Bad Segeberg. Landwirt Horst P. soll 400 Tiere vernachlässigt haben. Vor einer Beschlagnahmung verkaufte er die Tiere mit erheblichem Gewinn.

Ein Rechtsanwalt, der einen Tag vor Prozessbeginn sein Mandat niederlegt, zwei weitere Anwälte, die keine Zulassung haben, ein Gutachter, der auch nach zwei Jahren noch kein Gutachten vorlegt: Einige Ungereimtheiten haben am Mittwoch zum zweiten Mal einen Prozess gegen den Todesfelder Landwirt Horst P., der sich wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz zu verantworten hat, vor dem Segeberger Amtsgericht platzen lassen.

Die Vorwürfe gegen den 57 Jahre alten Landwirt sind gravierend: Die Anklage wirft dem Landwirt massive Missstände vor. So soll er trotz erheblicher Mängel in der Tierhaltung keinen Tierarzt gerufen haben. 2013 beanstandeten Kreistierärzte, dass Kühe und Rinder an erheblicher Lahmheit litten. Ein schwer erkrankter Bulle habe apathisch dagelegen und sei wenige Tage später auf dem Hof tot aufgefunden worden. Ferkel seien verhungert, weil die Muttersau nicht mehr genügend Milch gehabt habe. 16 Katzen seien abgemagert, verfloht und verwurmt gewesen.

Der Landwirt bestreitet die Vorwürfe. Der drohenden Beschlagnahmung kam er zuvor: Er verkaufte die rund 400 Tiere und erzielte auf diese Weise einen wirtschaftlichen Gewinn, der ihm entgangen wäre, wenn die Staatsanwaltschaft die Rinder notveräußert und mit dem Erlös die Transport-, Futter- und Unterbringungskosten beglichen hätte.

Es liegt immer noch kein Gutachten vor

Vor knapp zwei Jahren war ein Prozess gegen Horst P. nach einigen Stunden abgebrochen worden, weil ein gerichtlich bestellter Gutachter feststellen sollte, wie es wirklich um die Tiere stand. Ein Gutachten aber liegt bis heute nicht vor. Angeblich soll dem Gutachter nicht ausreichend Akteneinsicht gewährt worden sein.

Vor Aussetzung des gestrigen Verfahrens hatte ein Segeberger Amtsrichter noch zwei weitere Befangenheitsanträge der Verteidigung gegen die vorsitzende Richterin Sabine Roggendorf abgelehnt. Ausgesetzt wurde die Verhandlung schließlich, weil Horst P. keinen zugelassenen Anwalt an seiner Seite hatte. Fachanwalt Wolfgang Hansen aus Starnberg in Bayern hatte das Mandat kurzfristig niedergelegt – nach Angaben von Horst P. sei es ihm unmöglich gewesen, an mehreren Tagen bereits morgens um 9 Uhr in Bad Segeberg zu erscheinen. Jetzt soll ein Pflichtverteidiger aus Berlin bis Mitte Mai Zeit haben, sich in den Fall einzuarbeiten. Ein Termin für den dritten Prozessstart steht noch nicht fest.

Horst P. steht nach eigenen Angaben vor den Trümmern seiner Existenz: 100.000 Euro Anwaltskosten, hohe Zins- und Tilgungsraten, eine gescheiterte Ehe und keine Möglichkeit, Geld durch die Bewirtschaftung seines Hofes zu verdienen. „Bisher habe ich von den Einnahmen aus den damaligen Tierverkäufen und von der Substanz des Hofes gelebt“, sagt er. „Jetzt ist praktisch nichts mehr da.“