Norderstedt . 20-Jähriger erbeutete mit einem Komplizen mehrere tausend Euro, wurde geschnappt und nun zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Es ist eine Geschichte wie aus einem Actionfilm: Vier Männer sitzen an einem Abend Mitte Juli des vergangenen Jahres friedlich im Wintergarten eines Hauses an der Ulzburger Straße in Norderstedt, als plötzlich durch die Terrassentür zwei Männer mit dunklen Sturmhauben eindringen. Die Unbekannten sprühen mit Pfefferspray um sich, einer nimmt die auf dem Tisch liegende Geldbörse an sich, und dann machen sich die beiden Täter wieder aus dem Staub.

Während einer der Räuber an jenem Julitag tatsächlich spurlos verschwand, wurde Artur M., dem zwei der Anwesenden gefolgt waren, zu Boden gerissen. Die Geldbörse, in der sich 10.000 bis 15.000 Euro befanden, konnte dem damals 20-Jährigen wieder abgenommen werden.

Artur M., mittlerweile 21, kommt aus einem Ort in der Nähe von Danzig und reiste jetzt zum Prozess nach Norderstedt, wo er sich wegen seiner Mittäterschaft an der Raubtat vor dem Schöffengericht verantworten musste.

Der Angeklagte behauptet, sein Komplize, wie er selbst polnischer Staatsbürger, habe ihn in seinem polnischen Heimatort angesprochen und ihn zur Mittäterschaft an dem Raub überredet. Der Aussicht auf so viel Geld habe er nicht widerstehen können, denn er sei zurzeit arbeitslos, lebe bei seinen Eltern in Polen in beengten Wohnverhältnissen und habe davon geträumt, einmal durch die Welt zu reisen. Sein Komplize habe ihm gesagt, dass in Norderstedt 10.000 Euro zu holen seien und er die Hälfte erhalte. Die Norderstedter Richterin Claudia Naumann nimmt den Angeklagten in die Mangel und versucht, den Namen oder die Anschrift des Komplizen herauszufinden.

Der Angeklagte kennt von seinem Komplizen angeblich nur den Vornamen

„Das dürfte doch auch in Ihrem Interesse sein, dass der sich auch verantworten muss und nicht Sie allein“, redet die Richterin dem Angeklagten ins Gewissen. Doch der bleibt hartnäckig dabei, nur den Vornamen „Michael“ des Komplizen zu wissen, ansonsten kenne er weder dessen Adresse noch Telefonnummer.

Der Angeklagte berichtet davon, dass das Geld in Scheinen gebündelt lose auf dem Tisch gelegen habe. Er selbst habe kein Pfefferspray gesprüht, sondern die Aufgabe gehabt, das Geld an sich zu nehmen. Das sei ihm nicht gelungen, weil der vor dem Geld sitzende Mann die Scheine festgehalten habe. Sie hätten sich das Ganze einfacher vorgestellt, aber als sie die vielen Männer gesehen hätten, hätten sie das Unternehmen als aussichtslos betrachtet und seien ohne Beute geflohen. Zwei Männer hätten ihn aber verfolgt und geschlagen, zu Boden gerissen und dann noch auf ihn eingetreten, ergänzt der Angeklagte, dessen Sätze von einer Dolmetscherin übersetzt werden.

Der Geschäftsführer einer Norderstedter Verpackungsfirma, Piotr D., 44, aus Hamburg erzählt, dass er viele Mitarbeiter aus Osteuropa habe, die in Norderstedt untergebracht seien. Regelmäßig zur Monatsmitte fahre er dorthin und zahle die meisten Löhne in bar aus. Aus diesem Grunde habe die Geldbörse mit zigtausend Euro am Tatabend auf dem Tisch vor ihm gelegen. Einen „Michael“ habe er mal beschäftigt, erklärt der Zeuge, den habe er entlassen. Es steht somit die Vermutung im Raum, dass dieser der Komplize des Raubes gewesen sei, da er sich bestens mit den Gepflogenheiten auskannte und wusste, wann Zahltag war und folglich Beute zu machen sei.

Nach Darstellung dieses Zeugen rutschte der Angeklagte im Garten aus und verlor das Portemonnaie, das später im Garten gefunden wurde.

Rafal B., 24, der an dem Tatabend anwesend war, gibt zu, den flüchtenden Angeklagten dreimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen zu haben, dann habe man den Mann ins Haus gebracht und die Polizei geholt.

Richterin rechnet es dem jungen Mann hoch an, dass er sich zu der Tat bekennt

Nach der Tat saß der Angeklagte sechs Wochen in Untersuchungshaft, eine Zeit, die er als schrecklich bezeichnet. Er habe sich einsam gefühlt, mit niemandem reden können. Die Eltern des Angeklagten zahlten eine Kaution von 1900 Euro, sodass Artur M. vorerst nach Hause zurückkehren konnte.

Die Richterin rechnet es dem Angeklagten hoch an, dass er sich zu der Tat bekennt und zum Termin erschienen ist, auch sei er geständig und vermutlich ehrlich gewesen. Andererseits habe der Angeklagte, der bis dato nicht vorbestraft war, bei der Tat, die als schwerer Raub zu werten sei, ein hohes Maß an krimineller Energie gezeigt.

Eine Jugendstrafe müsse sein. Das Urteil lautet auf ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung, wobei Jugendrecht angewendet wurde, da der Angeklagte zur Tatzeit noch 20 Jahre alt war und nach Auffassung des Gerichts naiv und unreif erscheine.

Der geknickt wirkende Angeklagte nimmt das Urteil an und verzichtet auf Rechtsmittel.