Norderstedt . Im Sozialausschuss fand sich keine Mehrheit für den vom Seniorenbeirat eingebrachten Antrag auf Einführung des Tickets.
Ein HVV-Sozialticket für Bedürftige wird es in Norderstedt nicht geben. Im Sozialausschuss fand sich keine Mehrheit für den vom Seniorenbeirat eingebrachten Antrag auf Einführung des Tickets.
Während die Vertreter von CDU, FDP und Wir in Norderstedt (WiN) gegen das Ticket stimmten, enthielten sich die Vertreter von SPD und Grünen. Lediglich Olaf Harning von der Linken stimmte für die Einführung. Und ist nun enttäuscht: „Der Ausschuss hat eine gute Gelegenheit verpasst, die Situation von Transfergeldempfängern zu verbessern.“ Norderstedt nehme gerne für sich in Anspruch, eine Idee voraus zu sein, so Harning. „Doch hier sind wir definitiv einen Gedanken zurück.“
Seit Monaten wird über die Einführung des Tickets in dem Gremium diskutiert. Hans Jeenicke und Angelika Kahlert vom Seniorenbeirat hatten ihren Antrag im Juni eingebracht. Hartz-IV-Empfänger und Erwerbsunfähigen sollen beim Kauf von HVV-Zeitkarten von der Stadt Norderstedt pauschal einen Zuschuss von 20 Euro gewährt bekommen. „Wir wollten die Mobilität der Betroffenen erhöhen, ihnen die Chance geben, sich mehr am Leben in der Metropolregion zu beteiligen“, sagt Jeenicke. Außerdem, so die volkswirtschaftliche Rechnung des Seniorenbeirates, würde sich durch ein Sozialticket die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Arbeitssuchende einen Job finden. Denn wer im Hartz-IV-Regelbedarf lediglich 25 Euro für Mobilität zur Verfügung hat, für den seien Zeitkarten für etwa 60 Euro viel zu teuer. Jeenicke: „Da können 20 Euro entscheidend sein.“
Doch im Ausschuss setzte sich nach Prüfung und Anhörung eines Vertreters der Jobagentur schnell eine ganz andere Einschätzung durch. „Der Herr berichtete uns, dass die Jobagentur die Kosten für die Fahrten zum Arbeitsplatz übernimmt“, sagt Stadtvertreterin Doris Vorpahl von der CDU. „Wenn wir 20 Euro für das Sozialticket drauf legen, ist das also eine Doppelfinanzierung.“ Und so unschön das für den einzelnen Bedürftigen in der Stadt sei, so könne die Stadt eben nicht alle sozialen Härten abfedern. Vorpahl: „Wir sind eine Solidargemeinschaft. Aber wir sind als Kommunalpolitiker auch dem Steuerzahler verpflichtet. Wir müssen sorgfältig mit öffentlichen Geldern umgehen.“
5123 Berechtigte für das Ticket und über 1,2 Million Euro jährliche Kosten
Dem Ausschuss wurden Zahlen vorgelegt, wie viel Geld die pauschale Einführung des Tickets für alle Anspruchsberechtigten des Norderstedter Sozialpasses kosten würde. Laut der Stadt gibt es derzeit 5123 Berechtigte. 1016 davon haben einen Sozialpass. Für sie würde der Ticket-Zuschuss 243.840 Euro im Jahr kosten (240 pro Kopf und Jahr). Wenn aber 80 Prozent der Berechtigten das Ticket bei der Stadt abrufen würden, dann würden Kosten in Höhe von 983.616 Euro auf die Stadt zukommen. „Das ist zu viel Geld, als Kommune können wir das nicht bezahlen. Wie sollen wir das dem Bürger vermitteln?“, sagt Vorpahl.
Für Olaf Harning sind das nur die üblichen Plattitüden über Hartz-IV-Empfänger. „Nach dem Motto: Was sollen wir denen denn noch alles bezahlen?“, sagt Harning. Er verweist darauf, dass die gleiche Regelung in Hamburg 2008 von Schwarz-Grün eingeführt und seitdem erfolgreich praktiziert werde. Für Harning gehe es nicht nur um die Fahrten zum Job. „Sogar der Vertreter des Jobcenters erklärte im Ausschuss, dass das Budget des Hartz-IV-Satzes für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht ausreichend ist.“ Dem Seniorenbeirat dankt Har-ning für den Vorstoß und verspricht: „Wir bleiben an dem Thema dran!“
Hans Jeenicke hätte sich gewünscht, dass das Ticket für einen begrenzten Kreis an Menschen möglich gemacht worden wäre. „Da sind zum Beispiel Zwangsverrentete, die von der Grundsicherung leben. Wenn die sich auf einen Mini-Job bewerben, um ihr Budget ein wenig aufzubessern, dann werden ihnen die Kosten für das Ticket nicht erstattet“, sagt Jeenicke.
Gegen eine Art Härtefallregelung hat auch Doris Vorpahl von der CDU grundsätzlich nichts einzuwenden. „Man muss sehen, wie man solchen Leuten mit einem Zuschuss helfen kann. Aber der jetzt vorliegende Antrag war viel zu pauschal – und deswegen ist er durchgefallen.“