Norderstedt. Norderstedter halten einen Stromausfall für unwahrscheinlich und sind kaum auf ein Leben ohne Elektrizität vorbereitet.

Haben Sie ein Batterie- oder Kurbelradio im Haus, einen Gas- oder Campingkocher und ausreichend Kerzen? Das sind wichtige Helfer, wenn der Strom ausfällt, und zwar nicht nur in einzelnen Straßenzügen oder Stadtteilen, sondern flächendeckend und für mehrere Tage – ein Szenario, das nicht abwegig ist, wie Joachim Seyferth, Leiter des Amtes für Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz, und Axel Gengelbach, Leiter der Stadtwerke, betonen, denn: Früher floss der Strom nur in eine Richtung, vom Erzeuger zum Verbraucher. Heute produzieren die Verbraucher mit Fotovoltaik selbst Strom, den sie ins Netz einspeisen. „Der Strom fließt bidirektional, was deutlich mehr Regelung und Eingriffe bedeutet und das Netz empfindlicher macht“, sagt Gengelbach. Aber auch Stürme wie Orkan Niklas können Leitungen beschädigen und die elektrische Infrastruktur stören.

Vor fast fünf Jahren bekamen die Norderstedter einen Vorgschmack: Gut sechs Stunden mussten die Glashütter ohne Elektrizität auskommen, ein Defekt in der Hauptzuleitung von E.on hatte die Versorgung lahmgelegt. Das haben Stadtwerke und das Amt für Katatstrophenschutz zum Anlass genommen, die Norderstedter zu fragen, ob und wie sie auf ein leben ohne Strom eingestellt sind. „Es geht uns nicht darum, Panik oder Hysterie zu verbreiten. Wir wollen nur ganz sachlich für den Ernstfall gerüstet sein“, sagt der Amtsleiter.

Im Oktober hatte die Stadt Fragebogen an rund 10.000 Bürger verschickt, die mit einer Zufallsstichprobe ausgewählt wurden. Nun haben Seyferth und seine Vertreterin Stefanie Damm die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage vorgestellt. 3137 ausgefüllte Bogen kamen zurück, die Antwortquote von fast 30 Prozent liege deutlich über den zehn erwarteten Prozent und deutlich über dem Durchschnitte solcher Befragungen, sagt Stefanie Damm.

Nur fünf Prozent der Befragten wohnen im vierten Stock oder höher. In 13 Prozent dieser Fälle ist ein Fahrstuhl vorhaben, auf den 40 Prozent angewiesen sind. Zwei Prozent gaben an, dass Mitbewohner auf medizinische Geräte angewiesen sind, aber nur gut jeder fünfte von ihnen könnte das Gerät problemlos über mehrere Rage benutzen. Fast alle haben Vertrauen in die Technik, 94 Prozent halten einen mehrtägigen Stromausfall für unwahrscheinlich oder sehr unwahrscheinlich. Allerdings gehen 63 Prozent davon aus, dass bei einem solcher Strom-Super-GAU Menschen und Sachen zu Schadne kommen würden.

Müssten die Norderstedter tatsächlich über mehrere Tage hinweg ohne elektrische Energie auskommen, könnten sie zumindest Licht ins Dunkel bringen. „Fast alle Haushalte verfügen über Vorräte an Kerzen, Taschenlampen und Batterien“, sagt Stefanie Damm. Nur 22 Prozent könnten unabhängig vom Stromnetz auf einem Gas- oder Campingkocher Lebensmittel erwärmen. Nur zwei bis drei Prozent besitzen Aggregate, um Strom zu produzieren oder eigene Stromquellen wie Fotovoltaik-Module auf dem Dach.

Das Bundesamt für Bevölkerungshilfe und Katatstrophenschutz informiert, wie sich Bürger auf einen Stromausfall einstellen können
Das Bundesamt für Bevölkerungshilfe und Katatstrophenschutz informiert, wie sich Bürger auf einen Stromausfall einstellen können © Michael Schick

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Bei 44 Prozent der Befragten reichen die Lebensmittel für drei bis vier Tage, bei gut einem Drittel die Getränke. „In einer Single-Wohnung mit eineinhalb Zimmern gibt es ja auch kaum Möglichkeiten, Vorräte unterzubringen“, sagt Seyferth. Die Menschen müssten sich bei einem flächendeckenden Stromausfall zwei Tage lang selbst versorgen. So lange dauer es, bis die öffnetliche Versorgung stehe. „Man darf ja nicht vergessen, dass die Einsatzkräfte auch betroffen sind. Zwar gibt es Notstromaggregate bei den Stadtwerken , in unserer Einsatzzentrale und im Rathaus, aber wir müssen die Verbindung zu den Helfern draußen herstellen“, sagt der Amtsleiter.

Der Wunsch nach Information stehe bei den Befragten ganz oben auf der Wunschliste. Sie wollen wissen, warum der Strom ausgefallen ist, wie lange sie ohne Strom auskommen müssen, und was die Verantwortlichen dagegen unternehmen. Da ist, so Seyferth, ein batteriebetriebenes Radio Gold wert. Denn TV und Internet fallen aus, auch Handys seien wertlos, wenn die Übertragungsnetze nicht mehr funktionieren.

Die medizinische Versorgung müsse gewährleistet bleiben – das sei vielen wichtig. Auch der allgemeinen Sicherheit und dem Schutz des Eigentumswird in der Umfrage hohe Priorität eingeräumt. Fazit: Die Norderstedter gehen von einer hohen Zuverlässigkeit der Stromversorgung aus und sind unzureichend auf einen solchen Störfall vorbereitet. „Wir haben die Bürger mit der Umfrage sensibilisiert und müssen gezielt daran weiterarbeiten, dass Bewusstsein und die Eigenvorsorge zu stärken“, sagt Seyferth. Auch die Stadt werde sich auf ein solches Szenario vorbereiten und Notfallpläner erarbeiten oder aktualisieren.

Weitere Infos gibt es per E-Mail unter amt37@norderstedt.de. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katatstrophenhilfe informiert im Internet über die Rubriken „Vorsorge & Selbsthilfe“.