Kaltenkirchen/Henstedt-Ulzburg. Kisdorferin wollte ihre renovierte Wohnung für eine Flüchtlingsfamilie anbieten – der Stadtverwaltung ist aber die Miete zu hoch.

Koffer und Taschen hat Anke Jaeppelt schon für Flüchtlinge gespendet. In ihrer Heimatgemeinde Kisdorf radelt ein Syrer mit einem Fahrrad umher, das die Familie der 63-Jährigen verschenkt hat. Jetzt wollte die kaufmännische Angestellte eine Wohnung in Kaltenkirchen an eine Flüchlingsfamilie vermieten. Drei renovierte Zimmer in zentraler, aber ruhiger Lage inklusive Duschbad, neuer Waschmaschine und Geschirrspüler für 610 Euro kalt, doch die Kaltenkirchener Stadtverwaltung lehnte ab. Maximal 483 Euro werde man zahlen, hieß es aus dem Rathaus. Das ist Anke Jaeppelt zu wenig: „Ich will mich nicht bereichern, aber ich will einen fairen Preis.“

Sie hatte zuvor lange überlegt, ob sie der Stadt dieses Angebot machen wird. Ein andere Wohnung, in der Migranten gelebt hatten, musste vor der Neuvermietung komplett renoviert werden. Anke Jappelt: „Da war alles versaut.“ Doch als sie hörte, dass die Stadt Kaltenkirchen Wohnungen für Flüchtlinge sucht, rief sie im Rathaus an und legte ihr Angebot vor. „Eigentlich war die Frau am Telefon begeistert“, sagt Jaeppelt. Doch der Preis habe nicht den Vorgaben entsprochen.

Sie werden streng ausgelegt, weil sich die Stadt die Kosten für die Unterbringung zu 70 Prozent vom Land und zu 30 Prozent vom Kreis Segeberg erstatten lässt und dabei feste Sätze beachten muss, wenn sie nicht draufzahlen will. So kamen im Fall der Wohnung von Anke Jaeppelt 483 Euro für die Unterbringung von drei Flüchtlingen zustande.

Verstehen kann die Kisdorferin die Entscheidung trotzdem nicht. „Man darf ja nicht nur die Miete bedenken“, sagt sie. „Herd, Kühlschrank, Waschmaschine – alles ist da.“ Nach der Absage der Stadt hat sie schnell andere Mieter gefunden. Ein junges Paar aus Bad Bramstedt wird demnächst in die Wohnung einziehen. Beide haben einen Migrationshintergrund. „Sie sind wirklich reizend“, sagt Anke Jappelt.

Karl-Michael Schröder, Sprecher der Kaltenkirchener Stadtverwaltung, rechtfertigt das Vorgehen. Nur in begründeten Ausnahmefällen werde die Stadt über die festgelegten Grenzen hinausgehen, die für eine Person bei einer Kaltmiete inklusive Nebenkosten bei 341,64 Euro und für fünf Personen bei 561,45 Euro liegen. Die Stadt suche weiterhin Wohnungen für Flüchtlinge. Schröder geht jedoch davon aus, dass sich die Situation in der Stadt weiter entspannen wird. Kaltenkirchen baut an der Straße im Grunde ein Containerdorf auf, das Platz für mehr als 400 Menschen bieten soll.

In Henstedt-Ulzburg gibt es kein Containerdorf – und es wird auch keines geben. Die zurzeit 282 Flüchtlinge leben in Häusern, die von der Gemeinde aufgekauft wurden. Darunter befinden sich ein ehemaliges Altenheim, eine ehemalige Gaststätte und eine ehemalige Arztpraxis. Aber auch in vielen angemieteten Wohnungen und Reihenhäusern sind sie untergebracht.

Die Gemeinde sondiert nach Angaben von Pressesprecher Malte Pohlmann permanent den Wohnungsmarkt in Henstedt-Ulzburg, bekommt aber auch von Seiten der Bürger Wohnraum zur Unterbringung von Flüchtlingen angeboten und prüft dann, ob dieser für eine Anmietung durch die Gemeinde infrage kommt.

So wurden im vom Abriss bedrohten Häuserbestand am Beckersbergring gleich 25 Reihenhäuser angemietet. Das geht auf eine Vereinbarung mit dem Eigentümer, der Soka-Bau, zurück. Danach kann die Gemeinde bis zum Jahre 2020 frei werdende Wohneinheiten anmieten, um eine verlässliche und langfristige Perspektive zur Unterbringung von Flüchtlingen zu haben. Dadurch ist aber auch eine Kettenreaktion in Gang gesetzt. Nach Auskunft eines Bewohners hat der angekündigte Abriss der Häuser und der stetige Zuzug von Flüchtlingen viele Bewohner bewogen, die Mietverträge zu kündigen. Wie berichtet, will Soka-Bau nach dem Abriss an gleicher Stelle neue Reihenhäuser und Geschosswohnungen errichten. 2016 sollen nach der aktuellen Prognose noch einmal 450 Flüchtlinge nach Henstedt-Ulzburg kommen.

Die Unterbringung der Flüchtlinge (Mieten, Betriebskosten, Hausmeisterstellen für Flüchtlingsunterkünfte) werden komplett vom Land übernommen. Es bleiben für die Gemeinde die Kosten für die Arbeit des Baubetriebshofes (Pflege der Außenanlagen, Winterdienst) sowie die Kosten für die Mehrbelastung der Verwaltungsmitarbeiter, inklusive der Neuschaffung von Stellen zur Bewältigung der hinzukommenden Aufgaben. Insgesamt sieht die Rechnung so aus: Die Einrichtung der Unterkünfte weist Einnahmen (Zuschüsse des Kreises) von 187.100 Euro und Ausgaben von 249.300 Euro aus.