Norderstedt. Der neue Digitalisierungs-Minister Schleswig-Holstein besuchte am Dienstag das bundesweit modernste Rechenzentrum in Norderstedt.

Hoher Besuch in Norderstedts Hochsicherheitstrakt. Zwölf Meter unter der Erde, wo von 150 Kameras und Sicherheitspersonal die Steuerdaten von 18 Millionen Bundesbürgern und Behördendaten von sechs Bundesländern gespeichert sind, stand am Dienstagnachmittag der jetzt auch für Digitalisierung zuständige Minister Robert Habeck vor den Kameras und beantwortete Fragen. Wie abgeschottet und gesichert es hier am Norderstedter Buchenweg zugeht, erfuhr der Minister, als er eine halbe Stunde verspätet bei strömendem Regen das modernste Rechenzentrum Deutschlands betrat: Er konnte sich nicht ausweisen. Erst als seine Referentin Nicola Kabel dies für ihn tat, gewährte ihm die Security den Zutritt in die Datenzentrale.

5000 Server an die Rechenzentren angeschlossen

Für 30 Millionen Euro ließ Dataport das Rechenzentrum hier vor vier Jahren errichten, die als öffentlich-rechtliche Anstalt diese Aufgabe für die sechs Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg und Sachsen-Anhalt übernimmt. Dies sei bundesweit die einzige länderübergreifende Zusammenarbeit dieser Art, sagte Dataport-Vorstand Andreas Reichel. Damit die Daten sämtlicher Behörden auf den 5000 angeschlossenen Servern nicht verloren gehen können, steht ein baugleiches Rechenzentrum zwölf Kilometer von der Ulzburger Straße entfernt in Alsterdorf, das ebenfalls für 30 Millionen Euro vom Investor und Betreiber Akquinet im Auftrag von Dataport gebaut wurde. Mit hohen Zäunen und Sicherheitsvorkehrungen jeder Art – real und virtuell – seien die Daten bei 25 Grad gekühlt so gesichert, dass eigentlich nichts passieren könnte, führte Reichel aus. Falls der Strom ausfällt, schaltet sich sofort ein Vier-Megawatt-Batterie ein, bevor zwei 16.000 PS starke Schiffsdiesel Energie erzeugen, erläutert der Dataport-Chef das Sicherheitskonzept.

„Aber wenn beide Rechenzentren kaputt gehen, sind alle Daten weg“, musste Reichel auf Nachfrage Habecks zugeben. „Dann herrscht Anarchie in Schleswig-Holstein“, sagte Habeck.

Zweck seines Sommerbesuchs in der landesweiten Datenzentrale sei es gewesen, zu erfahren, wie die moderne Informationstechnologie so gestaltet werden kann, damit sie so energieeffizient wie möglich und auch bürgerfreundlich gestaltet werden kann, erklärte Habeck auf Abendblatt-Nachfrage. „Der Prozess der digitalen Bürgerverwaltung soll so transparent wie möglich ablaufen“, sagte Habeck.

Bei der Energieeffizienz habe das Norderstedter Rechenzentrum bereits die höchste Qualitätsstufe erreicht, erläuterte Dataport-Chef Reichel. Statt wie bisher würde nicht mehr die Hälfte der eingesetzten Energie, sondern nur noch ein Viertel ungenutzt verloren gehen. Oder sich der Stromverbrauch nur verdoppeln, wenn die IT-Leistung vervierfacht wird. „Eine beachtliche Leistung“, lobte Habeck auf der Suche nach einer grünen IT-Strategie.

Gleichwohl würden bei einer Vollauslastung des Rechenzentrums etwa 17,5 Millionen Kilowattstunden Strom verbraucht, was etwa 3,5 Millionen Euro an Energiekosten bedeuten würde, so Akquinet-Chef Thomas Tauer.

Etwas komplizierter werde sich aber die von Minister Habeck angesprochene bürgerfreundliche Verwaltung umsetzen lassen, führte Dataport-Chef Reichel aus. Alle 1,7 Petabyte (1,7 Millionen Gigabyte) umfassenden Daten – von der Verkehrsinsel in Magdeburg über das Baumkataster in Schwerin bis zu den Polizei- und Steuerdaten in Kiel – seien in 212 virtuellen Käfigen abgespeichert, die jeweils einen eigenen Administrationszugang brauchen. Da ließen sich nicht so auf die Schnelle die Personenstandsdaten mit den Einwohnermeldeämtern und den Universitäten verbinden, wenn der Bürger bequem von zu Hause aus seinen Sohn bei einer Hochschule einschreiben lassen möchte.

„Deshalb müssen wir Digitalisierung nicht nur als technischen, sondern politischen Prozess begreifen“, sagte Minister Habeck dazu. Das werde ein Schwerpunkt seiner neuen Amtszeit sein, kündigte er an.

Nächstes Rechenzentrum schon in Planung

„Die Digitalisierung verändert schon jetzt Lebens - und Arbeitswelten, Versorgung und Infrastruktur. Sie kann dem Land einen enormen Schub geben, aber gleichzeitig bringt das Probleme mit sich und löst Ängste aus: Wie verletzbar ist eine Welt, in der alles vernetzt ist? Wie gehen wir mit Datenschutz um, wenn Daten der Rohstoff des 21. Jahrhunderts sind?“

Die Datenindustrie wächst so schnell, dass Betreiber Akquinet schon jetzt das nächste Rechenzentrum plant. „Wir suchen aktuell ein neues 6000 Quadratmeter Grundstück“, sagt Geschäftsführer Thomas Tauer. Am liebsten sogar zwei, eines in Hamburg und eines in Norderstedt. Bedingung: Es muss mindestens 6,5 Kilometer und höchstens 13 Kilometer vom jetzigen Rechenzentrum entfernt sein, aus Sicherheits- und Datenübertragungsgründen.