Kreis Segeberg. Skandal erschüttert den Verband. Bürgermeister und Mitarbeiter fühlen sich übergangen. Verbandschef räumt Kommunikationspannen ein.

Während das städtische Betriebsamt in Norderstedt seit Jahren skandalfrei arbeitet, wurde der Wege-Zweckverband (WZV) in den vergangenen Monaten von Turbulenzen erschüttert. Der Verband, zuständig für die Müllabfuhr im Kreis Segeberg außer in Norderstedt, sorgte gleich mehrfach für Schlagzeilen: Vor dem Norderstedter Amtsgericht wurde der 40 Jahre alte Leiter des Norderstedter WZV-Recyclinghofes wegen gewerbsmäßiger Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss er den Schaden von 29.000 Euro begleichen. WZV-Chef Jens Kretschmer hatte sich „in erstaunlicher Nibelungentreue“ immer hinter seinen Mitarbeiter gestellt und bei seinen Versuchen, das fehlende Geld in der Kasse zu erklären, nicht immer die beste Figur gemacht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Millionen für die Deponie-Nachsorge zweckentfremdet

Kurz vor der Verbandsversammlung am Nikolaustag hatten einige der 94 Bürgermeister, in deren Auftrag der WZV arbeitet, Kretschmer einen Alleingang vorgeworfen. Er habe den Beschluss, den Ausbau des Breitbandnetzes über Kredite zu finanzieren, missachtet. Stattdessen habe der Verbandsvorsteher dafür Geld verwendet, das für die spätere Rekultivierung der Deponie in Tensfeld geplant war. Es sei nicht in Ordnung, gegen Beschlüsse des höchsten WZV-Organs zu verstoßen, lautete die Kritik.

Schließlich gerieten WZV-Führung, der Hauptausschuss des WZV, der die Verwaltung des Verbandes kontrolliert, aber auch ein Teil der Bürgermeister in die Kritik. Sie hatten in der Verbandsversammlung die Gründung einer weiteren WZV-Tochter durchgesetzt, obwohl die Mitarbeiter um Aufschub gebeten hatten. Sie befürchteten Verluste durch niedrigere Tarife in der neuen Gesellschaft mit dem Arbeitstitel „New Company“, Leiharbeiter würden nicht mitgenommen, der Personalrat sei nicht informiert worden.

WZV-Chef Kretschmer und WZV-Justiziar Nis Nissen verteidigen ihre Entscheidungen: „Wir haben rund 30 Millionen liquide Mittel für die Deponie-Nachsorge. Auf dem Finanzmarkt gibt es dafür kaum Zinsen. Indem wir das Geld für den Breitbandausbau einsetzen, bekommen wir es über die Betreiber der Netze mit höheren Zinsen zurück“, sagte Kretschmer, als er zusammen mit den WZV-Mitarbeitern Torsten Höppner und Julia Büttner über die Neuerungen 2017 informierte. Der WZV habe sich zudem das Okay des Innenministeriums geholt. „Und natürlich wird genug Geld für die Abdeckung der Deponie da sein“, sagte Kretschmer.

Er räumte allerdings „Kommunikationspannen“ ein. So habe die Geschäftsführung zwar den Hauptausschuss und den Beirat über den veränderten Geldeinsatz informiert, von dort sei die Information aber nicht an die Bürgermeister gegangen. Da ist, so der WZV-Chef, der Ärger der Bürgermeister durchaus verständlich, weil sie offenbar erst aus der Presse davon erfahren haben.

Abfallgebühren bleiben stabil

Die Abfallgebühren bleiben in Norderstedt und im restlichen Kreis Segeberg stabil.

„Das gelingt uns trotz gestiegener Kosten und gesunkener Erlöse“, sagt Jens Kretschmer, Chef des WZV, der den Müll im Kreis Segeberg außer in Norderstedt einsammelt.

Möglich werde die Gebührenstabilität durch einen finanziellen Puffer, durch gesunkene Spritpreise und die wachsende Bevölkerung.

In den nächsten Tagen werden die Segeberger die „Abfallinfo 2017“ in ihren Briefkästen finden. Darin informiert der WZV über seine Leistungen und die Entsorgungstermine in den 94 Städten und Kommunen.

Infos und Downloads unter www.wzv.de. Wer die Abfall-Info bis Ende des Jahres nicht bekommt, kann sie unter Telefon 04551/9090 anfordern.

1/5

Durch veränderte Vergaberichtlinien und die angekündigte Umsatzsteuerpflicht sei es nötig, eine weitere Tochter zu gründen, um sich der privatwirtschaftlichen Konkurrenz stellen zu können, sagten Nissen und Kretschmer. So könne der WZV Teile der Abfallentsorgung intern vergeben, müsse allerdings mindestens so günstig sein wie private Anbieter. Das bedeute auch, dass für die neue Gesellschaft das privatwirtschaftliche Tarifrecht gelte. „Dennoch wird durch einen Wechsel in unsere neue Tochter niemand schlechter gestellt. Und wir können die 300 Arbeitsplätze erhalten“, sagte Nissen.

„Künftig werden wir die Mitarbeiter direkt informieren, in die Büros und an die anderen Arbeitsplätze gehen und Fragen beantworten“, sagt Kretschmer, der auch hier einräumt, dass die Information der Mitarbeiter nicht optimal gelaufen sei. Am Freitag hätten die Führungskräfte schon mit der direkten Kommunikation begonnen. Zudem kündigten Kretschmer und Nissen an, dass eine international tätige Anwaltskanzlei mit Sitz in Hamburg die Vorgänge aufklären soll, die zum Prozess gegen den WZV-Mitarbeiter geführt hatten. Ein Angebot der Kanzlei liege vor, Nissen prüfe die Offerte.

Bürger bekommen so viele Gelbe Säcke, wie sie brauchen

Heftige Proteste der Bürger gab es, als die Optisys GmbH als neuer Sammler der Gelben Säcke vorgestellt wurde. Da sei die Aussage in die Öffentlichkeit geraten, dass jeder Bürger nur zwei Säcke bekommen werde – beim WZV liefen die Telefone heiß. „Das ist natürlich Unsinn“, sagt Optisys-Geschäftsführer Jan Stephan Bötel, der die Aufgabe zum 1. Januar übernimmt. Vorgesehen sind zwei Rollen mit je 13 Wertstoffbeuteln, die es in den 123 bekannten Abholstellen gibt (nähere Infos unter www.wzv.de). „Wir werden die Säcke nicht rationieren, wer mehr braucht bekommt auch mehr“, sagt Böthel. Die Bürger in den Teststädten und -gemeinden Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen, Bad Bramstedt, Kisdorf, Schmalfeld, Wiemersdorf und Mözen könnten für 8,52 Euro im Jahr nach wie vor die Plustonne beim WZV bestellen und darin ihre Gelben Säcke sammeln.