Kaltenkirchen. Im deutschen Handwerk gibt es etwa 130 Ausbildungsberufe. Das Abendblatt stellt Menschen mit seltenem Beruf vor. Heute: Lena Pumptow.

Lena Pumptow (35) hat Post bekommen. Einen Brief von Susanne B. aus Hamburg. „Vielen herzlichen Dank für Ihre Hilfe“, schreibt die 39 Jahre alte Bankangestellte. „Sie haben mir ein neues Selbstwertgefühl gegeben. „Dass so etwas möglich ist, habe ich nicht mehr geglaubt.“

Susanne B. hat Brustkrebs, und wegen der Chemotherapie leidet sie seit einiger Zeit unter Haarausfall. Sie trug, wann immer sie ihre Wohnung verließ, eine Perücke. Doch sie fühlte sich draußen stets beobachtet. Und das behagte ihr gar nicht.

Durch Zufall hat sie Lena Pumptow kennengelernt, laut Auskunft der Handwerkskammer Lübeck die einzige Frau im Kreis Segeberg, die das Modistenhandwerk noch ausübt. Lena Pumptow trägt gern Hüte, besonders einen schwarzen Strohhut mit großer Krempe. Aber sie ist keine klassische Hutmacherin. Keine Frau, die Stadt und Land für gesellschaftliche Anlässe behütet. Früher hat die gelernte Friseurin Perücken gearbeitet, heute näht sie ausschließlich Mützen aus Viskose für an Krebs erkrankte Frauen.

„Mützen sind eine erstklassige Alternative. Gute Gefühle und Selbstbewusstsein sind in einer schwierigen Zeit ohne Haarschmuck besonders wichtig und unterstützen die Genesung“, sagt sie. „Ein attraktiver Kopfschmuck bietet die Möglichkeit, sich auch nachts wieder als ganzer Mensch zu fühlen und neues Selbstbewusstsein zu erlangen.“

In ihrem Haus in Kaltenkirchen, in dem sie mit ihrer zwölf Jahre alten Tochter Feline wohnt, hat sie ein kleines Studio eingerichtet. Auf einem Regal stehen Modellköpfe mit von ihr auf mehreren Nähmaschinen genähten Mützen, daneben in einer Glasvitrine trendige Ausstellungsstücke und in einem weiteren Regal liegen viele bunte, modische Viskose-Stoffe.

In ihrem Studio empfängt Lena ihre Kundinnen. Hier suchen sie die Stoffe aus, hier können sie die schönsten Tücher, Mützen und Kappen ausprobieren. Auch wenn es manchmal nur um den Verkauf einer einzigen Mütze für 20 Euro geht: Lena nimmt sich viel Zeit für die Sorgen ihrer Kundinnen: „Sollte das Beratungsgespräch eine Stunde oder länger dauern, ist mir das egal. Ich finde immer Lösungen, die die Persönlichkeit meiner Kundinnen unterstreichen. Auch wenn das Grundthema immer traurig ist – es ist ein schönes Gefühl, wenn die Kundinnen zufrieden sind.“ Die jüngste ist Anfang 20, die älteste 80 Jahre alt.

Alle Kreationen sind handmade by Lena, jede Mütze ist individuell gearbeitet – und jede hat einen Namen. Zum Beispiel das Modell Kalea - eine Mütze für die Nacht. „Kalea übernimmt eine ausgleichende Funktion, denn der haarlose Kopf würde den Körper über Nacht stark auskühlen“, sagt die Modistin. „Meine Mützen sind in vielen verschiedenen Farben erhältlich und aus Viskose und daher weich und angenehm auf der Haut zu tragen.“

Oder das Modell Philina, eine Mütze mit Schlauchtuch: „Das ist ein wunderschönes Modell, es kann in vielen verschiedenen Variationen getragen werden. Ein femininer Look, der auch Eleganz ausstrahlt. Ein sicherer und perfekter Sitz durch das integrierte Viskose-Cap.“

Lena Pumptow hat schon etliche Feedbacks erhalten. Mal eine Postkarte, aber auch längere Briefe. „Manche Kundinnen rufen an und bedanken sich. Ich habe einen Beruf, der mir sehr viel Freude bereitet, denn ich bekomme immer etwas Schönes zurück.“

Ihre letzte Kundin, eine 40 Jahre alte Mutter von drei Kindern, hat vor ihrem ersten Besuch am Telefon gefragt, wie viel Zeit sie überhaupt für sie habe. „So viel Sie wollen, habe ich geantwortet“, erinnert sich Lena. „Dann hat sie mir zwei Stunden lang ihr Herz ausgeschüttet. Das ist mir sehr nahe gegangen.“

Lena Pumptow ist unter Tel. 04191/272 96 40 zu erreichen, ihre E-Mail-Adresse: lenas.behutsame.art@googlemail.com


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