalten.“ Doch Overhoff geht lieber einmal zu oft zur Kontrolle, als einmal zu spät. „Manchmal herrscht nur Betriebsblindheit. Zustände, die sich im Alltag eingeschliffen haben, die aber trotzdem nicht hinzunehmen sind“, sagt der Veterinär. Er erlebe es oft, dass die kontrollierten Bauern oder Produzenten eher dankbar sind, wenn man ihnen Hinweise gibt, wie die Missstände abzustellen sind.

Overhoff: „Ich habe persönlich auch eine ganz andere Vorstellung vom Tierschutz. Aber als Veterinär muss ich dafür sorgen, dass wenigstens die gesetzlichen Mindeststandards eingehalten werden.“