Seedorf. Dietger Bernot (73) hat bei einer Zwangsversteigerung das stattliche Anwesen erworben. Nun wird das historische Gebäude umgebaut.

Wer das Herrenhaus des ehemaligen Gutes Seedorf das erste Mal sieht, der kann Dietger Bernot verstehen: „Ich habe das Haus von außen gesehen und wusste, dass ich das haben muss. Dabei ist es geblieben.“ Der 73-Jährige ist sozusagen der neue Gutsherr von Seedorf etwa 20 Kilometer nordöstlich von Bad Segeberg. Er hat das Herrenhaus mit einigen Nebengebäuden und gut 18.000 Quadratmeter Grundstücksfläche im Frühjahr bei einer Zwangsversteigerung erworben. Als im Gericht nach Geboten gefragt wurde, stand er auf und bot als einziger. Für 527.000 Euro, etwa 70 Prozent des Verkehrswerts, erhielt er den Zuschlag.

Die Vorbesitzer richteten unter anderem Hochzeitsfeiern aus, Tische und Stühle sind noch vorhanden.
Die Vorbesitzer richteten unter anderem Hochzeitsfeiern aus, Tische und Stühle sind noch vorhanden. © Helge Buttkereit

Erst danach konnte er sich seine Neuerwerbung das erste Mal von innen anschauen. „Angeblich war die Dame, die den Schlüssel hatte, vorher nicht zu erreichen“, sagt Bernot. Bereut hat er den Kauf des Herrenhauses aber nicht. Weder beim ersten Blick in die Räumlichkeiten noch heute, nachdem er bereits einige Schritte der Sanierung unternommen hat und vorher etwa 100 Tonnen Müll beseitigen lassen musste. Was reizt ihn am Herrenhaus? „Wenn ich nichts um die Ohren habe, dann fühle ich mich nicht wohl“, nennt er einen Grund.

Erfahrung mit der Sanierung von Gebäuden hat er. Im benachbarten Bosau bewohnt er ein restauriertes Landhaus. „Dort will ich auch wohnen bleiben“, sagt Bernot. Das Herrenhaus ist eine neue Lebensaufgabe für den Rentner. Von einem befreundeten Professor, der sich mit 84 Jahren noch einen Oldtimer angeschafft hatte, hat er sich einen Satz gemerkt: „Soll ich mich hinsetzen und auf den Tod warten?“

Die Historie

Der Herrensitz am Seedorfer See wurde im 15. Jahrhundert begründet, ab 1462 entstanden die ersten Gebäude, Außenwall und Burggraben.

Ab 1480 übernahm die Familie Blome, die 1582 das Torhaus baute und vermutlich 1696 mit dem Bau des Herrenhauses begann.

Sein heutiges Aussehen erhielt es unter den Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt im 19. Jahrhundert.

Ab 1914 waren die Grafen von Westphalen Eigentümer des adeligen Gutes, das Torhaus ging 1929 in den Besitz der Gemeinde über, die dort heute unter anderem standesamtliche Trauungen anbietet.

Bis 1945 war im Herrenhaus eine Reichsarbeitsdienstschule untergebracht, nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zunächst entlassene Zwangsarbeiter und dann Flüchtlingsfamilien untergebracht.

Die Vorbesitzer von Dietger Bernot leiteten von Seedorf aus verschiedene Altenheime, nutzten das Haus als Wohnsitz und veranstalteten Hochzeiten und andere Feierlichkeiten.

Mehr zur Geschichte gibt es im neu gestalteten Museum im Torhaus zu erfahren, das jeden ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr geöffnet ist.

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Auch Bernot will nicht warten, sondern etwas tun. Er sitzt in dem großen repräsentativen Raum im Erdgeschoss. Es ist der Sitz der ehemaligen Herren von Seedorf, an der Seite geht, so heißt es, der Mätressengang in die hinteren Räumlichkeiten. An der Wand steht ein Kamin, über dem ein Bild von einem See hängt, der mit etwas Fantasie auch der Seedorfer See sein könnte. Der See selbst ist durch die hohen Fenster hinter dem massiven Holzschreibtisch zu sehen. Bernot sieht zufrieden aus. Er holt einige Pläne aus der Schublade. „Sehen Sie, so könnte das Nebengebäude ausgebaut werden“, sagt er. Sein Architekt habe die Pläne bereits gezeichnet, auch der Denkmalschutz ist involviert und laut Bernot sehr kooperativ. Künftig könnte im Herrenhaus ein Tagungszentrum entstehen, dessen Räumlichkeiten auch für Feiern genutzt werden. Im Gewölbekeller ist Platz für eine Gastronomie, in den Nebengebäuden könnten laut Bernot Gästewohnungen oder Gästezimmer entstehen.

Bernot lebte früher in Dachgeschosswohnung

 Auch Nebengebäude wie der alte Pferdestall gehören zum Ensemble.
Auch Nebengebäude wie der alte Pferdestall gehören zum Ensemble. © Helge Buttkereit

Lange Jahre war Dietger Bernot für das Auslandsgeschäft des Brandschutzunternehmens Minimax mit Sitz in Bad Oldesloe zuständig. Den Jahresumsatz habe er dabei von 1970 bis 2008 von vier Millionen auf 100 Millionen Euro gesteigert, berichtet er. In seiner Abteilung war er für viele Mitarbeiter verantwortlich, und er verdiente gut. Das Geld legte er an. „Ich habe es nicht zu einer Familie gebracht und preiswert im Dachgeschoss gewohnt“, sagt er.

Mit der Wirtschaftskrise zog er langsam sein Geld wieder aus den Anlagen ab, kaufte sich sein Landhaus in der Gemeinde Bosau, eine Wohnung in Scharbeutz an der Ostsee und nun eben das Herrenhaus direkt am Seedorfer See. „Ich möchte mein Geld in etwas stecken, was ich sehen und beeinflussen und was nicht manipuliert werden kann“, erklärt Bernot.

Herrenhaus könnte Spielstätte des SHMF werden

Zunächst werde er grundlegend sanieren, damit alles in Schuss bleibt. Erst wenn er jemanden gefunden hat, mit dem er ein Konzept für das Haus entwickeln kann, soll es weitergehen.

Einiges ist im Haus noch vorhanden. Im Obergeschoss des Herrenhauses beispielsweise stehen Tische und Stühle bereit, die weiße Tafel in dem einen Saal scheint nur auf neue Gäste zu warten. Bis vor Kurzem konnte hier beispielsweise Hochzeit gefeiert werden. Auch die komplett eingerichtete Gastro-Küche im Gewölbekeller wartet auf ihren nächsten Einsatz.

Dietger Bernot möchte aber nicht mit kleinen Teilen anfangen, sondern er wünscht sich ein Konzept aus einem Guss auch für die Scheune, in der rustikal gefeiert werden kann. Dass er derzeit kein Konzept hat, ist für ihn auch ein Vorteil: „Ich kann in Ruhe schauen und in Ruhe suchen.“ Ziel ist es, dass das Herrenhaus nicht nur wieder im alten Glanz erstrahlt, sondern auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist. So könnte es sich Bernot beispielsweise auch als Spielstätte für das Schleswig-Holstein Musik-Festival vorstellen – der Garten hinter dem Haus direkt am See lädt quasi dazu ein. Solch eine Nutzung wäre indes nur ein Sahnehäubchen, nachdem erfolgreich ein Konzept entwickelt wurde. Für einen potenziellen Betriebsleiter des Herrenhauses hat Bernot ein ganz besonderes Lockmittel: Er könnte in die Wohnung im Erdgeschoss einziehen, die im Zuge der Sanierung entstehen soll.