Kreis Segeberg. In den Stoßzeiten sind die Züge oft überfüllt. A7-Baustelle verschärft Problem. Lösung für Pendler und Schüler erst ab 2020 in Sicht

Morgens um 7.50 Uhr in der AKN: Der Triebwagen fährt in den Bahnhof Ulzburg-Süd ein; er ist bereits gut mit Schülern und Pendlern gefüllt. Jetzt kommen noch Dutzende Fahrgäste hinzu, die alle nach Hamburg wollen. An den Türen des fast 30 Jahre alten Triebwagens vom Typ VTA wird es eng – viele Fahrgäste stehen. Seit Beginn der Bauarbeiten auf der Autobahn 7 ist der Ansturm auf die Züge der Linie A 1 noch größer geworden. Viele Berufstätige lassen das Auto stehen und nutzen die Bahn.

„Ich steige täglich in Ulzburg-Süd zu, und bereits ab Quickborn drängen sich die Fahrgäste wie die Hühner im Käfig“, sagt eine Pendlerin. Sie fährt gern mit dem Zug um 7.52 Uhr, weil er bis zum Hamburger Hauptbahnhof durchfährt. Der Nachteil dieses Zuges: Er gehört zur ältesten Generation des AKN-Fuhrparks und ist weder klimatisiert noch barrierefrei. „Man steht im Sommer bei zum Teil schweißtreibenden Temperaturen über eine halbe Stunde eng an eng gedrängt“, ärgert sich die Frau.

Mehr Komfort und Platz bieten die neuen Züge vom Typ Lint 54, doch das Flaggschiff der Kaltenkirchener Eisenbahngesellschaft ist zu groß für die Strecke auf den S-Bahngleisen zum Hauptbahnhof. Die 14 auf dem neusten Stand befindlichen Fahrzeuge des Typs Lint 54 sind seit Dezember 2015 vollständig auf der Linie A 1 im Einsatz, aber auch sie können das enorme Fahrgastaufkommen in den Stoßzeiten nicht auffangen. Die Folge: Viele Pendler sind sauer. „Die Fahrzeiten der AKN sind für viele Autofahrer einfach inakzeptabel“, sagen die Fahrgäste, während der überfüllte Zug Richtung Hamburg rumpelt. Die AKN halte einfach zu oft.

Minister sagte 2014, dass der Takt verdichtet werden müsse

Seit Beginn des Umbaus der Autobahn 7 hat der Ärger noch zugenommen. Denn aktuell könnte die AKN insbesondere für Pendler und Schüler eine echte Alternative zum Straßenverkehr darstellen. Die Straßenarbeiten werden der AKN noch mindestens bis Ende 2018 ein erhöhtes Fahrgastaufkommen bescheren. Steigende Fahrgastzahlen werden ebenfalls durch die hohe Anzahl an Flüchtlingen entlang der Linie A 1 erwartet.

Doch auf diese Herausforderungen kann die AKN nur begrenzt reagieren. Ihr fehlen schlicht weitere Züge. Außerdem kann der Oldtimer von Typ VTA nur begrenzt verlängert werden. Eine Verlängerung der Züge auf drei Wagen ist technisch sogar unmöglich. „Wir haben im Dezember 2015 auf der nachfragestärksten Linie A 1 neue Fahrzeuge in Betrieb genommen und dadurch das Platzangebot erhöht“, betont AKN-Sprecherin Christiane Lage-Kress. „In der Hauptverkehrszeit sind zudem auf all unseren Linien bereits alle unsere Fahrzeuge im Einsatz, sodass wir den Takt nicht erhöhen und auch keine weiteren Fahrzeuge einsetzen könnten.“ Das Eisenbahnunternehmen halte lediglich eine Reserve von einem Lint 54 und einem VTA vor, um auf Ausfälle schnell reagieren zu können.

Dabei sind die Platzprobleme bei der AKN nicht neu: Experten hatten schon vor Jahren einen neuen Fuhrpark angemahnt, doch die Anteilseigner der AKN – die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein – zögerten. Noch 2014 hieß es dann von Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD), dass während der Bauarbeiten an der Autobahn 7 der Takt bei der AKN verdichtet werden müsse. Umgesetzt wurde dieser Plan dann allerdings nicht. Begründung: Gutachten hätten ergeben, dass wegen der Bauarbeiten an der A 7 doch keine relevanten Verlagerungen der Pendlerströme auf die AKN-Strecken zu erwarten seien, weil die AKN einfach zu lange unterwegs sei. „An diesem Sachverhalt hat sich seitdem nichts geändert“, sagte am Mittwoch eine Sprecher des Verkehrsministeriums.

Eine nachhaltige Entlastung der AKN-Strecken ist nun erst ab 2020 in Sicht. Die Landesregierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein planen, die S-Bahn der Linie S 21 bis nach Kaltenkirchen durchfahren zu lassen. Die Züge wären dann auf der bestehenden Trasse der A 1 unterwegs, die technisch aufgerüstet werden müsste. Der AKN ginge ihre Stammstrecke verloren, sie wäre nur noch für die Technik und die Bahnhöfe verantwortlich.

Wenn die S-Bahn fährt, werden die Lints auf den dann verbleibenden AKN-Strecken eingesetzt: von Bad Bramstedt nach Neumünster und von Ulzburg-Süd nach Elmshorn. Offen ist noch, welche Züge in Zukunft zwischen Norderstedt-Mitte und Ulzburg-Süd rollen werden. Für den Zugverkehr ist dort eine städtische Gesellschaft Norderstedts verantwortlich. Die AKN fährt in ihrem Auftrag.

Die AKN befördert jährlich etwa 10,4 Millionen Fahrgäste, Tendenz steigend. Hinsichtlich Pünktlichkeit, Sauberkeit und Zustand der Bahnhöfe schneidet das Unternehmen bei Untersuchungen seit Jahren überdurchschnittlich gut ab.