Norderstedt. Abendblatt-Leser beteiligen sich an der Debatte über den Sinn und Zweck von Steuern auf Tierhaltung. Hunde-Lobbyverband prüft Optionen.

Das Innenministerium will die Pferdesteuer verbieten – ist es dann noch gerecht, wenn Hundehalter für ihre Tiere besteuert werden? Dieses Thema bewegt aktuell viele Menschen in der Region. Und nachdem sich die Proteste der Reiter als vorerst erfolgreich erwiesen haben, könnten nun auch die Hundefreunde mobil machen. Etwa über den Verband für das Deutsche Hundewesen. In dessen Landesverband Nord sind nach eigenen Angaben mehr als 70 Hundesport- und Rassehundezuchtvereine organisiert.

„Wir sehen durchaus einen Ansatzpunkt, die Hundesteuer wieder anzufechten. Insbesondere, da die Argumentation der Pferdelobby fast identisch ist mit der unseren. Der soziale Faktor Hund bei Kindern, Alleinstehenden und älteren Menschen ist ja wissenschaftlich fundiert“, sagt Fritz Breyer, Tierschutzobmann im VDH Nord. Man wolle erst einmal abwarten, bis im Parlament ein Gesetzentwurf zur Pferdesteuer vorliegt. „So wie wir einen langen Weg zum Wegfall der Rasselisten gegangen sind, so sind wir auch bereit, eine Novellierung der Hundesteuer auf den Weg zu bringen“, so Breyer.

Auch die Abendblatt-Leser diskutieren leidenschaftlich über das Für und Wider von Hunde- und Pferdesteuer. Viele äußern Kritik am Innenministerium. Hier eine Auswahl der Einsendungen (Kürzungen vorbehalten):

Das sagen die Leser:

Johannes Zink schreibt: Steuern sind ein notwendiges Übel, ob nun auf Autos, Hunde oder Sekt. Letzteres bekanntlich zur Finanzierung der kaiserlichen Flotte. Dafür, dass Hunde eine wichtige soziale Bezugsgröße sind für zum Beispiel Kinder oder Senioren, zahlen Hundebesitzer den Leserzitaten zufolge gern 85 Euro Steuer. Das ist erstaunlich viel, verglichen mit nur 150 Euro für ein wesentlich größeres und im Unterhalt bedeutend aufwendigeres Pferd, das per se ein gewisses finanzielles „Polster“ erfordert. Bei zwei Pferden sind es 300 Euro, bei zwei Hunden bereits stattliche 205 Euro. Die Zuneigung der Politik für die Lobby der Pferdebesitzer ist ganz offensichtlich geworden. Der Weg ist jetzt frei: Hätte ich einen Hund, würde ich mit ihm in den Hundesportverein eintreten und mich für seine Steuerbefreiung engagieren. Wäre ich dazu noch eine Frau, würde ich sagen: Hundesteuer ist Diskriminierung für Frauen, ich brauche das Tier außer zum Sport auch zu meinem Schutz.

Das ist die Meinung von Michael Döring: Die Argumente gegen die Pferdesteuer gelten genauso für Hunde. Ich habe in unserer Nachbarschaft am Stadtrand zwei Hundeplätze und mehrere Pferdekoppeln. Dabei stören die Hunde überhaupt nicht und die Pferde hauptsächlich wegen des Pferdemists auf den Straßen. Und das sind teils gewaltige Mengen, die deswegen besonders störend sind, weil es am Hopfenweg keinen Bürgersteig gibt. Der Mist wird durch die Autos auch noch ordentlich verteilt, sodass man kaum noch laufen kann, ohne in den Mist zu treten. Stellenweise ist ein sandiger Fußweg vorhanden (südlich des Lemsahler Wegs), und der wird von den Pferden ordentlich zertrampelt und verschmutzt, sodass er als Fußweg kaum nutzbar ist. Also unter diesen Gesichtspunkten weg mit der Hundesteuer und her mit der Pferdesteuer.

Soe sieht Martin Mohr die Situation: Die Argumentation der Landesregierung/Innenministerium zur Abschaffung der Pferdesteuer per Gesetz ist arrogant und absolut unangemessen. Ich bin konservativer Wähler, habe die CDU gewählt und werde dies auch wieder tun (wahrscheinlich), ich komme auch nicht aus Tangstedt, aber wenn die Gemeindeverantwortlichen dort eine solche Abgabe beschließen, dann ist das so. Es steht ihnen zu und ich halte es auch für angemessen! Pferde sind Luxus! Eine angemessene Kostenbeteiligung der „Mittel- und Oberschicht“ ist mehr als angemessen. Der „kleine Mann“ kann sich vielleicht einen Hund halten als Freund des Lebens.

Das sagt Burkhard Ziemens zum Thema: Das Verbot von Pferdesteuern in Schleswig-Holstein durch die mehrheitlich christdemokratische Landesregierung dient allein dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Pferdezüchter – und ist ein Skandal! Das Pferd ist weitgehend ein Luxus – und damit wohl in Maßen besteuerbar! Der Hund dagegen ist weitgehend sozialer Partner und Familienmitglied – und damit viel weniger Luxus.  Der Nutzungs- und Schadensvergleich von Hund und Pferd bedeutet, Äpfel mit Birnen zu vergleichen – und bringt nicht weiter, zumal Tiersteuern ja allein der Steuerung dienen und in den allgemeinen Haushalt der Kommune einfließen! Hier stehen wirtschaftliche Interessen gegen soziale Interessen. Und wofür entscheidet sich die Landesregierung? Na klar, für die wirtschaftliche Seite! Es ist wie immer: Die Reichen werden geschont, die Armen zur Kasse gebeten.

Das schreibt Gudrun Schuch-Nehrke: Pferdesteuer ja/nein – Hundesteuer kippen? Das Innenministerium sieht in der Erhebung einer Hundesteuer einen „Lenkungszweck“!  Die Anzahl der Hunde im Stadt- oder Gemeindegebiet soll auf ein sozial verträgliches Maß begrenzt werden. So Dirk Hundertmark. Und wie sieht Herr Hundertmark es mit den Katzen, die Tag und Nacht umherstreunen ohne Rücksicht auf die Vogelbrutzeit, die den Singvogelbestand, Blindschleichen etc. etc. erheblich reduzieren? Die sich an jungen Bäumen die Krallen schärfen, Autoreifen, Mülleimer,  Blumenkübel, Terrassen  etc. etc.  anpinkeln? Auch Nistkästen und Vogelnester werden geplündert. In den Beeten liegen die Hinterlassenschaften, auf den Beeten und dem Rasen totgebissene Vögel, Mäuse oder nur das Federkleid eines Vogels. Sobald eine Terrassentür offensteht, sind die Katzen im Haus. Sollte nicht auch hier über einen „Lenkungszweck“ nachgedacht werden?

Das hat Ralf Stuchlik zu sagen: Seit vielen Jahrzehnten zahlen in Tangstedt alle Steuerzahler gemeinsam für die Reparatur der durch die Pferdehufe zerstörten Fahrbahnbankette. Ich habe noch keinen Reiter erlebt, der die Hinterlassenschaften seines Pferdes selbst beseitigt hat. Wer einmal im Winter mit dem Fahrrad versucht hat, über gefrorenen Pferdekot zu fahren, ohne sich hinzulegen, kann dessen Bedeutung sicherlich nachvollziehen. Die nun beginnende Diskussion um die Hundesteuer offenbart die fehlende argumentative Substanz des Verbotes einer Pferdesteuer. In Kommunen mit vielen Pferden dürfte der Aufwand für Pferde sehr viel höher sein als für Hunde. Insofern sollte jede Kommune auch selbst darüber entscheiden dürfen, ob sie die entstandenen Kosten zum Teil an die Verursacher weitergibt. Interessanterweise verweist das Innenministerium bei dem Verbot der Pferdesteuer auch auf „wirtschaftliche Faktoren“...

...Dies deckt sich mit den Erfahrungen in Tangstedt. Die Hauptakteure des Widerstandes gegen die Pferdesteuer waren Gewerbetreibende, die mit den Reitern ihr Geld verdienen. Mit Hilfe der Pferdelobby war ihnen jedes Mittel recht, um an ihr Ziel zu kommen. Fatalerweise haben CDU und FDP angesichts der bevorstehenden Landtagswahl mit der Reiterlobby gemeinsame Sache gemacht und damit die fragwürdigen Methoden der Steuergegner legitimiert. Zum Glück hat sich unsere Demokratie von den obskuren Vorwürfen und den aggressiven Pöbeleien durch Zuschauer während der öffentlichen Gemeindevertretersitzungen nicht einschüchtern lassen. Auf Landesebene konnte die Pferdelobby dann leider entscheidenden Einfluss nehmen. Wenn sich diese Form der Politik durchsetzt, zahlen am Ende nur noch die Menschen Steuern, die keine Lobby haben.

Das ist die Meinung von Arnold Ram: Wenn Einnahmen durch Hundesteuer zweckgebunden ausgegeben würden, dann müsste es selbstverständlich auch eine Pferdesteuer geben. Hundehalter entfernen in der Regel die Hinterlassenschaften ihres Vierbeiners. Pferdehaufen bleiben allerdings auf Gehwegen und auf der Strasse liegen. Im Übrigen sollte es auch eine Katzensteuer geben. Katzen hinterlassen regelmässig ihren Kot überall und „ungestraft“. Außerdem richten Katzen erheblichen Schaden an unter brütenden Vögeln.

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