Hamburg/Norderstedt. Die älteste Kleinkunstbühne Deutschlands feiert – mit dabei ist die Norderstedter Autorin Christa Heise-Batt

In Hamburg einen lustigen Abend zu verbringen, ist nicht schwer: Ob nun Olli Dietrich oder Otto Waalkes, Lisa Politt, Michael Ehnert, Herr Holm oder LaLeLu – Quatsch Comedy Club, Schmidt und das Tivoli: Wenn der Hamburger lachen will, muss er nicht in den Keller gehen.

Oder vielleicht doch? Im Keller, genauer gesagt im sogenannten Grundsteinkeller des Parlaments, dem Restaurant unter dem Hamburger Rathaus, feiert am Montag, 24. Oktober, eine humoristische Einrichtung ein einzigartiges Jubiläum: Die laut dem „Guinness Buch der Rekorde“ älteste noch existierende literarisch-kabarettistische Kleinkunstbühne Deutschlands, „Die Wendeltreppe“, wird 70. An der Spitze des hanseatischen Dichterbrettls, das von einem Förderverein getragen wird, steht seit Ende der 80er-Jahre eine Norderstedterin. Die Plattdeutsch-Autorin und Norderstedter Kulturpreisträgerin Christa Heise-Batt als zweite Vorsitzende des Vereins hält gemeinsam mit der ersten Vorsitzenden, Marion Muschter, den kabarettistischen Betrieb am Laufen. Der Hamburger Senat hat das Duo im vergangenen Jahr mit einer Medaille in Bronze und der Urkunde für „treue Arbeit im Dienste des Volkes“ ausgezeichnet.

Der 70. Geburtstag der „Wendeltreppe“ wird von den Treppensteigern groß gefeiert (siehe unten), und auch Christa Heise-Batt wird dann, wie so oft in den vergangenen 30 Jahren, auf der Bühne stehen.

Gegründet wurde die „Wendeltreppe“ am 2. Juni 1946 von dem Dichter und Autor Dirks Paulun (dessen Geschichten auch viele Jahre im Abendblatt erschienen) sowie von Carl Bay und Hans Harbeck. Schon bald stieß Heinz Erhardt dazu. Anfangs versammelten sich einmal in der Woche Künstler, Schriftsteller, Journalisten, um aus ihren Werken vorzutragen oder vorzuspielen. Die ersten Veranstaltungen fanden im alten Konservatorium in Klein Flottbek statt – in einem Raum, in den man über eine Wendeltreppe gelangte.

Die Liste der Künstler, die in den zurückliegenden sieben Jahrzehnten in der „Wendeltreppe“ aufgetreten sind, umfasst viele Hundert Namen und reicht von Lale Andersen bis Abi Wallenstein, von Richard Germer, über Werner Finck bis zu Knut Kiesewetter und Jutta Wübbe.

In den 70 Jahren ist die „Wendeltreppe“ oft umgezogen: Die Zusammenkünfte fanden unter anderem im Winterhuder Fährhaus statt, gespielt wurde lange Zeit im Remter an der Neuen Rabenstraße, in Bubes Weinstuben am Großneumarkt, in der Aalstube an der Kanalstraße, im Fleetenkieker an der Börsenbrücke und nun seit einigen Jahren im Parlament.

Ihre sicherlich beste Zeit hatte die „Wendeltreppe“ nach dem Krieg, als man bei Heißgetränk und Muckefuck zusammenhockte. Nach zwölf Jahren Nationalsozialismus waren die Menschen ausgehungert – auch nach geistiger Nahrung. Viele Schauspieler, Dichter und Künstler hatte es nach dem Krieg nach Hamburg verschlagen; die Kabaretts schossen wie Pilze aus dem Boden. Spielstätten konnten mit wenig Aufwand hergerichtet werden, und die ersten Programme waren mit älteren Nummern der Künstler schnell zusammengestellt. Für kurze Zeit war Hamburg eine richtige Kleinkunst-Metropole, obwohl diese Kunstgattung im Norden zuvor nie so recht hatte Wurzeln schlagen können.

Die Zeiten haben sich geändert, doch die „Wendeltreppe“ ist geblieben und immer noch aktiv. An zwei Montagen im Monat laden Muschter, Heise-Batt und Co. ins Parlament. „Die ,Wendeltreppe’ bietet heute bodenständige Freundlichkeit für ein vorwiegend älteres Publikum, das sich in gepflegter Atmosphäre gern an die alten Zeiten erinnert“, hat ein Kritiker einmal formuliert. Nun, mit 70 Jahren kann man es eben etwas ruhiger angehen lassen.