Bad Segeberg. Auch Stars wie Santiano gastierten auf der Freilichtbühne in Bad Segeberg. Open-Air-Saison endet am Wochenende mit Silbermond-Konzert.
Die Freilichtbühne am Kalkberg ist ein Ort für besondere Momente. „And this is not the time to wonder, and this is not the time to cry.“ 9000 Fans singen in Bad Segeberg ein Stück deutscher Musikgeschichte im Chor – das ist selbst für Rock-Legenden wie Fury In The Slaughterhouse nicht alltäglich. Zumal, so betonte es Frontmann Kai Wingenfelder noch einmal: „Es ist ein Konzert einer Band, die es eigentlich nicht mehr gibt.“
Aber Musik ist zeitlos, zumindest gute. Da ist es auch zweitrangig, dass die Hannoveraner zuletzt 2008 ein Studioalbum veröffentlicht haben, sich offiziell aufgelöst haben. „Das Motto heißt: 30 Jahre, 30 Songs“, ruft Wingenfelder. Das ist eine Ansage, rund zweieinhalb Stunden Show bietet längst nicht jeder Act. 30 Jahre nach Gründung der Band will man das Jubiläum 2017 auf der Bühne feiern. Extra wurde sogar wieder ein neuer Titel aufgenommen – passend heißt das Lied „30 (It’s not easy)“.
Erst waren es drei Hallenkonzerte in Hannover, nun steht eine Open-Air-Tour an quer durch Deutschland – mit dem Auftakt eben in Bad Segeberg. Der Kalkberg ist etwas Außergewöhnliches und in gewissem Maße exklusiv, schließlich gibt es nur ein kleines Zeitfenster, bevor die Proben der Karl-May-Spiele beginnen.
Für die Anwohner rund um den Kalkberg gibt es Freikarten
Auch die Anwohner – die Menschen aus den umliegenden Straßen in dem engen Wohngebiet bekommen als Entschädigung für den Trubel in der Nachbarschaft stets Freikarten – müssen beachtet werden, die geschützten Fledermäuse sowieso. Was auch auffällt: Alles geht einen gemächlichen Gang, nicht wenige Zuschauer finden ihre Plätze erst während des Konzertes. Nach vier Songs fragt die Band, die sogar extra etwas später angefangen hatte, deswegen hoffnungsvoll in das Rund: „Sind denn jetzt alle da?“ Vom Veranstalter heißt es später auf jeden Fall: ausverkauft!
Kunstpausen gibt es keine. „Hier muss man um 22 Uhr fertig sein, das heißt: Nicht viel quatschen“, mit diesen Worten leitet Kai Wingenfelder „Bring Me Home“ ein, einen Song des 1997er-Albums „Brilliant Thieves“. Nachdem das Publikum anfangs noch still genießt, ist es bei „When I’m Dead And Gone“ mit der Zurückhaltung vorbei. Kein Wunder, denn wer weiß, ob es so bald wieder eine Gelegenheit geben wird, Fury In The Slaughterhouse am Kalkberg zu erleben. Denn eine Reunion gibt es nicht, das hat die Band betont.
Bei Santiano muss sich in dieser Hinsicht niemand Sorgen machen, die Flensburger Seemanns-Rocker machen auf der Videoleinwand sogar schon Werbung für ihr Kalkberg-Open-Air im Mai 2018. Anders als Fury In The Slaughterhouse gibt es die Band erst seit wenigen Jahren, wenngleich die Musiker selbst allesamt Haudegen sind. Gleich zwei Konzerte – am Sonnabend und am Sonntag – spielen sie in Bad Segeberg. Zur Freude der treuen Fans, denn die Nachfrage würde sonst die Zahl der Tickets deutlich übersteigen.
Bei Santiano klappt das Zusammenspiel mit den Fans
Nadine Rambadt (38) und ihre sieben Jahre alte Tochter Konstanze (Lieblingslied? „Männer mit Bärten“) sind mit der ganzen Familie aus Hamdorf, einer Gemeinde aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde, gekommen. Drei Generationen feiern hier zusammen. „Mein Mann und ich sind mit unseren Müttern hier. Santiano haben wir vor ein paar Jahren zum ersten Mal in Poyenberg bei einem Irish-Folk-Festival gesehen, da waren die noch gar nicht so bekannt.“
Vom ersten Song an holt die Gruppe Santiano das Publikum ab, auch auf den Sitzplätzen wird fast durchgehend getanzt, das Zusammenspiel von Künstlern und Fans klappt hervorragend. Später bedankt sich die Gruppe via Facebook: „Segeberg 1. Streich - war grandios. Danke für den schönen Abend!“
Das finden auch Matthias Schubert (33) aus Rickling, der zum ersten Mal bei einem Santiano-Konzert ist, und sein Kumpel Benjamin Schmidt (37) aus Boostedt. „Die Musik reißt einen mit. Die Gruppe kommt ja auch aus Norddeutschland.“ Lieder über die See, über die Freiheit, das ist eben auch Identität für die Menschen in Schleswig-Holstein, dem vielbesungenen Land zwischen den Meeren.
Beatrice (37) und Marcus Thielmann (44) aus Kaltenkirchen versorgen sich derweil am Merchandise-Stand, kaufen sich zur Erinnerung T-Shirts und Trinkbecher. „Wir sind nicht die eingefleischtesten Fans, hören die Musik aber gern. Die Musiker von Santiano haben immer einen schönen Bass drin.“
Und weil es am Kalkberg so schön ist, haben die beiden auch schon ihre nächsten Konzerttickets gekauft. „Wir gehen am nächsten Wochenende auch noch zu Silbermond.“ Für das letzte Open-Air-Konzert der kurzen Saison am Sonnabend, 20. Mai, gibt es derzeit im Vorverkauf noch Tickets für 38,25 bis 51,45 Euro.