NorderstedT. Hausmeister eines Gestüts muss sich wegen Fahrerflucht vor Gericht verantworten. Seine Geschichte überzeugte den Amtsrichter nicht.

Fahrerflucht heißt im Juristendeutsch „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“. Wenn Menschen dabei zu Schaden kommen, drohen dem Fahrer bis zu drei Jahren Haft. Diese Höchststrafe musste Pjotr G. (Name geändert) im Amtsgericht Norderstedt zwar nicht fürchten, aber sein Führerschein stand auf der Kippe. Laut Anklage war der Pole mit seinem Geländewagen in Kaltenkirchen gegen einen abgestellten VW Golf gekracht und anschließend einfach weitergefahren. Reparaturkosten des Golf: 7100 Euro.

Tatort war die Barmstedter Straße in Kaltenkirchen. Weil die Autobahn mal wieder dicht war, hatte der 43-Jährige die A 7 verlassen und war in den Ort gefahren. „Ich habe im Wagen laut Musik gehört. Von einem ungewöhnlichen Vorfall habe ich nichts mitgekommen“, beteuerte der 43 Jahre alte Angeklagte. Nur einmal habe er Geräusche gehört, sich dabei aber nichts gedacht. Trotzdem sei er nach kurzer Zeit ausgestiegen, um den Firmenwagen nach eventuellen Beschädigungen abzusuchen. Der Angeklagte: „Da war nichts zu sehen“. Der Amtsrichter verwundert: „Das kann ich mir aber nun überhaupt nicht vorstellen. So eine Kollision muss man doch merken.“

Als Zeuge zählte der Besitzer des Golf die Schäden auf, aber der Wagen sei längst repariert, und die gegnerische Versicherung habe alles bezahlt.

Die Kollision hatte die Fahrerin eines gerade entgegenkommenden Wagens gesehen und gehört. Sie sei etwa 50 Meter entfernt gewesen und habe bemerkt, dass der Pritschenwagen nach dem Aufprall kurz auf ihre Straßenseite geriet. „Das Auto“, berichtete die Berufssoldatin als Zeugin, „machte einen regelrechten kleinen Hopser.“

Für den Angeklagten würde eine Verurteilung den Verlust des Führerscheins bedeuten. Als Hausmeister eines bekannten Gestüts in Hamburg sitzt er oft auf dem Trecker. Deshalb bemängelte sein Verteidiger das ausgebliebene Gutachtens eines Kfz-Sachverständigen. Sein Mandant hätte den Unfall nicht bemerkt. Seine Forderung: Freispruch. Auch die Staatsanwaltschaft plädierte auf Straffreiheit.

Der Norderstedter Amtsrichter sah das anders. Er sei vom Unfall überzeugt, dazu sei es absolut unglaubhaft, dass der Angeklagte die Kollision nicht bemerkt haben will. Außerdem hätten die Zeugenaussagen den Angeklagten schwer belastet. Das Urteil: Eine Geldstrafe über 900 Euro und neun Monate Führerscheinentzug. Noch im Gerichtssaal kündigte der Verteidiger an, in Berufung zu gehen.