Tangstedt. Pferdesteuer – Tangstedter Reiter feiern Erfolg. Gemeindetag äußert scharfe Kritik, Landesregierung verteidigt ihr Vorgehen.
Für die Reiter ist es ein Sieg auf ganzer Linie. „Natürlich ist unsere Freude sehr groß. Wir haben unsere Mittel richtig gewählt.“ Das sagt Dressurlehrerin Anja Granlien, die wie kaum jemand in Tangstedt für den öffentlich organisierten Widerstand gegen die Pferdesteuer steht. Die Betroffenen hatten zwar darauf gesetzt, dass die neue Koalition in ihrem Sinne handeln würde. Das Tempo allerdings überrascht alle. Nur sechs Wochen ist es her, dass die Tangstedter Gemeindevertretung mit knapper Mehrheit für die Einführung der Steuer votiert hat.
Das Thema hat im Innenministerium offenbar höchste Priorität. Das Kommunalabgabengesetz, ergänzt um einen Pferdesteuer-Passus, soll im Oktober beschlossen werden. Dann wäre das brisante Thema endgültig erledigt.
Die Tangstedter Politiker, die mehr als ein Jahr für das Vorhaben gestritten haben, die sich zum Teil persönlichen Anfeindungen ausgesetzt sahen, sind sauer über das Vorgehen von Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU). Allen voran Lothar Metz, Fraktionsvorsitzender der Bürgergemeinschaft (BGT), zweiter Bürgermeister und derjenige, der die Steuer überhaupt erst wieder auf die Tagesordnung gebracht hatte. „Dass die neue Landesregierung offenbar keine wichtigeren Aufgaben als das Verbot der Pferdesteuer in Schleswig-Holstein erkennt und als einen ihrer ersten Gesetzesentwürfe ein unter dem Druck der Pferdelobby entstandenes und von der Pferdelobby diktiertes Anti-Tangstedt-Gesetz vorlegen will, halte ich für erschreckend“, sagt er. Die kommunale Selbstverwaltung werde „ausgehöhlt“. Dass einer Gemeinde die Steuerhoheit aus „gesamtgesellschaftlichen und sozialpolitischen Erwägungen“ entzogen werde, sei ein „abstraktes Konstrukt“.
Das Innenministerium zitiert das Grundgesetz, Artikel 105 (2a), wonach Länder die Befugnis über örtliche Aufwandsteuern wie die Pferdesteuer hätten. Das Pikante daran: Als das Bundesverwaltungsgericht 2014 urteilte, dass Gemeinden eine Pferdesteuer erheben dürfen, verwiesen die Richter auf den selben Absatz des Grundgesetzes, kamen aber zu einem komplett anderen Schluss als das Kieler Innenressort.
Aus Sicht des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages ist dieser Widerspruch problematisch, wie Geschäftsführer Jörg Bülow erklärt. „Es ist ein Eingriff in die Steuerhoheit der Gemeinden. Diese brauchen Entscheidungsspielraum. Die Landesregierung muss sich zur Frage positionieren, wie sie die Finanzlage der Gemeinden mit geringen Steuereinnahmen verbessern will. Tangstedt gehört zu einer typischen Gruppe von Gemeinden, die einen hohen Aufwand, aber geringe Gewerbesteuereinnahmen haben.“
Dass nun wiederum eine Verfassungsbeschwerde gegen das „Pferdesteuergesetz“ eingereicht wird, etwa von Tangstedter Politikern, will Bülow nicht ausschließen. „Wir müssen die offizielle Gesetzesbegründung abwarten. Die Pressemitteilung überzeugt uns nicht.“ Eine Klage gibt es bereits, denn Anja Granlien hat einen Normenkontrollantrag vor dem Oberverwaltungsgericht gestellt. Dort soll überprüft werden, ob die Steuersatzung verfassungskonform ist. Einen Rückzieher wird die Tangstedterin trotz der neuen Entwicklung nicht machen, sie will vielmehr ein Grundsatzurteil erreichen.
„Eine schnelle Gesetzgebung zur Pferdesteuer ist nur schlüssig, da die Koalitionspartner ihr Ziel, die Steuer abzuschaffen, immer offensiv vertreten haben“, sagt Dirk Hundertmark, Sprecher des Innenministers. Das Kabinett wolle verhindern, dass andere Gemeinden dem Beispiel Tangstedts folgen.
Es gehe darum, durch das Reiten den Tourismus zu fördern. Reiten sei ein idealer Ausgleichssport, Kinder und Jugendliche könnten Natur und Landschaft erleben. Die Landesregierung wolle die Jugendarbeit in den Reitvereinen unterstützen und den Landwirten durch Pferdezucht und -haltung zusätzliches Einkommen ermöglichen. „In Abwägung all dieser legitimen Belange hat die Landesregierung entschieden, dass das Interesse der Gemeinden an einer geringfügigen Verbesserung ihrer Einnahmen zurückstehen muss“, sagt Hundertmark.
Das Verbot durch den Landesgesetzgeber, eine Pferdesteuer zu erheben, sei eine zulässige Beschränkung des gemeindlichen Steuerfindungsrechtes. Vergleichbare Verbote habe der Gesetzgeber beispielsweise bei der Bettensteuer oder dem Verbot der erhöhten Steuer für ehemals als gefährlich eingestufte Hunde im Kommunalabgabengesetz ausgesprochen.
Bundesweit würden nur drei Gemeinden eine Pferdesteuer erheben. Das Aufkommen spiele für die kommunalen Haushalte demnach eine untergeordnete Rolle. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Pferdesteuer der drei Gemeinden für zulässig erklärt, weil das Kommunalabgabegesetz in Hessen sie nicht untersagt. „Genau da setzt unser Gesetzentwurf an“, sagt Hundertmark.
Steuern seien nicht die einzigen Einnahmequellen der Gemeinden. Die Pferdesteuer hätte ohnehin das strukturelle Defizit der Gemeinde Tangstedt nicht ausgleichen können, zumal der finanzielle Aufwand für die Erhebung der Steuer noch nicht beziffert gewesen sei. Unabhängig davon werde Tangstedt „auskömmliche Mittel“ erhalten, wenn der Kommunale Finanzausgleich überarbeitet sei..