Norderstedt. Um unentdeckt zu bleiben, war der Angeklagte ohne Führerschein und Kennzeichen Auto gefahren. Eine Strafe muss er trotzdem zahlen.
Juristisch war die Anklage schnell verhandelt. Bernd K. (Name geändert) gab unumwunden zu, zweimal ohne Führerschein unterwegs gewesen zu sein. In beiden Fällen war er auch mit ungültigen Kennzeichen gefahren. Ungewöhnlich bei diesem Prozess vor dem Amtsgericht Norderstedt war allerdings die Begründung, mit der Bernd K. die illegalen Fahren zugab.
„Ich werde in 23 Ländern auf allen fünf Kontinenten gesucht, und zwar von den Hells Angels“, gab der Mann vor Amtsrichter Matthias Lohmann an. „Ich bin“, erläuterte er, „vor einem Jahr bei den Hells Angels ausgetreten und somit kein offizielles Mitglied mehr“. Seitdem fühle er sich verfolgt. Ein überraschendes Geständnis, denn wie ein Verfolgter wirkte der 33 Jahre alte Mann nun gerade nicht. Ein massiger Hüne mit breiten Schultern saß auf dem Anklagestuhl, mit Glatze, tätowierten Unterarmen und Brillanten im Ohr.
„Ich will meine Familie schützen. Deshalb bin ich gezwungen, meine Identität zu verheimlichen“, erklärte der Mann dem Amtsrichter. Würde er mit einem regulären Kennzeichen fahren kämen ihm seine Verfolger schnell auf die Schliche. Deshalb lebe er weitestgehend anonym und nutze beispielsweise nur das Handy seiner Frau. Seine muskulösen Unterarme zieren weiterhin das Logo der Hells Angels. „Um nicht erkannt zu werden, müssten die eigentlich schnell weg“, meinte er. Kosten: rund 2000 Euro. Aber das Geld habe er nicht, bedauerte er.
In Thailand verkaufte der Mann Rocker-Shirts
Drei Jahre lang hat Bernd K. in Thailand gelebt. Mit dem Verkauf von Merchandising-Artikeln der Hells Angels habe er in der Hotel-Hochburg Phuket nach eigenen Angaben „sehr, sehr gut“ verdient. T-Shirts mit dem Logo der Hells Angels, die er für einen Euro pro Stück aus der Fabrik kaufte, habe er für 35 Euro an die Touristen verscherbelt, bilanzierte er. Seit 2016 ist Bernd K. wieder in Deutschland. Er arbeitet als Koch in Hamburg, ist mittlerweile Vater eines dreijährigen Sohnes und schiebe noch ein „paar finanzielle Altlasten“ vor sich her. Schwerer wiegen allerdings seine Vorstrafen. Sein Register umfasst mehrere Seiten und führt hauptsächlich Körperverletzungen auf.
Für den Angeklagten war der Amtsrichter ein geduldiger Zuhörer. „Ich danke Ihnen für ihr Verständnis“, meinte Bernd K., der seit seiner Rückkehr in die Heimat straffrei geblieben ist. Der Amtsrichter verurteilte Bernd K. wegen zweifachen Fahrens ohne Führerschein und Verwendens ungültiger Auto-Kennzeichens zu einer Geldstrafe über 1000 Euro, zahlbar in Monatsraten.