Norderstedt. Die 16-jährige Gymnasiastin erfindet ein selbst desinfizierendes Gerät. Ein Unternehmen will es zur Marktreife entwickeln.

Ihr ist gelungen, was vielen jungen Forschern verwehrt bleibt: Ihre Erfindung hat es nicht nur bis zum Patent geschafft, sondern ein Unternehmen will es weiterentwickeln und auf den Markt bringen. Die 16 Jahre alte Rieke-Marie Hackbarth hat ein Stethoskop entwickelt, das sich selbst desinfiziert, und sie ist damit die Erfolgsleiter wieder ein Stück emporgeklettert.

Vorläufiger Höhepunkt der Forscherkarriere, die vor zwei Jahren beim Wettbewerb Jugend forscht begann: Das Unternehmen Fischer will das Stethoskop, das Keime eigenmächtig bekämpft, weiterentwickeln und reif machen für den Markt. Bisher hat sich die Firma in Baden-Württemberg einen Namen als Dübel-Hersteller gemacht. Doch der Ableger Fischer Automotive stellt vieles her, was im Innenraum eines Autos gebraucht wird – vom Getränkehalter bis zur beweglichen Halterung für Displays.

Die 16-Jährige bereitet sich zurzeit aufs Abitur vor

„Wir schätzen den innovativen Erfindergeist der jungen Wissenschaftlerin sehr hoch. Vor diesem Hintergrund ist es selbstverständlich, dass wir Kontakt zu ihr halten“, sagt Fischer-Sprecher Wolfgang Pott. Er dämpft allerdings zu hohe Erwartungen: „Leider können wir zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Aussagen zu den weiteren Entwicklungen treffen. Dazu ist es einfach noch zu früh.“

Bis zur Kooperation zwischen der Schülerin, die sich zurzeit am Gymnasium Harksheide in Norderstedt auf das Abitur vorbereitet, und dem renommierten Unternehmen, sind gut eineinhalb Jahre vergangen. Den Forschertrieb geweckt hatte die Anfang 2015 intensiv geführte Diskussion über Krankenhauskeime. „Da fiel mir ein, was mein Kinderarzt gesagt hat: Stethoskope sind die reinsten Keimschleudern“, sagt die Gymnasiastin, die in Henstedt-Ulzburg wohnt.

Für die Medizinbranche sprach auch, dass die Erfinderin Ärztin werden will. Sie vertiefte sich in die Welt der Keime, las Studien und erfuhr, dass Stethoskope genauso mit Keimen besetzt sind wie die Hände. Die Idee war geboren, nun wurde entwickelt. Das Prinzip: Beendet der Arzt das Abhören und löst Finger oder Daumen vom vorderen Teil des Stethoskops, wird das automatisch an einen Mikrochip gemeldet, der wiederum die Pumpe aktiviert. Sie schickt Desinfektionsmittel auf den Weg, das die Keime von der Membran vertreibt. Den Chip hat Rieke-Marie selbst programmiert, auch den schwarzen Plastikkasten, der die Pumpe, den aufladbaren Akku und den Chip beherbergt, hat sie gekauft und umgebaut.

Schülke & Mayr unterstützte das Projekt der Schülerin

Zum Regionalwettbewerb von Jugend forscht fuhr die Erfinderin mit einem Modell, das noch in den Kinderschuhen steckte und nicht so funktionierte, wie sie sich das vorgestellt hatte. Dennoch überzeugte das Konzept die Jury, sie stufte Rieke-Marie hoch. Vom Alter her hätte sie im Wettbewerb Schüler experimentieren antreten müssen, nun sah sie sich plötzlich bei den „Großen“. Doch sie siegte und tüftelte weiter, das Norderstedter Medizintechnikunternehmen Schülke & Mayr stellte Platz im Labor zur Verfügung.

Die Schülerin fuhr zum Landeswettbewerb und ließ auch dort die Konkurrenz hinter sich, das Ticket fürs große Bundesfinale war gebucht. Da reichte es zwar nicht fürs Siegerpodest, aber immerhin für zwei Sonderpreise und die Aussicht, aus ihrer Idee Kapital zu schlagen.

Viele junge Norderstedter beteiligen sich an Jugend forscht

Der Wettbewerb Jugend forscht ist der größte europäische Jugendwettbewerb im Bereich Naturwissenschaften und Technik. Er wurde 1965 vom damaligen „Stern“-Chefredakteur Henri Nannen initiiert. Veranstalter des alljährlich stattfindenden Wettbewerbs ist die Stiftung Jugend forscht.

Die Teilnehmer dürfen höchstens 21 sein. Schüler, die mindestens die vierte Klasse besuchen und jünger sind als 15, beteiligen sich mit ihren Forscherergebnissen beim Wettbewerb Schüler experimentieren.

Der Wettbewerb gliedert sich in verschiedene Stufen, zunächst müssen die Jugendlichen die Jury auf regionaler Ebene überzeugen. Die Sieger fahren zu den Landeswettbewerben.

Wer dort gewinnt, stellt sich der Konkurrenz beim Bundesfinale. Die Schüler aus Norderstedt stellen traditionell ein starkes Teilnehmerfeld. Immer wieder sind Norderstedter auch unter den Finalisten beim Landeswettbewerb.

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Relativ schnell war das Stethoskop zum Patent angemeldet, durch den Kontakt zu Fischer genießt die Erfindung nicht nur in Deutschland, sondern weltweit Patentschutz. Die junge Forscherin traf sich mit Top-Managern der deutschen Wirtschaft, um zu hören, ob und wie ihr innovatives Stethoskop in eine Unternehmensgründung münden kann. Dazu kam es nicht, aber über einen Mentor kam es zum Kontakt mit Fischer.

„Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet“, sagt Rieke-Marie, die zu Recht stolz auf ihre Erfindung ist. Das Stethoskop werde sie immer begleiten, auch auf dem noch langen Weg zur Ärztin. Im Studium könnte das innovative Produkt sogar finanziell von Nutzen sein: Erlangt es tatsächlich Marktreife und wird in Arztpraxen und Kliniken eingesetzt, dürfte sich das im persönlichen Budget der Forscherin widerspiegeln.