Leezen/Bebensee. Vom Schrotthaufen zum Schmuckstück: Jonas Geerke und Luca Freyer haben ein Faible für die kleinen Italiener und machen sie wieder fit.

Wenn Jonas Geerke (17) jeden Morgen an seinem Fiat 126 vorbeigeht, geht sein Herz auf. In nur elf Wochen hat er zusammen mit seinem Freund Luca Freyer (18) ein heruntergekommenes Auto ohne Scheiben wieder fahrbereit gemacht. Seinen Eltern hat er die Investition in den Oldie erst gebeichtet, als er ihn über den TÜV gebracht hatte. Seine Familie ist stolz, und Jonas Geerke fiebert nun seinem 18. Geburtstag im Februar entgegen, wenn er seinen „Kleinen“ endlich selbst fahren darf.

Fiat-Fahrer sind eine Spezies für sich. Egal, wie groß sie sind oder wie groß ihr Bauchumfang ist, sie zwängen sich in die kleinsten Modelle des italienischen Autobauers und fühlen sich pudelwohl. Sie nehmen die weitesten Wege auf sich, um sich mit Gleichgesinnten ihrer „Fiat-Familie“ zu treffen. In den teilweise sehr betagten Vehikeln überkommt sie dann ein Glücksgefühl, das offenbar nur Fiat-Fahrer nachempfinden können.

Selbst darf Jonas Geerke (17) seinen Fiat 126 A noch nicht fahren . Aber restauriert und über den TÜV gebracht hat ihn der Leezener bereits.
Selbst darf Jonas Geerke (17) seinen Fiat 126 A noch nicht fahren . Aber restauriert und über den TÜV gebracht hat ihn der Leezener bereits. © HA | Petra Dreu

Luca Freyer aus Bebensee hat den „Fiat-Virus“ quasi mit der Muttermilch eingesogen. Seine ersten Fiat-Treffen hat er im Kinderwagen besucht, und seitdem er einen Schraubenschlüssel in der Hand halten kann, kommt er von den kleinen Italienern nicht mehr los. Seinen ersten Oldie hat er im zarten Alter von 14 Jahren auf Vordermann gebracht. Und wann immer er kann, fährt er zu den Treffen der Fiat-Familie. Es blieb eine Frage der Zeit, bis sich auch sein Kumpel Jonas mit dem Virus infizieren würde. Bei einem Treffen im April, das die beiden jungen Männer in den Harz führte, war es soweit.

Direkt am Treffpunkt stand der kleine Fiat 126 A. Er hatte keine Scheiben mehr, der Lack war stumpf und scheckig, dafür hatte sich überall Rost breitgemacht. Ein trauriges Bild hat der kleine Italiener abgegeben, so lieblos wie er in der Ecke abgestellt war. Ein Besitzer war schnell ausfindig gemacht, der immerhin 450 Euro für den 40 Jahre alten Kleinstwagen haben wollte. „Das war für mich eine Stange Geld, zu dem Zeitpunkt war ich ja noch Schüler“, erzählt Jonas Geerke, der inzwischen eine Lehre im Lübecker Musikhaus Andresen begonnen hat, um Kaufmann im Einzelhandel zu werden.

In nur elf Wochen war der Fiat wieder fit

Luca Freyer dagegen war bereits Auszubildender und hatte ein paar Euro auf die hohe Kante gelegt. Spätestens als er seinem Mitfahrer Jonas angeboten hatte, ihm die 450 Euro vorzustrecken, war es um den jungen Leezener geschehen. Zwar schlief er noch eine Nacht darüber, doch dann wurde der Schrotthaufen eingepackt und mitgenommen. Das taten die beiden jungen Männer aber nicht ohne eine großspurige Wette: Zum nächsten Fiat-Treffen im westfälischen Vreden nur elf Wochen später sollte der Oldie fertig sein.

Der „Bambino“ ist klein, günstig und sehr wendig

Seine Sternstunde hatte der kleine Fiat 126 im Jahr 1972 als Nachfolger des Fiat 500, der zurzeit bekanntlich in verschiedenen Variationen seine Wiedergeburt feiert.

Gestaltet wurde der Fiat 126 von polnischen und italienischen Konstrukteuren, die ihm mit einem luftgekühlten Zweizylinder-Ottomotor ausgestattet hatten, der im Heck des Kleinstwagen untergebracht ist und es auf eine Leistung von 23 Pferdestärken bei 4800 Umdrehungen in der Minute bringt.

Produziert wurde der äußerst wendige Fiat 126 in Italien nur bis zum Jahr 1987, in Polen aber bis zum Jahr 2000. Für den deutschen Markt bekam er den Namen „Bambino“.

3,5 Millionen Fiats 126 wurden von 1972 bis 2000 produziert, wobei es jedoch immer wieder Probleme gegeben haben soll, Modelle ab dem Baujahr 1995 in Deutschland zuzulassen.

Wegen seiner geringen Schadenshäufigkeit zählt der Fiat 126 in Deutschland allerdings zu den Fahrzeugen, die mit Haftpflicht und Kasko am günstigsten versichert werden können.

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Kaum ein Fiat-Fan hatte damit gerechnet, dass sie ihre Ankündigung auch in die Tat umsetzen könnten. Seine Nachmittage verbrachte Jonas Geerke von dem Tag an in der Garage seines Freundes. Mit vereinten Kräften schraubten sie, stopften Rostlöcher, erneuerten Außenschweller, die hinteren Kotflügel und alles weitere, an dem der Zahn der Zeit zu sehr genagt hatte. Nach zehn Wochen waren sie soweit und hatten sogar noch eine Woche in Reserve, um den Oldie über den TÜV zu bringen. Erst danach erzählte Jonas Geerke seinen Eltern von dem Kauf.

„Wir hatten uns schon über den fleißigen Arbeitseinsatz gewundert“, erzählt Jonas’ Mutter Maren Geerke. Dass die Fahrzeugsitze noch im Urzustand sind und auch der Lack des Fiats schon bessere Zeiten gesehen hat, nimmt sie hin. Was sie lange nicht wusste: In der Oldie-Szene werden die Fahrzeuge, deren Lack es nicht in eine Werbezeitschrift schaffen könnte, „Ratten“ genannt. „Das ist kein Schimpfwort, sondern nur eine Aussage zum Lack“, erzählt Jonas Geerke, der bereits einen Teil des vorgestreckten Kaufpreises an seinen Kumpel zurückgezahlt hat: „Wenn ich damit durch bin, dann werde ich wahrscheinlich eine neue Lackierung angehen. Und schönere Polster? Mal sehen. “