Norderstedt. Imker Hans Georg Keller siedelt im Naturgarten im Ossenmoorpark zwei Bienenvölker an. Auch die Bauern wollen den Insekten helfen.

Die Allianz der Bienenretter wächst. Jetzt steht den Honigsammlern ein wahres Blütenmeer im Norderstedter Naturgarten offen, Imker Hans Georg Keller hat zwei Bienenstöcke im naturnahen Garten im Ossenmoorpark aufgestellt. Eine Schautafel informiert über das Leben der so wichtigen Bestäuber. „Es geht uns aber nicht nur um die Bienen, sondern insgesamt um die Insekten und die Artenvielfalt“, sagt Jürgen Feddern vom Förderkreis Ossenmoorpark, der den Naturgarten betreibt, „die einzige Biotop- fläche von Rang in Norderstedt“, wie Bernhard Kerlin sagt, der im Norderstedter Rathaus lange für den Baum- und Naturschutz eingetreten ist.

Auch immer mehr Landwirte setzen sich für den Erhalt der Artenvielfalt ein, denn: Schmetterlinge, Wespen, Fliegen und Co. sind vom Aussterben bedroht. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sprach von einem „verheerenden Insektensterben“ in Deutschland. Der Entomologische Verein in Krefeld, dessen Mitglieder in Alkohol eingelegte Insekten seit 2005 sammeln, kommt zu dem alarmierenden Ergebnis, dass der Bestand an Fluginsekten in einem Naturschutzgebiet seit 1989 um rund 80 Prozent zurückgegangen ist. Wissenschaftler verweisen auf ein Alltagsphänomen, das das Sterben der kleinen Flieger anschaulich zeige: Früher sei die Windschutzscheibe des Autos nach jeder Fahrt im Sommer mit Insekten verklebt gewesen – heute sei das kaum noch der Fall.

Eine Wildbiene im Anflug auf den Bienenstock
Eine Wildbiene im Anflug auf den Bienenstock © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Arne Dedert

Verantwortlich gemacht wird zu einem großen Teil die Landwirtschaft: Die Ackerfläche habe zugenommen, Monokulturen dominierten. Wo früher blühende Wiesen den Insekten Nahrung boten, werde jetzt Getreide angebaut. Pestizide und Überdüngung machten den Lebewesen zusätzlich den Garaus.

Doch die Bauern im Norden steuern gegen. Sie richten Blühflächen und Blühstreifen an den Rändern der Felder ein. „Das Interesse ist massiv gestiegen“, sagt Lennart Butz, stellvertretender Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Segeberg. Immer mehr Landwirte legten zwei bis vier Hektar große Flächen still, damit dort Persischer Klee, Glockenblumen, Klatschmohn, Wicken, Ringelblumen oder Phacelia (Bienenweide) gedeihen können.

Die EU fördert das Einrichten von Blühstreifen mit bis zu 750 Euro pro Hektar. „Das sichert den Landwirten eine feste Einnahme in Zeiten, in denen die Ernte wie in diesem Jahr schlecht ist“, sagt Butz. Andere wandelten Flächen um, die ohnehin nicht so ertragreich sind. Schließlich wollten die Bauern auch das ramponierte Image der industrialisierten Landwirtschaft aufpolieren und zeigen, dass auch sie sich für den Naturschutz und den Erhalt der Artenvielfalt einsetzen. Bisher seien die Landwirte allerdings eher Einzelkämpfer. Noch gebe es im Kreis Segeberg keine gesteuerten Aktivitäten wie beispielsweise im Nachbarkreis Stormarn, in dem Bauern und Kommunen gemeinsam blühende Flächen schafften.

Sommerfest

Wer sich den Naturgarten erklären lassen will, sollte zum Sommerfest kommen, das der Förderkreis Ossenmoorpark am Sonntag, 3. September, ab 14 auf dem Grillplatz an der Straße Am Böhmerwald feiert.

Die Kinder können auf Ponys reiten, mit einem Trecker-Oldie fahren und bei einer Natur-Rallye mitmachen. Die Erwachsenen können Lastenräder testen und bei Würstchen vom Grill, Kaffee und Kaltgetränken klönen und sich über die Aktivitäten des Förderkreises informieren.

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„Wir wollen mit unserem Naturgarten den Norderstedtern vor Augen führen, wie auch die eigenen Gärten so gestaltet werden können, dass sich Schmetterlinge, Schwebfliegen und eben auch Bienen in ihnen wohlfühlen und Nahrung finden“, sagt Jürgen Feddern. Das bedeute Stauden und heimische Blumen statt Pfingstrosen und Hortensien – Pflanzen, die für Insekten keinen Nährwert haben, wie Feddern sagt. Die Entscheidung für einen naturnahen Garten setze oft ein Umdenken und eine neue Sichtweise voraus, denn das Miteinander von Stauden und Blumen wirke für viele unordentlich und ungepflegt. Brennnesseln und Giersch, von vielen Gartenbesitzern als Unkraut identifiziert und vernichtet, zählten zu den Favoriten unter den Insekten. „Da die natürlichen Nahrungsflächen schwinden, brauchen die Bienen die Hilfe des Menschen“, sagt Imker Keller, der seine beiden Völker am Rand des Naturgartens platziert hat und am Eingang ein Warnschild aufgestellt hat: Der Hinweis auf Bienen sei auf öffentlichen Flächen nötig, um Allergiker zu informieren. Falls die Bienen den Menschen zu nahe kommen, sollten sie nicht nach ihnen schlagen. Das könne die Tiere aggressiv machen.

Der Naturgarten ist in Höhe der Schulbushaltestelle von der Straße Am Böhmerwald aus zu erreichen. Er ist von 8 bis 20 Uhr geöffnet, später bis zum Einbruch der Dunkelheit.