Apothekerkammer: Das neue Notdienst-System ist gerechter – sowohl für Apotheker, als auch für die Kunden. Darüber hinaus seien viele Apotheken in großen Einkaufszentren mittlerweile bis 20 Uhr oder gar 21 Uhr geöffnet.
Kreis Segeberg. Ganz Schleswig-Holstein muss sich ab sofort auf ein neues Notdienst-System der Apotheken einstellen. Seit dem 1. Januar hat die Apothekerkammer von regionalen Notdienst-Ringen auf ein landesweites System umgestellt. Erstmals werden dadurch alle Apotheken verpflichtet, bisweilen 24-Stunden-Schichten zu schieben. Durch die Neuorganisation verändern sich die Wegstrecken zur nächstgelegenen Notdienst-Apotheke. Ausschlaggebend ist künftig allein die Einwohnerzahl des Ortes. Das führt im Einzelfall zu weiteren Wegen. Bewohner einiger Städte müssen künftig in die Nachbargemeinde fahren, um die nächste Apotheke mit Notdienst zu erreichen. Besonders für Menschen, die auf dem Land lebten, sei das neue System aber besser als das alte, beteuert Dr. Karl-Stefan Zerres, Justiziar der Apothekerkammer Schleswig-Holstein.
Bewohner von Dörfern zwischen 500 und 5000 Einwohnern müssen künftig im schlechtesten Fall bis zu 38 Kilometer zur nächsten Notdienst-Apotheke fahren. Bei noch kleineren Dörfern kann der Weg noch weiter sein. Diese maximale Entfernung wurde von der Apothekerkammer festgesetzt und wird als Luftlinie berechnet. Bei Städten bis 20.000 Einwohner sind es bis zu 23 Kilometer. Wer in einem Ort mit weniger als 70.000 Einwohnern lebt, fährt maximal 16 Kilometer. In großen Städten wie Norderstedt sind es bis zu 10 Kilometer. Das führt dazu, dass in Norderstedt jede Nacht eine Apotheke geöffnet hat.
In Kaltenkirchen sieht das hingegen ganz anders aus. Dort können Bürger beispielsweise in den kommenden sieben Tagen nur einmal auf eine Apotheke mit Notdienst in Kaltenkirchen zurückgreifen: Am Dienstag, 13. Januar, ist das die Apotheke im Mediohaus in der Brauerstraße. An den übrigen Tagen müssen sie in Notfällen nach Henstedt-Ulzburg, Bad Bramstedt, Barmstedt oder Norderstedt fahren.
Vor der Neuregelung war Schleswig-Holstein in 50 einzelne regionale Notdienst-Ringe eingeteilt. Nicht alle Apotheken haben in diesem System bisher nachts Notdienst geleistet. Andere haben zudem die Möglichkeit gehabt, nach eigenem Ermessen zu öffnen und zu schließen. Dadurch waren die Belastungen für die Apothekeninhaber extrem ungleich verteilt. Manche Apotheken mussten mehr als einmal in der Woche rund um die Uhr öffnen. Die Inhaber müssen den Verlust, der durch eine verkaufsarme Nacht entsteht, stets selbst tragen. Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Das neue System soll aber für alle Seiten gerechter sein – sowohl für Apotheker, als auch für die Kunden. „Wir haben versucht, mit der Neuordnung eine vernünftige Lösung für alle Beteiligten zu finden“, sagt Dr. Karl-Stefan Zerres.
Gegen die Kritik, dass die Wege im Einzelfall deutlich zu weit seien, wehrt sich der Apothekerverband. Bei den Entfernungen handele es sich um mögliche Maximalgrenzen, ganz überwiegend seien die Notdienstapotheken in sehr viel kürzerer Zeit zu erreichen, die im schlechtesten Fall bis zu 38 Kilometer seien die absolute Ausnahme. „In diesen Fällen wird es sich nicht vermeiden lassen, dass die Menschen in den nächsten Ort fahren müssen. Für jemanden, der das bisher nicht gewohnt war, ist das ärgerlich. Das sehe ich ein“, sagt Dr. Zerres. Nichtsdestotrotz blieben die Entfernungen angemessen, schließlich bringe das System für manche Menschen auch eine Verbesserung. Es dürfe außerdem nicht vergessen werden, dass es sich um einen Notdienst handelt. Dieser habe nicht die Aufgabe, eine möglichst bequeme Arzneimittelversorgung zu gewährleisten, argumentiert die Apothekerkammer.
Darüber hinaus seien viele Apotheken in großen Einkaufszentren mittlerweile bis 20 Uhr oder gar 21 Uhr geöffnet – und das ganz regulär. „Solche Öffnungszeiten galten früher noch als eingeschränkter Notdienst, heute ist das völlig normal“, sagt Dr. Zerre. Die alte Regelung stamme noch aus einer Zeit, in der die Geschäfte um 18 Uhr schließen mussten. Sie sei schlicht ungerecht und nicht mehr zeitgemäß gewesen.
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