Das Silvesterkonzert der Hamburger Kammersolisten unter der Leitung von Geiger Stefan Czermak im Kulturwerk begeisterte wieder das Publikum. Eine Schreibmaschine spielte dabei eine wichtige Rolle.
Norderstedt. Er haut mit Begeisterung in sein Schlagwerk, und wenn er die ersten Töne zum Radetzky-Marsch schlägt, ist er so richtig in seinem Element. Andreas Suworow, erster Schlagwerker der Hamburger Symphoniker, tauschte beim Silvesterkonzert im Norderstedter Kulturwerk mit den Hamburger Kammersolisten seine Becken und Trommeln allerdings mit einer Maschine, wie Moderator Stefan Schmidt mokant anmerkte. Suworow drosch mit den Fingern den „Typewriter“ von Leroy Anderson in eine alte Schreibmaschine – und das so virtuos, wie er sein Schlagzeug spielt.
Doch der Mann machte es spannend. Erst rollte ein Bürotisch an die Bühnenrampe, dann stürmte Suworow mit aufgeklapptem Regenschirm und Koffer hinterher, öffnete den Koffer, holte Thermoskanne, Kaffeebecher und Apfel heraus, setzte sich eine Schirmmütze auf den Kopf und eine dicke Brille auf die Nase. Fertig war der Bürohengst. Mit stoischer Miene spielte der 1955 in Landshut geborene Musiker das berühmte Stück, dankte verschmitzt für den begeisterten Applaus im ausverkauften Haus und zog sich wieder in die letzte Musikerreihe zu seinem Schlagwerk zurück.
„Liebe Silvesterianer“, eröffnete Geiger Stefan Schmidt das Konzert, der schon wie in den letzten Jahren den Moderator gab. Dass Musiker aber nicht automatisch Sprecher sind, zeigte er mit dem Verschlucken von Namen wie beispielsweise der Opern-Rolle Fiordiligi. Außerdem machte er aus Mezzosopranistin Alexandra Hebart eine Sopranistin, während Cellist Valeri Krivoborodov die von Schmidt genannte Zahl der Musiker korrigierte.
26 Musikerinnen und Musiker aus 21 Ländern spielen bei den Hamburger Kammersolisten, viele von den Hamburger Symphonikern, aber auch vom Philharmonischen Staatsorchester Hamburg.
Mit Schwung eröffneten sie das Konzert unter der Leitung des ersten Geigers Stefan Czermak mit der Ouvertüre zur Oper Figaros Hochzeit von Wolfgang Amadeus Mozart, bevor Alexandra Hebart mit ihrem warmen und trotzdem frisch strahlenden Mezzo als Cherubino aus Figaros Hochzeit begeisterte, eine Hosenrolle, zu der sie stilecht Hosen trug. Mit Verve und entsprechender Gestik und Mimik setzte sie der Arie des kleinen Flegels übermütige Glanzlichter auf.
Als Sopranistin hatten die Kammersolisten Darlene Ann Dobisch mitgebracht. Sie sang schon vor zwei Jahren beim Silvesterkonzert, hat nichts von ihrer überschwänglichen Koketterie eingebüßt, auf die sie sogar in der Arie „Der Hölle Rache“ der Königin der Nacht aus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ nicht verzichtete. Gleichwohl bestand sie die mörderische Koloratur-Arie mit Bravour – und mit reichlich martialischer Mimik.
Ein Heimspiel gab es für Edda Blufarb,. Die Pianistin aus Henstedt-Ulzburg ist regelmäßige Solistin und Begleiterin der Kammersolisten und interpretierte das Klavier-Solo am Flügel des Andante aus Mozarts Klavierkonzert in C-Dur angenehm gefühlvoll. Einen Hörgenuss bereiteten auch Geiger Stefan Czermak und Trompeter Ilie Muntean mit Antonio Vivaldis Konzert für Violine und Trompete B-Dur. Das Duo zelebrierte den Dialog der Instrumente mit zartem Zauber, festlich im Allegro, melancholisch im Largo und glanzvoll im zweiten Allegro.
Im Duett Fiordiligi und Dorabella aus Mozarts Oper „Cosi fan tutte“ kamen die unterschiedlichen Temperamente Hebarts und Dobischs zum Ausdruck. Dobisch ging ihre Rolle der Fiordiligi wieder mit der ihr eigenen koketten Komik an und wirkte dadurch aufgesetzt. Hebart als Dorabella hingegen fegte mit ihrem frischen Mezzo und einem herzlich natürlichen Charme durch ihre Partie. Als Cenerentola in Giacomo Puccinis gleichnamiger Oper begeisterte sie mit wunderbar leicht gesungenen Koloraturen, klar in den Höhen und sanft in den Tiefen.
Mit „Wien bleibt Wien“ marschierte das Orchester fröhlich in die Silvester-Kurve, und das Publikum folgte fast Schmidts Aufforderung „Grooven Sie ab!“ Czermak indes spielte plötzlich auf der falschen Spur, was seine Kollegen mit einem Grinsen quittierten.
Die Kammersolisten ließen Silvesterkracher folgen, darunter das Couplet des Prinzen Orlowsky aus „Die Fledermaus“, von Hebart mit Esprit gesungen und gespielt. Dobisch gab die Puppe Olympia aus Jacques Offenbachs Oper „Hoffmanns Erzählungen“ sicher im Gesang. Und mit Wiener Schmäh und viel Strauß ging es zum Finale, dem Radetzky-Marsch, von Suworow wieder prachtvoll in Szene gesetzt.