Bad Bramstedt. Der Betrieb der Einrichtung ist dem Klinikum zu teuer. Die Kurstadt darf aber weiterhin den Namenszusatz „Bad“ führen
Hans-Jürgen Kütbach nennt es das „Alleinstellungsmerkmal“. Der Bürgermeister von Bad Bramstedt meint das Moorheilbad, also jene Einrichtung im Klinikum Bad Bramstedt, die der Kurstadt überhaupt noch ihr wertvolles Prädikat als Heilbad verleiht. Doch dieser besondere und für den Kreis Segeberg einzigartige Status ist aller Voraussicht nach nur noch von kurzer Dauer. Weil die Therapie Verluste macht, ist ihr Ende besiegelt. Nur der Zeitpunkt steht noch nicht fest.
Im Klinikum denkt die Geschäftsführung längst weiter. Eine Gesellschafterversammlung – 12,45 Prozent der GmbH-Anteile gehören übrigens der Stadt – votierte mehrheitlich dafür, das Gebäude anderweitig zu nutzen. Die „FitnessClinic“ für Physiotherapie, Reha und Prävention soll in die Fläche integriert werden, deren Bedarf wächst stetig, es gibt mehr als 1000 Mitglieder mit steigender Tendenz.
Die Nutzerzahlen im Moorbad sind laut Klinikum rückläufig
Beim Moorbad ist das Gegenteil der Fall. Rund 10.000 Nutzer gibt es zwar pro Jahr, mehr als die Hälfte aus der Region, für sie ist die Wärme des Moores, das in Heidmoor abgebaut wird, schmerzlindernd. Das 14.000-Liter-Rundbecken gilt als einzigartig in Deutschland. Medizinisch gesehen ist diese symptomatische Behandlung aus Sicht des Klinikums aber nicht mehr zeitgemäß, die Medikamentenforschung habe große Fortschritte gemacht.
Jens Ritter, Geschäftsführer des Klinikums, verweist auf den baldigen Sanierungsbedarf. „Die Anlage macht nicht mehr so lang.“ Das Problem: Die Stadt beteilige sich nicht an den Kosten. „Und wenn die Politik entscheidet, dass man uns alleine lässt, dann entscheiden wir auch alleine.“ Das Klinikum gleicht das Minus bisher mit Erträgen aus anderen Bereichen aus. Aber das ist bald vorbei. Das Moorbad hätte in seiner jetzigen Form nur noch eine Lebensdauer von wenigen Jahren. Das heißt: Es müsste neu investiert werden, vielleicht bis zu einer Million Euro. Doch dazu wird es nicht kommen. Vielmehr läuft bereits die Vorplanung für die ersten Baumaßnahmen im Gebäude.
Hans-Jürgen Kütbach ist anderer Meinung als Jens Ritter. „Wir haben die Situation, dass sich seit den 1990er-Jahren das Thema Kur völlig verändert hat – was ich bedauere. Die mitteleuropäische Tradition war: Sole, Moor, an der Küste Meerwasser oder Schlick. Das ist ein Kontrapunkt zur Apparatemedizin oder chemisch hergestellten Medikamenten. Im Rahmen der Reha wird das Moor als therapeutisches Mittel eingesetzt. Aber leider ist es defizitär.“
Und das wäre es auch bei voller Auslastung. Die hohen Energiekosten sind ein Problem, das ist vergleichbar mit Schwimmbädern, dazu kommt das Personal. Und die Preise deutlich anzuheben, kommt nicht infrage. Die Stadt wird sich nicht an den Kosten beteiligen, kann das auch aus Haushaltsgründen nicht. Schon das Freibad ist ein Zuschussgeschäft.
Theoretisch könnte auf ein Prädikat verzichtet werden. Den Namenszusatz „Bad“ würden die Bramstedter behalten, da dieser historisch seit 1910 etabliert ist. Allerdings dürften dann weder Kurtaxe noch Tourismusabgabe erhoben werden. Damit würden 250.000 Euro im Etat fehlen, mit denen zweckgebunden Kurhaustheater und Tourismusbüro finanziert werden. Ebenso wäre der Imageverlust unkalkulierbar.
Kütbach: „Mit dem Heilbad sind wir in der Bundesliga. Wenn das Moorbad eingestellt wird, müssen wir absteigen. Die Kreisliga wäre der Erholungsort.“ Eine Stufe darüber: die Luftkurorte. Die Stadt Bad Segeberg beendete vor einigen Jahren aus finanziellen Gründen die Soleförderung, verlor damit seinen Heilbad-Status – und ist jetzt nur noch ein einfacher Luftkurort. Sole, das gab es auch einmal in Bad Bramstedt, ehe das Klinikum die Nutzung einstellte. Die Quellen sind versiegelt, doch ohne einen externen Investor könnte dieses Angebot nicht reaktiviert werden. „Die zweite Bundesliga wäre der Kurort“, so Kütbach, „da müsste man nicht ganz so viele Voraussetzungen wie bei einem Heilbad erfüllen.“
Eine Landesförderung für Heilbäder gibt es nicht
Es gibt allerdings eine weitere Möglichkeit: Bad Bramstedt könnte ein Kneippheilbad werden. „Es gibt im Bereich Reha und Prävention therapeutische Verfahren, die die Selbstheilungskraft stärken und mit Wasser und Heilpflanzen arbeiten.“ Im Kurpark gibt es bereits eine Kneippanlage mit dem „Garten der Sinne“. Aber auch hier müsste investiert werden, unter anderem in eine Stelle für einen Facharzt. „Meines Erachtens passt das zu Bad Bramstedt“, sagt Hans-Jürgen Kütbach.
Auf Landesebene müssen Prädikate beim Tourismusreferat im Wirtschaftsministerium beantragt werden. Eine spezielle Förderung für Heilbäder, also einen „Bäderpfennig“ wie in Hessen, gibt es in Schleswig-Holstein nicht. Auch das stört die Bramstedter – die Probleme mit dem Moorbad wären ansonsten flugs gelöst.