Norderstedt. Publikum hatte viel Vergnügen beim ersten Dichter-Wettbewerb im Kultur-Zirkus im Stadtpark. Am Ende überzeugte vor allem eine Poetin.

Zum ersten Mal Poetry Slam! Und gleich ein Zirkus Poetry Slam. Denen zuhören, die Spaß an der Jonglage mit Wörtern haben. Poetry Slammer zersägen nicht Frauen, sondern Buchstaben, Wörter, Begriffe. Kleben sie wieder zusammen, und prompt verkehrt sich der Sinn ins Gegenteil, erhält eine ironische Variante.

Viele der Zuhörer im Zelt des ersten Norderstedter Kulturzirkusses waren zum ersten Mal bei einem Poetry Slam. Und hatten einen Mordsspaß! Nicht nur am Zuhören. Je lauter das Klatschen und Pfeifen, desto mehr Punkte für den Slammer, der gerade seine Texte vorgetragen hat. Eine Jury gab’s auch – ebenfalls aus dem Publikum.

Der Zirkus Poetry Slam Direktor des Ganzen war einer der bekanntesten Slammer Norddeutschlands. Björn Högsdal, der für den Kulturzirkus auch Poetry Slam Workshops gab, brachte nicht nur eigene Texte, darunter seinen bildreichen Text vom echten Norden, eine gelungene zeitaktuelle Antwort auf James Krüss’ „Wenn die Möpse Schnäpse trinken“ und leider auch lahme Witze vors Publikum. Er dirigierte die ganze Chose mit strengem Blick. Fünf Slammer und gut 100 Zuhörer folgten Högsdals Kommando.

Schriftstehler ergötzte sich über Zirkusleute
Schriftstehler ergötzte sich über Zirkusleute © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

Klappe, die erste: Nach einer Namensauslosung, die die Rangfolge der Slammer bestimmte, stieg Wehwalt Koslovsky aus Düsseldorf in die Manege und holte sich 36 Punkte. Klappe, die zweite: Stefan Schwarck aus Kiel. „Moin, moin“, grüßte er sein Publikum und schnellsprach mit „Send in the Clowns“ eine Ode an die traurigen Spaßmacher im Zirkus. Er hob auf die aktuelle Politik, Flüchtlinge, WM und EM ab und kam zu der bahnbrechenden Erkenntnis „Es steckt ganz oft noch viel mehr dahinter.“ 41 Punkte.

Klappe, die dritte: Michel Kühn aus Kiel ließ sich über die Geo-Wissenschaften aus: „Gestein ist eine Tragödie in drei Bruchstücken.“ Wortwindungsgewandt erklärte er, wie ein Steinchen bei einer Randale in der Hamburger Schanze das Fliegen auf Polizisten lernt. 43 Punkte.

Klappe, die vierte: Schriftstehler, der Mann mit Mütze, am Hamburger Rand eine schöne Kindheit hatte und sich darüber ergötzte, dass Zirkusleute ständig lächeln und Hupala sagen. 40 Punkte.

Klappe, die fünfte: Khaaro. Sie verhaspelte sich vor Aufregung zwar öfter, brachte aber ausgefeilte Texte mit Sinn und Hintersinn. Ihr „Boy meets Girl“, in dem sie die antiquierten Geschlechterrollen umdrehte und neu ordnete, war der Knüller des Zirkus Slams und brachte ihr nach dem zweiten Durchgang mit insgesamt 91 Punkten nicht nur den Sieg, sondern im Stechen mit Michel Kühn die Zirkus Poetry Slam Krone ein.