Norderstedt. Die Produktionsschule von Job-Center und Jugendämtern macht 39 junge Leute ohne Ausbildung fit für das Arbeitsleben.
Sie hatten keine Lust auf Schule, wurden gemobbt oder waren zu leistungsschwach und haben die Schulzeit ohne Abschluss beendet. Andere haben zwar ein Abschlusszeugnis, wussten aber nicht, was sie weiter machen sollen. Nun gibt es ein neues Auffangbecken für Schulabbrecher und Ausbildungsverweigerer: Die Produktionsschule macht Jugendliche ohne Perspektive fit fürs Arbeitsleben. 39 junge Männer und Frauen zwischen 15 und 24 bereiten sich in Norderstedt, Bad Segeberg und Kaltenkirchen auf den Einstieg in die Arbeitswelt vor.
„Ich bin jetzt wieder motiviert und habe Lust zum Arbeiten“, sagt Latifah Abdou. Das war lange anders, die 16-Jährige konnte sich einfach nicht aufraffen, in die Schule zu gehen. Christoph Glombitza hat irgendwann abgeschaltet: „Ich hatte schon in der Grundschule Lernschwierigkeiten und Probleme, mit anderen klarzukommen“, sagte der 21 Jahre alte Henstedt-Ulzburger. Die beiden stehen für eine Gruppe, die lange durchs Bildungsraster gefallen ist. Vor gut zehn Jahren verließ jeder zehnte Schleswig-Holsteiner die Schule ohne Abschluss, 2014 waren es noch 7,6 Prozent.
„Die Ursachen sind vielfältig, sie reichen von Straffälligkeit und Sucht über Schulmüdigkeit bis zur Trennung der Eltern“, sagt Volker Harms, der beim Job-Center im Kreis Segeberg zuständig ist für Männer und Frauen unter 25. Das Job-Center und die Jugendämter finanzieren die Produktionsschule, die gut 300.000 Euro im Jahr kostet.
Die Teilnehmer arbeiten und lernen an den drei Standorten mit unterschiedlichen Schwerpunkten: In Bad Segeberg stehen handwerkliche Fähigkeiten im Vordergrund, in Kaltenkirchen geht es um kreatives Werkeln, besondere Fliesen- und Holzarbeiten. In Norderstedt schneiden, braten und kochen die Jugendlichen in der Küche der städtischen Norderstedter Bildungsgesellschaft, andere bringen in den Räumen des ehemaligen Gesundheitszentrums an der Bahnhofstraße Computer auf den aktuellen Stand. „Unser Service richtet sich an Menschen mit wenig Geld, die noch alte PCs haben“, sagt Jakob Heinemann, Ausbilder in der Computer-Werkstatt. Dort bekommen die jungen Leute nicht nur fachliche Kenntnisse, sie lernen auch, was im Beruf wichtig ist: Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Teamarbeit. „Wenn jemand nicht aufstehen will, können da auch sieben Wecker klingeln“, sagt Ausbilder Heinemann. Er setzt weniger auf Autorität als vielmehr auf den Druck der Gruppe. Wenn aus dem Team Kritik an Unpünktlichkeit kommt, wirke das vielmehr. Notfalls klingeln auch die Sozialpädagogen, um Jugendliche persönlich abzuholen. Um 8 Uhr frühstücken die Computer-Bastler, planen den Tag und legen fest, wer schraubt, Büroarbeit erledigt und Ordnung in Regale und Schubladen bringt.
Die Arbeit ist kein bloßes Einüben beruflicher Praxis, die Jugendlichen müssen sich auf dem realen Markt behaupten. „Wir wollen mit den Projekten auch Geld verdienen und den jungen Leuten vermitteln, dass sie gebraucht werden“, sagt Jochen Renk, Vorsitzender des Wirtschaftsbeirates, in dem die Kammern, Gewerkschafter, Wirtschaftsförderer und Arbeitgeber vertreten sind. Renk denkt an Produkte, die in kleinen Serien auf den Markt gebracht werden: Gartenmöbel und Nistkästen, leckere selbst gemachte Marmelade, Senf- und Relishsoßen und eben Computer-Service – damit wollen die jungen Leute Einnahmen erzielen. Einige, so bilanziert Projektleiter Harms, haben es schon in den ersten Arbeitsmarkt geschafft.