Jersbek . Genau über dem Dorf beginnt der Standard-Endanflug auf Hamburg. Die Bürger fordern eine andere Verteilung.
Zürich, Brüssel, Paris, London, Varna, Düsseldorf, Prag, Genf, Warschau, Riga: Am Himmel über Jersbek kommt an diesem Abend in 30 Minuten halb Europa vorbei. Wie an einer Perlenschnur reihen sich Airbus 319 und 320 sowie Boeing 737, aber auch Propellermaschinen aus den Metropolen in 900 Meter Höhe zur Landung auf dem Hamburger Flughafen ein.
Zwischen manchen Jets vergehen gerade mal zwei Minuten, gelegentlich sind es auch fünf. „Es gibt Abende, da geht das fast durchgehend von 17 bis 23 Uhr so“, sagt Cornelia Teegen. Ihr Nachbar Markus Jahn ergänzt: „Da ist es unmöglich, auf der Terrasse zu sitzen und sich zu unterhalten.“ Weil sie den Dauerschallpegel nicht länger schweigend ertragen wollen, haben Teegen und Jahn die Arbeitsgruppe Fluglärmschutz Jersbek mitgegründet.
„Wir setzen uns für eine langfristige Lösung für die gesamte Region um den Hamburger Flughafen ein“, sagt Cornelia Teegen, „jeder Bürger hat das gleiche Recht auf Ruhe.“ Es gehe um eine gerechte Verteilung der Belastung. Doch davon kann nach Meinung der Jersbeker Gruppe überhaupt keine Rede sein. Über dem 1800-Einwohner-Ort war es nämlich über Jahrzehnte nicht so laut. „Wir sind mit unserer Familie extra aufs Land gezogen, damit die Kinder in Ruhe aufwachsen können“, sagt Markus Jahn. Doch kaum war das Grundstück gekauft, war’s vorbei mit der Stille am Feldrand.
Der Hamburger Flughafen änderte – auch wegen massiver Bürgerproteste aus dem Bereich Alstertal/Walddörfer – seine Regeln. Für Landungen aus nordöstlicher Richtung wurde der gerade Endanflug ab zehn nautischen Meilen (NM) als Standard gesetzt. Die vorher üblichen kürzeren Anflüge sind seitdem die Ausnahme. Der Zehn-Meilen-Punkt der Landebahn 23 (Langenhorn) liegt genau über Jersbek. Dort kamen im Vorjahr gut 69 Prozent von 44.000 Maschinen in etwa 900 Meter Höhe auf den sogenannten Leitpfad.
Auch Cornelia Teegen war mit ihrem Mann aus Ammersbek aufs Dorf gezogen, um die Natur vor der Haustür genießen zu können. Doch jetzt hört sie viel häufiger als jemals befürchtet Flugzeuge, die ihre Bremsklappen ausfahren oder noch mal Schub geben.
Markus Jahn wundert sich darüber, wie einfach es ist, Flugrouten zu ändern. „Das ist ja so, als ob eine Dorfstraße über Nacht zur Autobahn ausgebaut würde“, sagt er. Doch Jersbek habe eine Flugzeug-Autobahn bekommen, ohne überhaupt gefragt zu werden. Selbst die Landesregierung interessiere sich kaum für das Problem. „Da wurde überhaupt nichts getan“, sagt Jahn, „mehr Unterstützung wäre hilfreich.“kx
Arbeitsgruppe Fluglärmschutz Jersbek, Treffen alle 14 Tage, Kontakt per E-Mail: flsjersbek@yahoo.com