Vikariat ade: Der 33 Jahre alte Moritz Menacher und die 29-jährige Miriam Nohr wurden in zwei Jahren in Kirchengemeinden der Stadt Norderstedt zu Pastoren ausgebildet.
Norderstedt. Der Pastor von heute ist nicht mehr der alleinige Mittelpunkt der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde. So sollte es zumindest sein, finden die Norderstedter Vikare Moritz Menacher und Miriam Nohr. Nach zwei Jahren Ausbildung zum Beruf des Pastors ist für sie seit Freitag ihre Zeit in ihren Kirchengemeinden der Stadt beendet. Wenn Menacher und Nohr demnächst zum ersten Mal alleine die Verantwortung tragen, dann verstehen sie ihre Arbeit als Dienst an den Menschen, als Dienst, bei dem sie insbesondere den Ehrenamtlichen den Rücken stärken wollen. „Sich um alles kümmern müssen, das überfordert eine Person“, sagt Miriam Nohr. „Ich möchte die Menschen miteinander ins Gespräch bringen.“
Moritz Menacher wiederum erzählt im Gespräch mit dem Abendblatt, dass seine Zeit als Vikar in Norderstedt sein Amtsverständnis verändert habe. Früher habe ein Pastor die Gemeinde sehr stark geprägt, sagt er, und das sei vor zwei Jahren auch seine Vorstellung gewesen. „So kann man die Stelle ausfüllen, aber das möchte ich nicht.“ Für ihn liegt die Zukunft der Kirchengemeinden in der Beteiligung und im stetigen Austausch zwischen den Haupt- und Ehrenamtlichen. Und dabei will er nicht bleiben, wichtig ist ihm auch der Kontakt zu denen, die sich nicht zur Kerngemeinde zählen.
Nohr und Menacher haben sich in den vergangenen Jahren sehr viel ausgetauscht. Untereinander bei der Ausbildung im Predigerseminar in Ratzeburg, mit ihren Gemeinden und ihren Anleitern. Nohr hat sich dabei an der Christuskirche in Garstedt auf ihren Beruf vorbereitet. Jetzt folgt noch ein theologischer Kursus und dann zum Abschluss noch die letzten fünf mündlichen Prüfungen. Wenn dann alles klappt, kann sie im Juni ihre erste Stelle als Pastorin antreten. Wo das sein wird, weiß die 29-Jährige noch nicht. Aber es soll der Großraum Hamburg sein, damit ihr Mann noch zu seiner Arbeit in der Hansestadt pendeln kann. Moritz Menacher hingegen hat noch etwas „Schonfrist“. Der 33-Jährige hat vor zwei Jahren an der Vicelin-Kirche sein Vikariat begonnen und wird es noch ein wenig verlängern. Nach den Prüfungen geht er für ein Jahr ins Ausland – in einer deutschen evangelischen Gemeinde in Toronto will er weitere Erfahrungen sammeln. „Die Gemeinde dort ist vom Profil ganz anders“, sagt er. Das komme ihm selbst gelegen, er wolle sich beispielsweise in der Liturgie weiterbilden, die in der Kirchengemeinde Vicelin-Schalom nicht so streng gehandhabt wird wie in der Gemeinde in Kanada.
Wenn er dann in gut einem Jahr zurückkommt und als Pastor zur Anstellung noch einmal drei Jahre zur Probe seine erste eigene Pfarrstelle besetzt, wird es für ihn vermutlich in den Osten nach Mecklenburg oder Vorpommern gehen. Dort sind Pastoren teilweise für viele Kirchen zuständig, sodass er nicht jeden Sonntag einen Gottesdienst in jeder Kirche feiern könne. Gerne aber helfe er Ehrenamtlichen, damit diese sich auch ohne ihn in Liturgie und Predigt zurechtfinden. Im Kontakt und in der Zusammenarbeit mit anderen, gerade auch weltlichen Institutionen vor Ort könne die Kirche dazu beitragen, dass die ländlichen Strukturen nicht weiter veröden. Auch in Norderstedt hat er den Kontakt zu den Menschen – gerade auch im direkten Gespräch – als besonders erfüllend empfunden und beispielsweise sehr gerne Beerdigungen gestaltet. Was für den Laien seltsam klingen mag, erschließt sich nach einer Erläuterung durch den angehenden Pastor umso besser. „Ich habe als Pastor die Möglichkeit, die Leute zu begleiten, ihnen eine Lebensdeutung anzubieten und die Hoffnung sichtbar zu machen“, sagt er. „Ich empfinde das als unheimlichen Gewinn.“
Miriam Nohr wiederum ist heute noch dankbar dafür, wie offen sie von ihrer Gemeinde in Garstedt empfangen wurde. Sie habe sich in vielen Feldern ausprobieren können und konnte ihren eigenen Weg finden. Besonders schön war für sie das erfolgreiche Kinderbibelwochenende, das sie gemeinsam mit der Kirchengemeinde Harksheide umgesetzt hat und das jetzt auch ohne sie fortgeführt wird – eine tolle Bestätigung für ihre Arbeit.