Norderstedt . Anwohner des Garstedter Dreiecks wollen den Umbau der Hauptstraße zur Tempo-30-Zone. Doch das ist in der Planung nicht vorgesehen.

Im Garstedter Dreieck, dem werdenden Stadtteil für 3000 Neubürger, kann man derzeit beobachten, wie stimmig Stadt- und Verkehrsplanung in der Theorie wirken kann – und wie wenig sie sich hinterher mit den Bedürfnissen der Menschen deckt.

Die Horst-Embacher-Allee ist in der Theorie der Stadtplaner die Hauptstraße im Dreieck. Sie soll zunächst die links und rechts liegenden Mehrfamilienhäuser mit derzeit schon hunderten an Bewohnern erschließen. Sie soll aber auch die neue, leistungsfähige Verbindung zwischen Friedrichsgaber Weg und Kohfurth auf direktem Weg zu Norderstedts größtem Einkaufszentrum, dem Herold-Center sein und somit Verkehre anderer Straßen aufnehmen und diese entlasten. Verkehrspolitisch fortschrittlich ist die Embacher-Allee nach dazu Fahrradstraße (mit aufgemalten Rad-Symbolen auf der Fahrbahn), appelliert also an Radler und Autofahrer, sich den Straßenraum zu teilen.

Doch was taugt Planung, wenn der Bürger sie einfach nicht annimmt und das alles ganz anders sieht? Was die Embacher-Allee angeht, ist das nun so weit. Beschwerden über Raserei auf der Straße gibt es schon lange (wir berichteten). Im Verkehrsausschuss erlebten Baudezernent Thomas Bosse und die Kommunalpolitik kürzlich den Ansturm erzürnter Embacher-Allee-Anwohner, vornehmlich Mütter kleiner Kinder. Von Hauptverkehrsstraße und Erschließung des Herold-Centers wollen die Anwohner nichts hören. Für sie ist die Embacher-Allee die Straße, an der sie täglich leben, an der sie im neuen Umfeld und in der modernen (und nicht gerade günstigen) Eigentums- oder Mietwohnung ihre Heimat finden wollen. Und da wünschen sie sich eben Tempo 30, möglichst viele Zebrastreifen und Querungshilfen, um mit dem Kinderwagen schadlos über die Straße zu kommen und für das beruhigende Gefühl, dass der heranwachsende Nachwuchs beim Spielen im Viertel sicher ist. Unisono berichten die Anwohner von Hochgeschwindigkeitsfahrten auf der Allee, nächtlichen Rennen offenbar rücksichtloser PS-Rambos. Es werde generell häufig deutlich schneller als die zugelassenen 50 km/h gefahren. Auch die vielen älteren Bewohner des Viertels hätten damit ihre Probleme. Und manche Anwohner stören sich sogar am Bus der Linie 193, der regelmäßig brummend anhält und beim Fernsehschauen stört.

Kurzum: Die Anwohner wollen Tempo 30 auf der Embacher-Allee und Zebrastreifen. Gegen die Raser soll mit Radar und Knöllchen vorgegangen werden. Einige Anwohner betonten, dass ihnen beim Kauf oder der Anmietung der Wohnung von einem Bauunternehmen zugesichert wurde, dass auf der Embacher-Allee Tempo 30 gelten werde.

Nun stehen sich Bürger auf der einen und Stadtverwaltung und Kommunalpolitik auf der anderen Seite mit vermeintlich unvereinbaren Standpunkten gegenüber. Die Fragen sind: Ist die Planung der Embacher-Allee gescheitert und muss sie korrigiert werden? Sind die Anwohner im Garstedter Dreieck zu empfindlich und müssen sie in einem innerstädtischen Viertel genauso viel Verkehr ertragen wie Bürger in vergleichbaren Vierteln auch?

Thomas Bosse wies die Bürger darauf hin, dass die Embacher-Allee über Jahre geplant und dabei niemals als Tempo-30-Zone vorgesehen war. Um Raser potenziell einzubremsen, habe man die Straße mit kleinen Bögen und Querungshilfen gebaut, außerdem nicht so breit, wie es der Raum zugelassen hätte. Seit 2005 wurde politisch über die Planung diskutiert und zu keinem Zeitpunkt sei Bauherren im Garstedter Dreieck signalisiert worden, dass auf der Embacher-Allee eine geringere Geschwindigkeit als Tempo 50 gelten würde. „Dass diese Information nicht an die jetzigen Mieter oder Eigentümer weitergegeben worden ist, ist unglücklich, kann jedoch nicht dazu führen, dass dort jetzt eine verkehrsberuhigte Zone eingerichtet wird“, heißt es im Protokoll der Sitzung.

Zur Lösung des Problems schlug Bosse vor, dass es versteckte Geschwindigkeitsmessungen auf der Embacher-Allee geben und dass der Verkehr 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche gezählt werden soll. „Hier gibt es viel subjektives Empfinden. Und deswegen brauchen wir objektive Fakten“, sagt der grüne Fraktionschef Detlev Grube. Er unterstützt den Messmarathon an möglichst unterschiedlichen Wochentagen und das Zählen der Autos. „Und wenn sich die Beschreibungen der Menschen bestätigen, dann bin ich für Tempo 30 und feste Blitzgeräte auf der Straße.“