Bark/Hartenholm. Polizei erteilt Platzverweise, um das Problem in den Griff zu bekommen. Vollstreckungsmaßnahmen durch die Landeskasse sind eingestellt worden.

Auf dem Parkplatz an der B 206 zwischen Bad Segeberg und Bad Bramstedt mitten im Wald steht ein Lkw. Die Vorhänge sind geschlossen. Nach kurzer Zeit steigt eine knapp bekleidete Frau aus der Beifahrertür und geht ein paar Schritte in den Wald. Der Lkw-Fahrer zieht die Vorhänge wieder auf, setzt sich ans Steuer und fährt weiter. Bevor er auf die Straße abbiegt, kommt er an einem Betontisch vorbei, an dem eine zweite Frau sitzt. Ebenfalls knapp bekleidet. Die andere, die gerade im Einsatz war, kehrt zu ihrem Tisch am Anfang des Parkplatzes zurück und wartet auf den nächsten Kunden. Der Straßenstrich an der Bundesstraße 206 existiert weiterhin. Trotz aller Versuche der Behörden, das Gewerbe von den Parkplätzen zu verdrängen.

54 Anzeigen wurden in diesem Jahr verhängt

Die Prostituierten stehen allerdings nicht mehr überall. Das war vor drei Jahren anders. Im Sommer 2014 entstand viel Aufregung um den „längsten Straßenstrich Schleswig-Holsteins“. Die Prostituierten boten ihre Dienste so gut wie auf jedem Parkplatz zwischen Bad Segeberg und Bad Bramstedt an. Mittlerweile sind die Zahlen zurückgegangen. Nico Möller, Sprecher der zuständigen Polizeidirektion in Bad Segeberg, spricht von bisher 54 sogenannten Ordnungswidrigkeitsanzeigen im Jahr 2017. Vergangenes Jahr waren es noch 135 und „Saison“ hat das Gewerbe nicht im ganzen Jahr. „Wir haben eine deutliche Reduzierung. Das ist auf die Aufmerksamkeit der Polizei zurückzuführen“, sagt Möller. Die Polizei habe die Lage auf den Parkplätzen zwischen Bad Bramstedt und Bad Segeberg weiter im Blick und fahre regelmäßig Streife. Werde eine Prostituierte angetroffen, wird ein Platzverweis ausgesprochen und eine Anzeige geschrieben. In wenigen Fällen werden sie auch in Gewahrsam genommen, 2016 waren es 19 Fälle.

Die Prostitution auf dem Parkplatz einer Bundesstraße ist im Amtsdeutsch eine unerlaubte Sondernutzung. Hausrecht auf den Parkplätzen hat der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV), der dem Verkehrsministerium untersteht und an den die Anzeigen weitergeleitet wurden. Der LBV hat bislang versucht, das Geld bei den betreffenden Frauen einzutreiben. Erfolglos. Ministeriumssprecher Harald Haase sagt deshalb: „Die Vollstreckungsmaßnahmen durch die Landeskasse sind eingestellt worden.“ Die Bußgelder seien verhängt, aber nicht gezahlt worden; die Prostituierten könne man nicht ausfindig machen. Deswegen sei der Schritt des Ministeriums jetzt folgerichtig. „Es wurde viel Arbeit und viel Steuergeld eingesetzt und am Ende wurde nicht gezahlt“, so Haase. „Wir haben das versucht, was in unserem Einflussbereich liegt.“ Die Möglichkeiten des Verkehrsministeriums, das sich unter anderem um Straßenbau und Unterhaltung kümmert, sieht seine Möglichkeiten erschöpft. „Das Elend bleibt, das Problem ist nicht beseitigt“, so Haase.

Durch Anwohner-Proteste kam der Stein ins Rollen

Immerhin sei durch Anwendung des Hausrechts an dem Parkplatz zwischen Schafhaus und Bockhorn Ruhe eingekehrt, bei dem sich die Anlieger besonders gegen die Anwesenheit der Prostituierten und das Ausüben des Gewerbes beschwert hatten. Durch die Proteste der Anwohner kam der Stein 2014 überhaupt erst ins Rollen. Denn nachdem die Stadt Neumünster einen Sperrbezirk erlassen hatte, durften die Prostituierten dort nur noch im Gewerbegebiet ihre Dienste anbieten. Sie suchten sich eine neue Wirkungsstätte und fanden sie an der Bundesstraße – zum Ärger der Anwohner. Die Frauen fuhren mit ihren Freiern teilweise in den Wald, hinterließen Müll und kamen sehr dicht an die Häuser der Dorfbewohner heran. Diese waren nicht begeistert, schlossen sich zusammen, gründeten eine Bürgerinitiative gegen den Straßenstrich und sammelten 578 Unterschriften. „Ich kann mir nicht vorstellen, an einem Straßenstrich zu wohnen“, sagte damals einer der Anwohner dem Abendblatt. „Die benutzen unseren Wald als Klo“, ergänzte seine Nachbarin.

Das Fernsehen und weitere überregionale Medien berichteten aus der kleinen Gemeinde Bark am Rande des Segeberger Forsts. Als ein lokales Anzeigenblatt eine Sonderseite „So lebt man in Bark“ veröffentlichte, fanden sich neben Bistro, Saunapark, Gasthof und einem Hotel mit Restaurant auch der Standort der Prostituierten auf der abgedruckten Karte. Nach Diskussionen auf verschiedenen Ebenen bis hin zum Petitionsausschuss des Landtages wurde im Sommer 2015 kurzfristig ein Kompromiss gefunden: Die Prostituierten durften den Parkplatz, der der Wohnbebauung am nächsten liegt, nicht mehr nutzen, die anderen sowie die Einfahrt zum ehemaligen Truppenübungsplatz nahe Wittenborn jedoch schon. Kurz darauf kam es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Prostituierten verschiedener Nationalitäten, die Polizei griff durch und sprach Platzverweise aus.

Zunächst war damit die Lage unter Kontrolle. Aber die Prostituierten kehrten zurück. Die Behörden reagierten weiterhin mit Platzverweisen und Bußgeldverfügungen und haben so zwar kein Geld eingenommen, aber zumindest aus Sicht der Polizei die Situation beruhigt.

Die Zahl der hier arbeitenden Prostituierten ist stark zurückgegangen. „Die 54 Anzeigen des Jahres 2017 verteilen sich auf einige wenige weibliche Personen“, sagt Polizeisprecher Möller. Selbst wenn das Ministerium die Anzeigen nicht mehr weiter verfolgt, sehe die Polizei keine Veranlassung, die Linie zu ändern.