Norderstedt. Vom 11. bis 14. Juni findet auf dem HSV-Gelände in Norderstedt die schwul-lesbische Fußball-EM statt. 400 Sportler werden erwartet.
Alexander von Beyme hat die Lacher sofort auf seiner Seite. „Wir sind wie die FIFA, nur nicht so durchorganisiert, wir sind ja nur Hobbyfußballer. Und ohne Sepp Blatter.“ Dafür mit Thomas Hitzlsperger, denn der frühere deutsche Nationalspieler und bekennende Homosexuelle ist Ehrengast bei der schwul-lesbischen Fußball-Europameisterschaft, die vom 11. bis 14. Juni in Norderstedt – hier wird am Freitag und Sonnabend auf dem HSV-Gelände gespielt – und Hamburg – dort wird gefeiert und übernachtet – stattfindet.
Als internationaler Dachverband ist die IGLFA (International Gay & Lesbian Football Association) Veranstalter, Ausrichter ist der Hamburger Sportverein Startschuss, für den Alexander von Beyme die Organisation leitet. „Die Bedeutung wird nicht so sehr auf dem sportlichen Aspekt liegen, sondern auf dem gesellschaftlichen Signal“, sagt er. Denn: „Wir werden 400 homosexuelle Sportler auf den Plätzen haben, stellen so eine Sichtbarkeit her.“
Auch Teams aus Russland und Serbien nehmen an der EM teil
Seitdem bekannt wurde, dass das Turnier für Vereinsmannschaften aus ganz Europa – separate Nationalteams gibt es (noch) nicht – im Großraum Hamburg ausgetragen wird, hat es einen Run gegeben auf die Startplätze. „Viele der Teilnehmer sind alte Bekannte, die teils schon seit Jahrzehnten Freundschaftsturniere organisieren“, so von Beyme. „Gerade in England ist der schwule Fußball zudem sehr gut vernetzt mit einem eigenen Ligabetrieb.“
Deutsche Truppen haben Namen wie Ballboys Hamburg – sie gehören zu Startschuss –, Cream Team Cologne, Vorspiel Berlin oder Leinebagger Hannover, auch der bekannte SC Sternschanze ist dabei. Stolz ist man allerdings speziell über die internationale Resonanz. Die Dublin Devils aus Irland, Titelverteidiger Village Manchester (England), die Panamboyz aus Paris, die London Titans, die GFC Friends aus Prag kommen nach Norderstedt. Bei den Herren wird je nach Leistungsniveau in drei Divisionen gekickt, dazu gibt es einen eigenen Frauenwettbewerb, insgesamt stehen auf der traditionsreichen Paul-Hauenschild-Anlage acht Rasenplätze zur Verfügung.
Weitaus komplizierter, aber letztlich erfolgreich waren die Bemühungen, Sportler aus Nationen einzuladen, wo Homosexualität gesellschaftlich nicht akzeptiert ist. So wie in Russland oder Serbien – lesbische oder schwule Sportler müssen dort im Falle eines Outings um ihre Sicherheit fürchten, das hat Alexander von Beyme oft erzählt bekommen. Deswegen ist es eben nicht so einfach, einen Kontakt zum FC Krylya oder zu den Moscow Minders herzustellen.
„Es gibt ein Outreach-Programm für 4500 Euro. Wir haben vier Mannschafte aus Russland und Serbien eingeladen, sie bekommen Flüge und Unterkünfte von der Werder-Bremen-Stiftung bezahlt und von unserem Hauptsponsor Google“, so von Beyme. „Gerade Russland ist sehr schwierig, da Homosexuelle dort um ihr Leben fürchten müssen. Dort öffentlich Vereine zu organisieren, ist gefährlich.“ Was in Deutschland Normalität ist, also profane Internetauftritte und aktive Facebookseiten, kann in Russland Repressalien nach sich ziehen.
Die Europameisterschaft soll auch deswegen vor allem Weltoffenheit demonstrieren. Um das Turnier aufzuwerten, hat Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz die Schirmherrschaft übernommen, der Deutsche Fußball-Bund ist mit im Boot, der HSV stellt sein Gelände zur Verfügung, Werder Bremen hilft über seine Stiftung, und der FC St. Pauli ist im Ballsaal der Haupttribüne im Millerntorstadion am Sonnabend, 13. Juni, ab 22 Uhr Gastgeber der Siegerehrung.
Die Organisatoren kalkulieren mit einem Etat von rund 50.000 Euro
Damit sich der kleine Verein Startschuss (675 Mitglieder) finanziell nicht überhebt, wird vorsichtig kalkuliert. „Der HSV stellt uns seine Anlage zu günstigen Konditionen zur Verfügung. Man kann das reine Turnier auch allein von der Teilnehmerbeiträgen veranstalten“, so Alexander von Beyme. Zuzüglich der Werbepartner beläuft sich der Etat auf rund 50.000 Euro. Innerhalb der Community gibt es übrigens nicht nur Befürworter von Großveranstaltungen wie der Europameisterschaft. „Es gibt Stimmen, die sagen, dass man das Gegenteil erreicht, wenn wir uns separieren“, sagt Björn Augsten, Vorsitzender von Startschuss. „Andere sagen, es ist eine Überbetonung. Aber wir freuen uns, dass das Turnier zum Anlass genommen wird, über Homosexualität im Fußball zu reden.“
Spielpläne und Infos zu den Teams sowie der EM: www.euro2015hamburg.com