Die Hunde-AG der Willy-Brandt-Schule hatte Besuch von Susanna Simon vom K9-Suchhundezentrum Nordost. Für Lehrerin Nielsen ist die AG eine gute Erfahrung. „Die Kinder haben einen super Zugang zu den Tieren.“

Norderstedt. Ivan ist schnell. Sehr schnell. Der schlanke, große Laufhund der französischen Rasse Petit Bleu de Gascogne läuft über die Gänge der Willy-Brandt-Schule in Norderstedt und hat den Geruch seiner Zielperson Malte in der Nase. An der langen Leine hinter ihm versucht Susanna Simon vom K9-Suchhundezentrum Nordost Schritt zu halten. Und auch die Schüler der Hunde-AG laufen mit. Im offenen Flur über dem Haupteingang schaut Ivan oft nach oben, der Geruch ist bereits nach unten gezogen, denn Malte selbst ist über die Rampe in den zweiten Stock gelangt. Ivan nimmt am Ende des Flurs die Treppe, seine Führerin und die Schüler laufen hinterher. Es dauert nicht lange, dann hat der Hund mit den langen schwarzen Ohren Malte im nächsten Treppenhaus gefunden. Er setzt sich vor den Schüler, dieser holt die Dose mit dem Futter hinter dem Rücken hervor und stellt sie Ivan zur Belohnung hin. Geschafft!

„Die Belohnung gibt es nur bei Trainings-Trails“, hat Susanna Simon den Schülern vor der Suche erklärt. Trail heißt im englischen „verfolgen“ und so heißt die Disziplin im Ganzen Mantrailing, wenn Simon ihre Hunde auf die Suche nach einer Person schickt. Für die Schüler der AG von Lehrerin Angelika Nielsen eine ganz neue Erfahrung. Zwar haben die Siebt- und Achtklässler in dem halben Jahr schon viel über Hunde gelernt, solche Spürnasen wie Ivan, Archie oder dessen einjährigen Sohn Stöver jedoch noch nicht kennengelernt. Und so hören sie alle wissbegierig zu, als Susanna Simon von ihrer Arbeit erzählt.

Sie versuchen es zumindest. Denn insbesondere der große, einjährige Stöver lenkt die Schüler immer wieder ab. Er turnt auf Susanna Simon und der zweiten Hundeführerin Claudia Winter herum. Außerdem läuft sein Vater Archie immer wieder durchs Klassenzimmer, um sich Streicheleinheiten abzuholen. „Man merkt nicht, dass er eigentlich von meinen am besten erzogen ist“, sagt Simon. Immer wieder ruft sie Archie nach vorne. Ein paar Minuten bleibt er liegen, aber dann läuft er wieder durch den Klassenraum. Die Streicheleinheiten sind einfach zu verlockend. Und der braune Labrador liebt es, im Mittelpunkt zu stehen.

„Archie ist jetzt neun Jahre alt und seit er zweieinhalb Jahre alt ist im Einsatz“, erzählt Simon. Die Ausbildung beginne schon mit zwölf Wochen mit ersten spielerischen „Trails“. Im Laufe der Zeit lernten die Hunde dann, den individuellen Geruch der Zielperson nicht aus der Nase zu verlieren und nur dieser Spur zu folgen. „Wisst ihr wie das funktioniert?“, will sie von den Schülern wissen. Die aber schweigen, erst später folgen einige, zögerliche Nachfragen. „Jeder Mensch hat einen Individualgeruch“, erklärt Simon. „Er verliert außerdem pro Minute etwa 40.000 Hautschuppen, die bereits beim Herunterrieseln vom Körper von Bakterien zersetzt werden.“ Und darüber können die Tiere die Spur der gesuchten Person finden; das zumindest sei die derzeitige Theorie, so Simon. Archie konnte so beispielsweise schon viele Straftäter überführen, indem er die Spur des Täters auf seinem Fluchtweg in dessen Lebensbereich verfolgte. Auch zur Suche von dementen Personen und Tieren würden Suchhunde eingesetzt, erläutert Simon. Oft arbeitet sie mit der Kriminalpolizei zusammen, denn die Polizeihunde haben meist keine so gute Ausbildung wie Archie und Co. Während die Tiere bei Simon etwa zweieinhalb Jahre brauchen, bis sie einsatzfähig sind, sei ein Polizeihund meist bereits nach zwölf Wochen Ausbildung im Dienst.

In der Willy-Brandt-Schule verstecken sich allerdings keine Straftäter, sondern nur die Schüler. Nachdem der fünfjährige Suchhund Ivan Malte im Treppenhaus gefunden hat, sind zwei Mädchen an der Reihe. Claudia Winter macht sich mit ihnen auf durch die Schule und über den Schulhof. Als die beiden versteckt sind, bekommt Archie den Geruch eines der Mädchen mit einem Handschuh unter die Nase gehalten. Der Weg ist nicht einfach, viele Gerüche stören. Archie aber findet schnell und souverän sein Ziel.

Sehr schnell, denn er weiß, dass er am Ende die Belohnung bekommt. Bei Einsätzen hingegen bekomme er nichts, weil man nie wisse, ob er auch wirklich die richtige Spur gefunden habe, erläutert Simon. Beim Training, wenn die versteckte Person die Belohnung hat und sie dem Hund gibt, ist das anders. Als er Gina und Jeanette gefunden hat, freut sich Archie ausgiebig und bekommt sein Futter.

Ein paar Dinge wollen die Schüler schließlich doch von Hundeführerin Simon wissen. Zum Beispiel, ob Archie auch zur Zucht eingesetzt wird. Simon verweist auf Stöver, der bereits ein Sohn des neunjährigen Suchhundes ist. Das Problem aber sei, dass er sich nun stärker für Hündinnen interessiere und dass das auf Dauer seine Einsatzfähigkeit beeinträchtigen könne.

Für Lehrerin Angelika Nielsen ist die Hunde-AG eine gute Erfahrung. „Die Kinder haben einen super Zugang zu den Tieren“, sagt sie. Das gelte insbesondere für die Integrationskinder. In der AG haben die Kinder bereits Kontakt mit unterschiedlichen Hunden gehabt, zum Beispiel war auch ein Blindenhund in der Klasse. Schulhund Dean, der Nielsen selbst gehört und seit anderthalb Jahren regelmäßig in die Schule kommt, gehört natürlich auch zum festen Bestandteil der AG – wenn denn keine anderen Tiere da sind.

In ihrer eigenen Klasse, in der Dean regelmäßig am Unterricht teilnimmt, gebe es keine körperlichen Konflikte, auch wenn die Klasse ansonsten nicht die leiseste sei. Hunde in der Schule können ihrer Ansicht nach vielen Kindern helfen. „Einige wollen deshalb in die Schule, weil der Hund da ist“, berichtet Nielsen.