Norderstedt. Mit Initiative „Mint:Pink“ sollen Schülerinnen für naturwissenschaftliche Schulfächer begeistert werden. Schüler besuchen fünf Firmen.
Großes Gewusel und geschäftiger Trubel bei Tesa in Norderstedt. Zwei Stunden lang bastelten, schraubten und klebten rund 170 Schülerinnen der neunten Klassen im Foyer des Norderstedter Klebemittelherstellers, um eine rund 50 Meter lange Kettenreaktion mit Lampen, Dominosteinen, Kugeln, Wippen und Rohren aufzubauen. „Das macht unheimlich viel Spaß. Wir sind ganz nervös, ob es auch klappt“, sagte die 15 Jahre alte Nefel Aksoy vom Matthias-Claudius-Gymnasium in Hamburg-Wandsbek, die mit ihren Mitschülerinnen für das letzte Teilstück verantwortlich war. Und tatsächlich: Am Ende lief die Kettenreaktion wie am Schnürchen ab – und alle jubelten.
Diese Aktion ausschließlich mit Schülerinnen von 13 Schulen war die Auftaktveranstaltung des Programms „Mint:Pink“ der Initiative Naturwissenschaft und Technik (NAT), der es seit 2009 gelungen ist, die Zahl der Mädchen, die in Hamburg in der zehnten Klasse der Oberstufe Physik oder Chemie als Profilfach wählen, mehr als zu verdoppeln, wie NAT-Geschäftsführerin Sabine Fernau sagte. Die teilnehmenden Schülerinnen würden ein Jahr lang fünf Firmen besuchen und dort Technologie zum Anfassen erleben, wie jetzt bei Tesa, sagte Fernau. Der Name des Programms ist ein Kunstwort. Mint steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Der Zusatz Pink ist als Signalfarbe hinzugewählt, um verstärkt darauf aufmerksam zu machen. „Die Mädchen mögen diese Farbe in dem Alter“, so Fernau.
Initiatoren suchen weitere Unternehmen in Norderstedt
Offenbar auch die Erwachsenen in Norderstedt. Stadträtin Anette Reinders und EgNo-Chef Marc-Mario Bertermann, der seine jugendliche Tochter mitbrachte, zeigten sich im Gespräch mit Fernau so begeistert von dem Programm, dass sie es jetzt auch den Norderstedter Schulen anbieten wollen, freute sich Sabine Fernau. „Der Wille ist groß. Wir könnten nächstes Jahr mit fünf Schulen und 50 Mädchen in Norderstedt starten“, betonte die Initiatorin. Es müssten dann aber noch ein paar mehr Firmen aus Norderstedt, die sich mit technischen, physikalischen oder chemischen Fragen beschäftigen, mitmachen.
Für Tesa ist das Engagement eine Investition in die Zukunft: „Für uns als großes Technologie-Unternehmen spielt die Forschung eine große Rolle“, erklärte Tesa-Sprecher Gunnar von der Geest. Um die 7000 Produkte, die praktisch in jedem Handy, Auto, Kühlschrank, in Türen und Fenstern zu finden seien, ständig erfolgreich am Markt platzieren zu können, müssten jedes Jahr etwa 100 neue in den Labors im Norderstedter Hauptquartier entwickelt werden, sagte von der Geest. Bei Tesa arbeiten 285 Forscher, 121 sind Frauen. „Wir wollen die Mädchen spielerisch an diese Themen heranführen. Die Schülerinnen von heute können unsere Mitarbeiterinnen von morgen sein“, so der Firmensprecher.
Diese Grundlagen-Forschung sei „nie langweilig“, versicherte den 15 und 16 Jahre jungen Mädchen Anna Funk, die Maschinenbau studierte und bei Tesa arbeitet, und die ihren potenziellen Nachfolgerinnen riet: „Man kann sich auch als Mädchen in solchen Studiengängen durchbeißen.“ Und Kollegin Ute Ellringmann sagte: „Ihr habt alle einen schlauen Kopf zwischen den Schultern. Nutzt ihn!“ Zugleich bat die Chemikerin die anwesenden Chemie-Lehrer: „Verbockt es nicht!“
Und die selbstbewusste 16 Jahre junge Sveja Greve, die bereits voriges Jahr das „Mint:pink“-Programm absolvierte, brachte es für die Schülerinnen auf den Punkt: „Ihr müsst nur wagen, zu fragen und neugierig zu sein. Am Ende könnt ihr nur gewinnen.“ Zudem liege der Vorteil eines naturwissenschaftlichen Profils darin, dass die Lehrer ihnen gute Noten geben müssten, wenn die Lösung richtig sei – egal, ob sie sie mögen oder nicht.