Norderstedt . Vor dem Auftritt von Angela Merkel am heutigen Freitag zerstörten Unbekannte die Stromversorgung der Waldbühne im Stadtpark.

Die schwarzen Kabel, die aus dem Boden vor der Waldbühne ragen, sind dick wie Salatgurken. Und sie führen Strom, bis zu einer Belastbarkeit von 34 Ampere. Wer hier eine gewischt bekommt, den haut es um – und er steht vielleicht nicht mehr auf.

Das Risiko war dem oder den Tätern entweder nicht bewusst, oder sie haben es in Kauf genommen. Irgendwann zwischen Mittwochabend und Donnerstagmorgen wurden die drei Stromkästen mit viel Gewalt umgetreten. Die schweren Kunststoffkästen mit den Anschlüssen zur Stromversorgung für die Hauptbühne des Stadtparks brachen aus ihrer Verankerung und sind nicht mehr zu gebrauchen. „Der Schaden liegt bei 3000 bis 5000 Euro“, sagt Stadtpark-Geschäftsführer Kai Jörg Evers. „Es ist ein absolut ungewöhnlicher Fall von Vandalismus im Stadtpark. Er geht deutlich über das hinaus, was wir hier gewohnt sind.“

Ein Umstand, der Fragen aufkommen lässt, ob hinter der Tat nicht mehr steckt als bloße Zerstörungswut. Heute, Freitag, tritt um 18 Uhr Kanzlerin Angela Merkel im Stadtpark auf und macht Landtagswahlkampf für CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther und die Norderstedter CDU-Kandidatin Katja Rathje-Hoffmann. Handelt es sich bei der Attacke auf die Stromkästen vielleicht also um einen Sabotageakt mit politischer Motivation?

Die Polizei sagt Nein. „Uns ist der Sachverhalt bekannt. Eine Strafanzeige wurde erstattet“, sagt Nico Möller von der Segeberger Polizeidirektion. Obwohl der oder die Täter unbekannt sind, gehe die Polizei von „randalierenden Jugendlichen“ aus, die nicht im Zusammenhang mit dem Besuch der Kanzlerin gehandelt haben.

Kai Jörg Evers mutmaßt, dass ein Täter, der den Merkel-Auftritt hätte verhindern wollen, eher einen Abend vor der Veranstaltung zugeschlagen hätte. Auf der anderen Seite: „Jeder normal denkende Jugendliche weiß doch, dass auf den Kästen Strom ist und dass das gefährlich ist. Und die Dinger tritt man nicht so einfach um. Da hat sich irgendjemand richtig abgearbeitet.“ Jedoch fehle ein klarer Hinweis oder ein Bekennerschreiben.

Der Sicherheitsdienst Pütz Security, der im Park täglich im Auftrag der Stadtpark GmbH für Sicherheit sorgt, habe zum Tatzeitpunkt Feierabend gehabt. Nach der Tat reagierte Evers sofort: In der Nacht auf Freitag stand die ganze Nacht über ein Wagen der Sicherheitsfirma mit zwei Mann auf der Fläche vor der Waldbühne.

Der Auftritt von Angela Merkel war durch den Sabotage-Akt nie gefährdet. „Davon lassen wir uns nicht aufhalten. Für Strom ist gesorgt.“ CDU-Kreisgeschäftsführer Uwe Voss zeigt sich unbeeindruckt von dem Zwischenfall. „Wir werden am Freitag eine schöne Veranstaltung mit der Kanzlerin haben. Was die Sicherheit angeht, so vertraue ich ganz unserer Polizei.“ Laut Polizeisprecher Nico Möller sind die Sicherheitskräfte mit ausreichend Mannstärke vertreten. Neben den lokalen Polizeikräften sind das Bundes- und Landeskriminalamt bei der Sicherung der Veranstaltung involviert. Erwartet werden mehrere Tausend Zuschauer. „Wir mussten die Sitzplätze auf Stahlrohrstühlen direkt vor der Bühne von 200 auf 400 aufstocken“, sagt Uwe Voss. „Vor allem wegen der vielen alten Menschen, die kommen wollen und die auf den Betonstufen der Waldbühne nicht sitzen können.“ Für weitere 2000 Menschen biete die Stufenanlage ausreichend Platz.

Die AfD demonstriert – bei viel Gegenwehr von links

Theoretisch auch für die ungebetenen Gäste. Die Alternative für Deutschland (AfD) will beim Merkel-Besuch gegen die gescheiterte Politik der Kanzlerin demonstrieren. Heiko Evermann, AfD-Kandidat im Norderstedter Wahlkreis, kommt zusammen mit den Landesvorsitzenden Jörg Nobis (Schleswig-Holstein) und Leif Erik Holm (Mecklenburg-Vorpommern) sowie dem Bundestagskandidaten Bruno Hollnagel nach Norderstedt. Frauke Petry soll laut Evermann kurzfristig abgesagt haben. Die AfD darf nur auf der Straße vor dem Stadtpark anrücken. Dort werden sie erwartet von Jusos, Grünen, Linken und anderen AfD-Gegnern. „Wir haben in unseren Netzwerken am Freitag zum Eisessen in den Stadtpark eingeladen“, sagt der Landtagskandidat der Linken in Norderstedt, Miro Berbig. Will meinen: Sie wollen Front gegen die Kundgebung der AfD-Vertreter machen. Die Polizei hat für diese Lage ihre Kräfte entsprechend verstärkt. „Manche können eben nicht genügend Wähler für ihre Veranstaltungen mobilisieren – und kommen dann dorthin, wo andere viele Wähler anziehen“, sagt Uwe Voss in Richtung der AfD. Und mit einem Lächeln: „Ich finde es auch schön, dass sich SPD und Grüne in dieser Form für Angela Merkel einsetzen.“