Norderstedt. Die Filialgeschäftsführerin von Karstadt in Norderstedt sieht das Warenhaus auf einem guten Weg. Die Umsätze wachsen zweistellig.

Seit gut einem Jahr leitet sie Karstadt in Norderstedt, und das mit Erfolg: Manuela Kohrt zeichnet verantwortlich für steigende Umsatzzahlen, und die 42-Jährige will die Filiale, wesentlicher Baustein des Einkaufsstandortes Herold-Center, weiter fit machen für die Zukunft. Das Abendblatt hat mit der Karstadt-Filialgeschäftsführerin gesprochen.

Wie gefällt es Ihnen in Norderstedt?

Manuela Kohrt: Norderstedt ist ein toller Standort mit vielen treuen Kunden und einem tollen Team. Ich freue mich, wieder im Norden zu sein. Ich bin in Bad Doberan geboren und nach meiner Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel bei Karstadt in unterschiedlichen Positionen für das Unternehmen in Deutschland unterwegs gewesen. Besonders schön für meinen Einstieg war natürlich, dass ich ein Haus übernehmen konnte, das gerade komplett modernisiert worden war, und wir hier das unternehmensweite Sanierungsprogramm entsprechend schnell und effektiv angehen konnten. In die Filiale wurde 2013 kräftig investiert. Sie ist gut aufgestellt für die Zukunft.

Wo sehen Sie die wesentlichen Vorzüge nach dem Umbau?

Kohrt:Wir haben unser gesamtes Angebot jetzt übersichtlich im Erdgeschoss konzentriert und stärker lokal ausgerichtet. Durch die breiten Gänge, die klare Gliederung und viel Licht schaffen wir eine freundliche Einkaufsatmosphäre. Wir bekommen immer wieder von unseren Kunden bestätigt, dass das Einkaufen jetzt mehr Spaß macht. Mit 7900 Quadratmetern Verkaufsfläche zählt Norderstedt eher zu den kleinen Karstadt-Häusern. Da muss man sich schon sehr genau überlegen, was man anbietet. Wir haben unsere Kunden befragt und unser Sortiment daraufhin überprüft, einiges aussortiert, anderes hinzugenommen.

Was zum Beispiel?

Kohrt: Nachdem Saturn oben eingezogen ist, haben wir festgestellt, dass andere Sortimente für uns mehr Sinn machen als Elektrogeräte. Dennoch können die Kunden diese Artikel natürlich online bei uns bestellen, entweder von zu Hause aus oder hier. Gerade Berufstätige lassen sich die Geräte gern hierher liefern, weil sie zu Hause nur schwer anzutreffen sind. Sie holen die Ware ab, wenn sie ohnehin im Herold-Center sind. Stattdessen haben wir den Mal- und Zeichenbedarf ausgebaut, weil es offenbar viele Hobbykünstler gibt, die gefragt haben, ob wir das Angebot erweitern können. Auch Schulkinder brauchten mehr Auswahl. Mit dem Lukas-Malstudio haben wir einen renommierten Anbieter ins Haus geholt. Das wird sehr gut angenommen.

Was brauchen die Norderstedter noch?

Kohrt: Bettwaren sind gefragt, Kissen und Bettdecken, auch da haben wir nachgebessert. Und unsere Konfektion durch neue Marken wie Jack & Jones, Campione und Lee für die Herren und Bonita für die Damen ergänzt.

Junge Leute zählten bisher eher nicht zu den Karstadt-Kunden . . .

Kohrt: Das hängt ganz von der Filiale ab. Lokalität ist ja gerade die Stärke von Karstadt. Die Filiale an der Mönckebergstraße hat beispielsweise deutlich jüngere Kunden als wir. Nach wie vor sind die meisten unserer Kunden 45 und älter, und diese Kundengruppe ist besonders wichtig. Viele sind Stammkunden, deren Zahl wächst kontinuierlich, was sich an den Kundenkarten ablesen lässt. 27.000 haben wir vergeben. Ohnehin gewinnen wir nach dem Umbau Schritt für Schritt Kunden zurück und neue hinzu. Immer wieder höre ich, dass man ja gar nicht mehr ins AEZ fahren müsse, weil man im Herold-Center ja alles bekomme. Auch immer mehr junge Familien mit Kindern kaufen bei uns ein.

Die erste neue Filiale seit 30 Jahren

Das Insolvenzverfahren gegen Karstadt wurde im September 2009 eröffnet.

Doch schon sechs Jahre vorher hatte das Traditionsunternehmen, das 1881 seine erste Filiale in Wismar eröffnete, einen Sanierungsplan verabschiedet.

Der Grund: Seit den 90er-Jahren brachen die Umsätze in der Warenhausbranche massiv ein.

Mit der Insolvenz wurden viele Filialen geschlossen, aktuell betreibt das Unternehmen 79 Standorte mit 14.000 Mitarbeitern.

Fünf weitere Standorte sollen dieses Jahr geschlossen werden.

Doch damit scheint der Schrumpfkurs beendet, der Konzern will in Berlin erstmals seit 30 Jahren wieder eine Filiale eröffnen.

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Wie wirkt sich der Online-Handel aus?

Kohrt: Bei uns schlägt das bisher kaum durch, denn viele suchen eine kompetente Beratung, wollen sehen und anprobieren, was sie kaufen. Und da liegt eine unserer Stärken. Außerdem sind wir ja auch selber online unterwegs und verknüpfen unser Angebot hier in der Filiale mit Karstadt.de, unser Online-Handel hat im letzten Halbjahr erstmals schwarze Zahlen geschrieben. Das können nicht viele Online-Händler von sich behaupten.

Dennoch hört man immer wieder: Da sind überhaupt keine Verkäufer zu sehen. Hat die Filiale während der Sanierung Personal abgebaut?

Kohrt: Bis auf eine Stelle ist die Zahl der Mitarbeiter gleich geblieben, jetzt sind es 61. Allerdings haben wir die Arbeit neu organisiert und unsere Mitarbeiter spezialisiert, sodass mehr Zeit für die Kunden bleibt. Zudem haben wir die Hierarchie verschlankt. Ich bin als Filialgeschäftsführerin jetzt zum Beispiel auch für alle Modeabteilungen verantwortlich und stehe im direkten Kundenkontakt.

Was heißt Neuorganisation und Spezialisierung konkret?

Kohrt: Wir haben Teams gebildet: Früher machte jeder alles, heute haben wir Experten für Kundenberatung, Kasse und Warenservice. Die Verkäufer können sich ausschließlich auf die Beratung konzentrieren und haben mehr Zeit für die Kunden, weil Nebentätigkeiten wegfallen. Das Waren-Service-Team sorgt dafür, dass die Ware ansprechend im Geschäft aufgebaut ist. Die Kasse haben wir zentralisiert, es gibt jetzt einen Kassenblock mit mehreren Plätzen, sodass die Kunden nicht mehr mit jedem Artikel zur Kasse laufen müssen. Stattdessen können sie ihre Einkäufe in Körbe und Taschen packen und alles an der Zentralkasse bezahlen.

Welche Vorteile bietet das neue Modell für die Mitarbeiter?

Kohrt: Jeder arbeitet dort, wo er oder sie sich am besten aufgehoben fühlt, was wiederum positiv auf die Motivation wirkt. Im Waren-Service-Team beschäftigen wir viele junge Mütter, die es zu schätzen wissen, dass sie am frühen Nachmittag zu Hause sein und sich um die Kinder kümmern können.

Wie beurteilen Sie die Situation von Karstadt in Norderstedt jetzt, sechs Jahre nach der Unternehmens-Pleite?

Kohrt: Wir sind auf einem guten Weg. Der Konzern hat im abgelaufen Geschäftsjahr erstmals wieder Geld über die Ladenkasse verdient. Auch wir haben hier in Norderstedt die erste Sanierungsphase erfolgreich gemeistert, an vielen kleinen Stellschrauben gedreht und machen eine tolle Entwicklung. Der Umsatz wächst zweistellig. Das ist eine tolle Leistung aller Mitarbeiter hier. Ich bin wirklich stolz auf mein Team.