Norderstedt. Betreiber des Shops wollen in Norderstedt Mode verkaufen, die in der rechten Szene beliebt ist. Baurechtliche Mängel verhindern das.
Kaum eröffnet, musste der Laden schon wieder schließen. Thor Steinar wollte gestern in der neuen Filiale in Norderstedt beginnen, seine Mode zu verkaufen – Kleidung, mit der die Kunden ihre rechtsextreme Gesinnung zur Schau tragen.
Die in der rechten Szene beliebte Modekette hat sich für den Verkauf von Jacken, Sweatshirts, Hosen und Hemden einen roten Backsteinbau an der Segeberger Chaussee 98a ausgesucht. Vorher hat dort ein Restaurant seine Gerichte angeboten. Von außen deutet nichts darauf hin, dass hier Kleidung verkauft werden soll, die mit rechtem Gedankengut verknüpft ist. Schlicht „outlet“ steht auf dem Schild des etwas zurückliegenden Geschäftes, das zu einem weit reichenden Filialnetz gehört: Zwölf Mal ist die Marke in Deutschland vertreten, vornehmlich im Osten. Weitere Geschäfte gibt es in London, Rom, Helsinki, Russland, der Ukraine und der Slowakei.
Die Betreiber hatten sich für den Neustart in Norderstedt entschieden, weil der Standort in Glinde zum Jahresende schließen wird. Dort hatten Bürger fünf Jahre lang friedlich gegen den Laden protestiert, waren für ihre rund 1500 Mahnwachen sogar mehrfach ausgezeichnet worden. Der Mietvertrag war schon Ende Juli ausgelaufen, die Betreiber hatten sich jedoch geweigert, die Räume zu verlassen. Nun deutet der Räumungsverkauf auf das Ende hin.
Doch in Norderstedt endete der Verkauf der einschlägigen Klamotten, bevor er überhaupt begonnen hatte. Nachdem Thor Steinar die Eröffnung am Donnerstagabend in den sozialen Medien angekündigt hatte, organisierten vornehmlich junge Leute einen ersten Protest. Zum geplanten Verkaufsbeginn um 10 Uhr trafen sich rund 25 Männer und Frauen zur Spontandemo. Auch die Polizei zeigte sich, schickte bis zu 20 Einsatzkräfte auf den Parkplatz vor dem umstrittenen Laden. Die jungen Leute standen auf dem Bürgersteig, klönten hörten Musik, Aktionen blieben aus.
Auch der Fraktionschef von Die Linke in Norderstedt, Miro Berbig, kam, um seine Kritik an dem Laden zu äußern. „Wir dürfen und wollen uns nicht die rechte Szene aus Hamburg in die Stadt holen“, sagte er. Der „Nazi von Welt“ komme heute nicht mehr mit Springerstiefeln daher. Wer was auf sich hält, trage Casual-Look beim Anzünden von Flüchtlingsunterkünften und zeige seine Gesinnung durch seine Kleidung – Thor Steinar bedrucke Pullover, Jacken und Outdoor-Klamotten mit Symboliken und Bildern, die sich positiv zum deutschen Nationalismus und Militarismus, sowie zur Kolonialgeschichte positionierten.
Auch Detlev Grube, Fraktionschef der Grünen, war empört: „So etwas wollen wir hier in der Stadt nicht haben. Das passt nicht zu einem weltoffenen Norderstedt mit seiner ausgeprägten Willkommenskultur und gefährdet den öffentlichen Frieden.“ Beide nahmen die Verwaltung in die Pflicht und erinnerten den Oberbürgermeister daran, dass er sich immer stark gemacht habe gegen rechte Gruppen in der Stadt. Als hätte Grote die Worte gehört, schickte er kaum eine halbe Stunde später fünf Mitarbeiter des Ordnungsamtes los. Ihr Auftrag: den Laden schließen. Dafür führte die Verwaltung baurechtliche Gründe ins Feld, ohne sie näher zu erläutern. Angeblich fehlten Unterlagen. „Es gibt für ein Bekleidungsgeschäft andere bauliche Vorgaben als wie für ein Restaurant“, sagte Grube. Es handele es sich um einen privaten Hamburger Vermieter. „Da stellt sich die Frage: Hat er eine rechte Gesinnung oder wusste er schlicht nicht, an wen er seine Immobilie vermietet“, sagte der Grünen-Fraktionschef.
„Die Stadt wird sicherstellen, dass das Geschäft geschlossen bleibt“, sagte Rathaussprecher Bernd-Olaf Struppek. Norderstedt als weltoffene Kommune werde mit allen rechtsstaatlichen und juristischen Mitteln dagegen angehen, dass im Stadtgebiet ein Treffpunkt für Menschen mit rechtsradikalen Ansichten entsteht.
Von den Betreibern war keine Stellungnahme zu bekommen. Im Gegenteil: Jeder Journalist, der den Laden betrat, wurde sofort aufgefordert, ihn wieder zu verlassen. Mehr Kommentare als „Raus“ gab es nicht.
Damit scheint die Gefahr, dass Norderstedt zu einem Treffpunkt der rechten Szene wird, gebannt. Detlev Grube hat vorsichtshalber schon mal weitere Aktionen gegen den Thor-Steinar-Laden angekündigt. „Wenn nötig, müssen eben auch wir auf die Straße gehen, um die Weltoffenheit Norderstedts zu verteidigen.“