Henstedt-Ulzburg. Der erst 22-jährige Joey Clausen hat die Diskothek in Henstedt-Ulzburg gekauft. Er will das Programm des Clubs erweitern.
Die Entscheidung fiel am Küchentisch beim Spargelessen. Seine Eltern hatten keine Bedenken, auch die Oma stimmte zu. Damit stand für Joey Clausen fest: Okay, ich mache das – trotz aller Risiken. Kurz darauf unterschrieb er den Kaufvertrag für die Diskothek Joy in Henstedt-Ulzburg. Sein Erspartes hatte er in das Projekt investiert und Kredite aufgenommen. Seitdem ist er mit gerade mal 22 Jahren Chef.
Ein ungewöhnlich junger Mann, der für das Geschäft mit Partys und jungen Leuten zwei wichtige Voraussetzungen mitbringt: Er hat Mut und kennt – trotz seines Alters – bereits die Branche. „Das ist ein Glücksfall“, sagt der neue Disco-Chef über das Joy. Doch erst einmal muss er sich auf eine lange finanzielle Durststrecke einstellen.
„Eine Nacht vor der Entscheidung habe ich sehr schlecht geschlafen“, sagt Clausen. „Doch dann habe ich mich gefragt: Wann, wenn nicht jetzt?“ Sein Vater, ebenfalls ein selbstständiger Geschäftsmann wie der Großvater, habe auch noch einmal nachgelegt und bestärkte seinen Sohn: „Das kriegst du allein hin!“ Dann folgte die Unterschrift. Joey übernahm das Joy.
Die Freunde der Diskothek am Kirchweg dürfte die Nachricht gleich doppelt freuen: Sie können auch künftig in Henstedt-Ulzburg feiern gehen. Clausens Gäste sind in der Regel zwischen 16 und 25 Jahre alt und damit in etwa im Alter des neues Chefs. Und sie können hoffen, dass Clausen ins Joy investieren wird, wenn er die Durststrecke hinter sich hat. Im Sommer kommen deutlich weniger Gäste als im Winter, das Programm der Disco wird heruntergefahren. Erst wenn die Tanzfläche wieder voll ist, stimmen auch die Finanzen.
Dafür müssen im Durchschnitt 250 Gäste pro Veranstaltung kommen, maximal finden 600 Platz im Joy. Dass Clausen durchhält, hoffen auch seine Mitarbeiter. Drei Azubis, eine Praktikantin und 30 geringfügig Beschäftigte gehören zu dem Team. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einzustellen, gebe das Joy derzeit nicht her, sagt der neue Chef.
Clausen ist im Hamburger Stadtteil Lemsahl aufgewachsen und spürte schon als Jugendlicher das Partygen in sich. Er organisierte Feste in der Schule. Nach dem Abitur reiste er nach Australien und bewarb sich von dort aus als Veranstaltungskaufmann bei der Diskothek Ebert’s in Schenefeld. „Ich will ins Ebert’s!“, stand auf dem handgemalten Plakat, mit dem sich Clausen vor der Ayers Rock fotografierte. Das Bild postete er auf die Facebook-Seite der Schenefelder Disco, bekam den Job und erlebte schnell die zuweilen harten Bräuche der Branche.
Vor der Ausbildung musste Clausen ein zehnmonatiges Praktikum absolvieren, in der Probezeit erhielt er die Kündigung. „Es gab einen neuen Besitzer“, erzählt er. „Der wollte keine Azubis.“ Clausen gelang der Wechsel zur Disco Fundbüro im Hamburger Schanzenviertel, dort stieg er selbst wieder aus: „Das war nicht meine Szene.“
Clausen wollte ins Joy. In einer Oktobernacht des Jahres 2013 lud ihn Geschäftsführer Erik David zu einem Bewerbungsgespräch ein – für 2 Uhr morgens. Die Ansage war klar: „Das wird hart hier und ist nicht toll bezahlt. Aber danach kannst du einen solchen Laden führen.“ Clausen willigte ein, absolvierte als Praktikant einen Monat Dauerstress und konnte dann seine Ausbildung fortsetzen.
Seitdem kennt er das Team, dessen Chef er jetzt ist. Und er kennt seitdem die Imageprobleme des Joy. Schlägerbanden waren regelmäßig auf den Parkplätzen rund um die Diskothek unterwegs und prügelten ohne erkennbaren Grund junge Männer krankenhausreif. Immer wieder waren die Zwischenfälle in den Medien präsent. Polizei und Sicherheitsdienst schienen machtlos zu sein. Besucher und Eltern waren entsetzt. Für weiteren Imageschaden sorgte Geschäftsführer David mit einer desaströsen Öffentlichkeitsarbeit, die zuweilen den Eindruck erweckte, ihn gingen die Schlägerattacken vor der Tür seiner Diskothek nichts an.
Auch Clausen weiß: „Der Name Joy klingt bei vielen Menschen negativ. Alle sagen: Da war doch mal was.“ Das Image ist ramponiert. Dass größere Zwischenfälle seit dem Sommer 2015 ausgeblieben sind, ändert daran nur wenig.
Er sei sehr zufrieden mit dem Sicherheitsdienst, sagt Clausen. Die komplette Disco wird per Video überwacht. Alle drei Monate trifft er sich mit der Polizei, um über die Sicherheit zu sprechen. Außerdem gelten die Auflagen des Ordnungsamts, das einmal pro Monat das Programm sehen will und Flatratepartys untersagt. „Ich befürworte das“, sagt der 22 Jahre alte Chef.
Dass er den guten Namen des Joy wieder herstellen kann, glaubt auch Clausen nicht. Langfristig will er investieren und umbauen. Das Joy, das danach einen anderen Namen erhalten soll, wird nicht nur Disco fürs Wochenende sein. „In der Woche kann ich mit viele Veranstaltungen vorstellen“, sagt Clausen. „Comedy-Abend, Nachtflohmärkte – die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt.“
Doch erst einmal muss er im Sommer die finanzielle Durststrecke überwinden und begnügt sich mit kleinen Investitionen: Draußen entsteht eine kleine Lounge für die Freunde von Cocktails und Sishas.