Norderstedt. Der Norderstedter Physiotherapeut Thomas Rörick engagiert sich seit Jahren für Schulprojekte in und um Kathmandu.

Wenn Thomas Rörick, 55, jetzt die Schreckensbilder aus Nepal im Fernsehen sieht, dann ist für ihn das Leid nicht namenlos. Der erfolgreiche Physiotherapeut aus Norderstedt hat viele Freunde und Bekannte im kleinen Land auf dem Dach der Welt. Und von vielen weiß er immer noch nicht, ob sie und ihre Familien das Unglück überlebt haben. „Ich habe allein vier Patenkinder im Alter zwischen neun und 17 Jahren dort. und nur von einem Kind weiß ich sicher, dass es ihm gut geht“, sagt Rörick. „Es ist ein verheerendes Beben gewesen. Schrecklich.“

Es ist gerade erst ein paar Wochen her, da hat Thomas Rörick die nepalesischen Freunde besucht – so wie jedes Jahr. „Immer zu Ostern fliegen wir nach Nepal und schauen bei unseren Projekten nach dem Rechten“, sagt Rörick. Seit 2006 engagiert sich der Norderstedter im Verein Freundeskreis Nepal mit Sitz in Münster. In Naikap, einem Stadtteil von Kathmandu, und in Karthali, einem kleinen Bergdorf am Fuße des Himalaya, hilft der Verein beim Aufbau und Betrieb von Schulen. In Naikap ist das die Bright Future School für etwa 1200 Schüler und im Bergdörfchen Karthali die Rastrya School. Außerdem leisten die Ärzte des Vereins medizinische Hilfe. Während der Besuche in Nepal wurden in den Sprechstunden Hunderte von Patienten behandelt. Außerdem hat der Freundeskreis Brillen, Bettdecken und Kochgeschirr nach Nepal geschafft.

Ehe der Verein sich in Karthali engagierte, mussten die Schüler der bitterarmen Familien in einem maroden Schulgebäude ohne Möbel und mit leckem Dach auf dem Boden sitzend unterrichtet werden. Rörick packte schließlich gemeinsam mit Einwohnern und anderen Helfern des Vereins an und baute die Schule aus.

„Ob die Schule in Karthali dem Erdbeben Stand gehalten hat, wissen wir noch nicht. Vielleicht müssen wir da wieder ganz von vorne anfangen“, sagt Rörick. Der Verein hatte Kontakt zu einem der Lehrer der Schule in Kathmandu. Laut diesem seien die meisten Häuser in Karthali offenbar zerstört. Doch genaueres ist noch nicht bekannt. Besser überstanden hat das Beben die Bright Future School in Kathmandu. Der Verein hat in den vergangenen Jahren beim Bau des mehrstöckigen Neubaus geholfen. Das Ständerwerk der Schule sei in Ordnung, die meisten Wände hätten aber Risse, berichtet nun ein Lehrer. Die Einrichtung der Schule sei demoliert, im Labor seien alle Chemikalien heruntergefallen, die Computer würden auf dem Boden liegen, und auch die Cafeteria sei beschädigt. „80 bis 90 Prozent der Gebäude in Kathmandu sind wohl stehen geblieben. Und bei unserer Schule dort handelt es sich ja auch um einen stabilen Neubau. Trotzdem: Ein Ingenieur muss in den kommenden Tagen die Schäden am Gebäude begutachten“, sagt Rörick.

Tote oder Verletzte hat es unter den Mitarbeitern der Schule wohl nicht gegeben, berichtete der Lehrer dem Verein. Er spricht von etlichen Häusern, die im Viertel um die Schule zusammengebrochen seien und von 45 Toten. Das Schicksal der vielen Schüler in Kathmandu ist noch ungewiss. „Das Erdbeben ereignete sich ja an einem Sonnabend. In Nepal ist das wie bei uns der Sonntag. Die Schüler waren während des Bebens also nicht in der Schule, sondern alle zu Hause“, sagt Rörick. „Die Menschen haben jetzt furchtbare Angst vor Nachbeben. Die Lehrer kampieren im Freien vor der Schule.“

Die Nachrichten aus Nepal würden aber mit jedem Tag dramatischer. Laut dem Verein haben viele der Familien ihr Zuhause verloren. Sie leben unter Planen im Freien, es fehlen Nahrung, Wasser, Elektrizität. Der Verein sammelt Spenden, die für die medizinische Versorgung, den Wiederaufbau der Hauser und Hütten, neue Feuerstellen, Betten und das Allernötigste für den Alltag verwendet werden sollen.

Thomas Rörick hat in seiner Praxis an der Ochsenzoller Straße schon seit Jahren eine Spendenkasse stehen, in die Patienten ihren Beitrag für sein Nepal-Projekt leisten können. „Das Geld fließt in die Arbeit des Vereins. Es ist wenigstens ein kleiner Beitrag“, sagt Rörick. Er hofft, dass die Nepalesen die Folgen des Erdbeben meistern.

„Wenn sich das Chaos ein wenig gelichtet hat, möchte ich gerne wieder nach Nepal reisen und schauen, in welchem Zustand die Schulen sind. Vielleicht klappt das ja schon in diesem Sommer.“