Kreis Segeberg. Unterwegs mit dem Straßenwahlkämpfer von CDU, der das Direktmandat im Wahlkreis Segeberg-Stormarn-Mitte gewinnen will.

Gero Storjohann hat sich seine Baseballmütze aufgesetzt und trotzt dem Regen. Und auch Uwe Voss zieht den Kragen seiner Windjacke hoch. „Ist das zu fassen? Sonst wimmelt es hier vor Menschen, jetzt traut sich niemand aus dem Haus.“ Der Geschäftsführer des CDU-Kreisverbandes und Ortsvorsitzender der CDU Bad Segeberg hadert mit dem Schicksal: Wochenmarkt in Bad Segeberg, aber kaum jemand zu sehen.“ Die CDU macht Wahlkampf in der Kreisstadt – die äußeren Voraussetzungen sind denkbar schlecht. Aber der Mann, auf den es in diesen Tagen ankommt, lässt sich die Laune nicht verderben: Gero Storjohann steht mit stoischer Gelassenheit unter dem CDU-Sonnen- und Regenschirm und ist bereit zum Smalltalk. Direkt nebenan haben die Grünen ihren Stand aufgebaut, schräg gegenüber die SPD. Alle sind sie mit ihren Bundestagskandidaten erschienen.

Gero Storjohann, seit 15 Jahren Bundestagsabgeordneter, seit 20 Jahren CDU-Kreisvorsitzender, ist ein gewiefter Wahlkämpfer. Das heißt: Er stürzt sich nicht ins Getümmel. Er lässt vielmehr stürzen. Die Straßenarbeit überlässt er weitgehend seinen Parteifreunden, von denen namhafte erschienen sind. Kreistagsabgeordneter Henning Wulff zum Beispiel, Irmgard Seiffert und Volker Stender vom Ortsvorstand, Ursula Michalak vom Kreisvorstand – sie alle sind sich nicht zu schade, CDU-Wahlmaterial zu verteilen, während sich Gero Storjohann in Wartestellung befindet. Er verlässt den vor Regen schützenden CDU-Stand immer, wenn Passanten Gesprächsbereitschaft signalisieren.

Aber dann gibt es auch kein Halten mehr. Der Bundestagsabgeordnete und -kandidat verbeißt sich regelrecht in Einzelgespräche, hört zu, redet, diskutiert gestenreich und vergisst dabei bisweilen, was um ihn herum vorgeht. Was aber treibt ihn auch bei schlechtem Wetter auf die Straße? „Etwa 13 Prozent der Wähler sind noch unentschieden“, sagt Gero Storjohann. Die will er mit dem Straßenwahlkampf für sich gewinnen. Dabei geht er auch eher unangenehmen Gesprächen mit abseitigen Themen nicht aus dem Weg. Als sich ein älteres Ehepaar bei ihm beklagt, dass Peter Harry Carstensen als CDU-Ministerpräsident zu wenig für die Förderung des Pommern-Zentrums in Travemünde getan hat, hört Gero Storjohann ganz genau hin, fragt nach, gibt Kommentare. Uwe Voss ist nicht erstaunt: „Typisch Gero, der diskutiert das aus.“ Tatsächlich unterhält sich der Bundestagskandidat gut zehn Minuten mit dem Ehepaar, obwohl sich im Laufe des Gesprächs herausstellt, dass es sich um AfD-Anhänger handelt. Überzeugen kann und will er es nicht. „Aber ich lerne dazu“, sagt Gero Storjohann. „Hier habe ich etwas erfahren, dass ich bisher noch nicht wusste.“

Gero Storjohann (CDU)

Gero Storjohann (59) hat nach dem Abitur eine Lehre zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel gemacht und studierte anschließend Betriebswirtschaft. Bei der Post war er von 1989 bis 1994 als Sachbearbeiter im Kostencontrolling tätig. Storjohann gehörte von 1987 bis 2002 der Gemeindevertretung von Seth, von 1990 bis 1994 dem Kreistag und von 1994 bis 2002 dem Landtag an.

Seit 2002 ist er Mitglied des Bundestages und hier seit November 2005 stellvertretender Vorsitzender des Petitionsausschusses. Außerdem ist er ordentliches Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur. 2005, 2009 und 2013 wurde er direkt in den Bundestag gewählt. Gero Storjohann ist verheiratet und hat drei Söhne.

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Ein anderer Passant kommt lachend auf ihn zu: „Ach, Herr Storjohann, jetzt erkenne ich sie.“ Gero Storjohann erkennt ihn auch: Es ist sein ehemaliger Lehrer von der Dahlmannschule, auf der er sein Abitur gemacht hat. Der ältere Herr hat auch zwei der drei Storjohann-Söhne unterrichtet und erkundigt sich nach deren Werdegang. Ursula Michalak wird Zeugin des Gesprächs und erinnert Storjohann daran, dass sie selbst einst als junge Lehrerin mit ihm auf Klassenfahrt war – Randnotizen am Wahlkampfstand. Zwischendurch sagt SPD-Kandidat Alexander Wagner kurz Guten Tag und Auf Wiedersehen. Er muss weiter zum Wahlkampf nach Bad Oldesloe. Man kennt sich, ob man sich auch schätzt, ist in der kurzen Zeit nicht auszumachen. Der Bitte des Fotografen, sich doch bitte noch einmal die Hände zu schütteln, kommen sie jedenfalls nicht nach.

„Moin, moin“, sagt ein älterer Herr und stellt „eine dumme Frage“: Ob die CDU am Wahltag auch eine Party veranstalte, will er wissen. Wie sich später herausstellt, möchte der Mann zum Wahllokal gefahren werden. Kein Problem. Gero Storjohann lässt die Adresse notieren und erfährt dann von dem Mann, dass er bereits 91 Jahre ist und früher ehrenamtlich für das THW aktiv war.

Ein Ehepaar aus Klein Gladebrügge informiert Gero Storjohann über Schwäne, die einst auf der A-20-Trasse lebten, inzwischen aber abgeflogen seien. Er seinerseits erzählt dem Ehepaar, dass der SPD-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein gegen die Fehmarnbelt-Querung kämpfe. Gero Storjohann ist zufrieden mit sich und der Welt. Nach zwei Stunden hat der Bundestagskandidat eine Menge über die Probleme der Menschen in Bad Segeberg und Umgebung erfahren. Die große Politik hat in den meisten Gesprächen eine eher untergeordnete Rolle gespielt.