Trappenkamp. Von der Dichtung bis zur Kühlerfigur: Dimitri Dubrowski hat in Trappenkamp 4000 Ersatzteile für Ural, Wolga und Co. auf Lager

Dimitri Dubrowski bringt ein Stück Osten in den Norden. In Trappenkamp betreibt er „Ural Hamburg“, einen Online-Handel mit Ersatzteilen für russische Oldtimer. Von der Gummiabdichtung bis zur Kühlerfigur gibt es unter anderem für Fahrzeuge der Marken Ural, Wolga und Lada all das, was die Werke nicht mehr herstellen.

Täglich fährt Dubrowski von Hamburg in die holsteinische Gemeinde, meistens auf dem Motorrad. „Seit 13 Jahren gehe ich gerne zur Arbeit“, sagt er über seinen ungewöhnlichen Beruf. Das war nicht immer so. 1996 kam der heute 45-Jährige aus Russland nach Deutschland. Da sein Abschluss als Chemiker nicht anerkannt wurde, vermittelte ihm das Arbeitsamt eine Umschulung zum Elektroinstallateur. Sein Kommentar: „Das wollte ich nie wieder machen“.

Dimitri Dubrowski mit seinen fünf Mitarbeitern
Dimitri Dubrowski mit seinen fünf Mitarbeitern © HA | Ural Hamburg

Sieben Jahre lang arbeitete er als Kurierfahrer, war mit diesem Job auch nicht zufrieden. Irgendwann setzte er seinen lang gehegten Traum um und machte den deutschen Motorradführerschein, um sich ein russisches Ural-Motorrad zu kaufen. Er stellte fest, dass Ersatzteile für seine Maschine in Deutschland sehr teuer sind: „Was in Russland zwei Euro kostete, wurde in Deutschland für 20 Euro verkauft.“ Online-Shops gab es nicht. Er besorgte sich die fehlenden Stücke während eines Ukraine-Urlaubs. Von den restlichen 400 Euro Urlaubsgeld kaufte er weitere Ersatzteile, die er über Ebay gewinnbringend weiterverkaufte – der Grundstein für „Ural Hamburg“ war gelegt.

Die Entscheidung, auf das Onlinegeschäft zu setzen, stellte sich als goldrichtig heraus: Der Kellerraum wurde schnell zu klein, auch die nachfolgenden Ladenräume waren bald nicht mehr groß genug. Vor zwei Jahren ist „Ural Hamburg“ dann wegen der horrenden Mieten in Hamburg nach Trappenkamp gezogen, als das Areal zum Verkauf stand. Neben einer unscheinbaren Lagerhalle befindet sich auch eine Ausstellungshalle mit Oldtimern auf dem Gelände, ein „Ural Hamburg“-Schild prangt darüber, der Name ist also mitgekommen. „,Ural Trappenkamp’ klingt einfach nicht so gut“, sagt Dimitri Dubrowski und lacht.

Dubrowski verkauft im Jahr Teile für etwa eine Million Euro

Seit zwei Jahren gibt es den Online-Handel in Trappenkamp
Seit zwei Jahren gibt es den Online-Handel in Trappenkamp © HA | Judith Rötgers

Etwa 4000 Artikel hat der 45-Jährige derzeit auf seiner Website im Angebot: Sie werden aus dem Lager in Trappenkamp verschickt. Das Online-Geschäft macht den Löwenanteil des Umsatzes aus, etwa 95 Prozent. Dennoch sei die Kundenberatung wichtig: „Wenn man einen Mercedes hat und ein Ersatzteil kauft, dann ruft man nicht bei Mercedes an und fragt, wie man das Teil einbaut. Bei uns gehört das aber dazu“, betont Dubrowski.

Der Weg vom kleinen Ebay-Händler zu einem Unternehmen, das eine Million Euro Umsatz erwirtschaftet, war bisweilen steinig. Dubrowski erinnert sich an Zeiten, in denen er „auf dem Zahnfleisch gegangen ist“. Sein Erfolgsrezept? Harte Arbeit, Durchhaltevermögen und ein wenig Glück, weil er in einem Moment auf den Internethandel gesetzt hatte, als Online-Shops noch selten waren. Er habe jeden Euro Gewinn in den ersten Jahren wieder in das Geschäft gesteckt und nie einen Kredit in Anspruch genommen.

Diese Kühlerfigur gehört zu einem Wolga M21
Diese Kühlerfigur gehört zu einem Wolga M21 © HA | Judith Rötgers

Mit der Zeit hat er sich zudem ein umfassendes Lieferantennetzwerk aufgebaut: Mehrmals im Jahr kommen Container mit Ersatzteilen in Trappenkamp an, die aus Russland, der Ukraine oder auch China verschickt werden, wo die russischen Modelle fürs Militär kopiert wurden. Dubrowski: „Wenn da mal eine Lieferung dabei ist, die nicht so gut ist, können wir uns das heute leisten.“ Seine Taktik: Alles kaufen, was ihm angeboten wird. Auch wenn das wegen der hohen Lagerkosten unwirtschaftlich erscheint, geht die Rechnung letztlich auf: „Viele Kunden sind erstaunt, dass die Ersatzteile, die sie heute bestellen, morgen da sind. Die denken dann, ich müsste erst nach Russland fahren, um die Teile einzukaufen“. Inzwischen lässt er einige Teile auch selbst fertigen, etwa in Deutschland oder Polen.

Dass die Nachfrage nach Ersatzteilen so hoch ist, liegt vor allem an der Anfälligkeit der Fahrzeuge. „Das sind Spielzeuge. Keine Autos, um zum Beispiel zur Arbeit zu fahren. Eine Stunde schrauben, eine Stunde fahren“, sagt Dubrowski über die Oldtimer. Welche Menschen nehmen das in Kauf? Viele Ostdeutsche seien unter seinen Kunden, auch Russen: „Sie sind dann zum Beispiel in einem Wolga zur Hochzeit gefahren und jagen nun diesem Autotraum nach“. Und dann seien da die, die gerne mit einem Motorradgespann fahren möchten. Da seien die russischen Modelle die günstigste Alternative.

Die Ersatzteile stammen aus Russland und der Ukraine, aber auch aus China
Die Ersatzteile stammen aus Russland und der Ukraine, aber auch aus China © HA | Judith Rötgers

Zu seinem Team gehören mittlerweile fünf Angestellte. Alle Mitarbeiter sind, wie auch der Chef, mit dem Oldtimer-Virus infiziert. Dubrowski sagt dazu: „Ich habe Glück, mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben“. Er selbst besitzt etwa zehn Autos und zehn Motorräder und nimmt schon einmal an einem Autowettbewerb in den rumänischen Karpaten teil. Oder er fährt mit einem seiner Lieferanten, mit dem ihn mittlerweile eine enge Freundschaft verbindet, nach Nizza. Regelmäßig ist er bei Oldtimer-Treffen. „Leider komme ich selten dazu, solche Treffen wirklich zu genießen.“ Da er in der Szene recht bekannt sei, kommen bei den Treffen häufig Kunden mit Fragen auf ihn zu – „Ural Hamburg“ hat sich zu einer festen Größe in dem Nischenmarkt etabliert.

Und ein Ende des Erfolgs ist nicht in Sicht, ganz im Gegenteil: Nach zwei Jahren ist das 1000 Quadratmeter große Areal in Trappenkamp schon wieder zu klein. Im Oktober will Dimitri Dubrowski mit dem Bau einer Halle beginnen: „Ich hoffe, das reicht dann erst mal.“

www.ural-hamburg.de