Horst Fascher und die Kaiserbeats erinnerten in Kisdorf an die Beatles. Ein Kinderchor der Grund- und Gemeinschaftsschule Kisdorf sang sich mit „Ob-La-Di, Ob-La-Da“ in die Herzen der Besucher.
Kisdorf. Horst Fascher als zartbesaitet zu bezeichnen, wäre wohl absurd. Der frühere Star-Club-Manager hat in seinem bisherigen Leben vermutlich alle nur vorstellbare an Höhen und Tiefen erlebt. Aber im Kisdorfer Margarethenhoff war er am Sonnabend gerührt: „Als die Kinder sangen, hatte ich Tränen in den Augen.“ Was den Hamburger Musikmanager zur Rührseligkeit trieb, war einer der vielen Höhepunkt des Abends: Ein Kinderchor der örtlichen Grund- und Gemeinschaftsschule sang voller Inbrunst Beatles-Lieder,: „Yellow Submarine“, „Let it be“ oder „Ob-La-Di, Ob-La-Da“, begleitet von der Band Kaiserbeats aus Osnabrück. Für diesen Auftritt hatte Musiklehrer Andreas Hall ein Jahr lang mit den Kindern der Klasse 6a geprobt. Keine leichte Aufgabe, denn die Beatles-Klassiker sind den Kindern von heute kaum noch geläufig. Die Mädchen und Jungen erledigten ihre Aufgabe aber mit viel Bravour und Charme – und sie schafften es, alle zum Mitsingen zu animieren.
Das fiel ihnen nicht schwer, denn die übrigen Besucher der „Beatles X-Mas“ sind mit den Liedern der Beatles so gut vertraut, dass sie diese wahrscheinlich auch singen könnten, wenn sie nachts aus dem Tiefschlaf geweckt werden sollten.
Es war schon eine angenehm schräge Veranstaltung, die den Kisdorfern da in ihrem geliebten Margarethenhoff geboten wurde. Der Trägerverein Dorfhaus Kisdorf hatte eine Veranstaltung rund um die Beatles von langer Hand vorbereitet, die örtliche Schule zum Mitmachen animiert und illustre Gäste engagiert, um die Zeit der Beatles für dreieinhalb Stunden aufleben zu lassen. Klar, dass im ausverkauften Saal in der Mehrzahl Besucher saßen, die mit den Beatles selbst in die Jahre gekommen sind. Aber auch diese etwas ältere Klientel kann mit Beat-Klassikern durchaus aus dem Häuschen und manchmal sogar von den Stühlen gebracht werden.
Die Kaiserbeats aus Osnabrück wirkten so sympathisch, wie es die Beatles vor über 50 Jahren vermutlich in Hamburg auch waren: Vier muntere junge Männer, alles Musiklehrer, die ihre Instrumente perfekt beherrschen, vor allem aber ein enormes Gespür für die Musik der Vergangenheit an den Tag legten. „Eight Days a Week“ hätten die Beatles selbst nicht swingender spielen können. Im ersten Teil des Konzerts konzentrierten sie sich auf die rauen Songs, die zum frühen Repertoire der Beatles gehörten: Rock-’n’-Roll-Klassiker, Liverpool-Beat, unterlegt mit ersten Eigenkompositionen bis hin zu Hits wie „Can’t buy me love“.
Dazu erzählte Star-Club-Legende Horst Fascher, wie er die Beatles kennenlernte und zum ersten Mal bemerkte, welche Aura die Musiker aus Liverpool umgab: „Die Schrammelmusik fand ich nicht so toll“, berichtete er dem Publikum. Als er aber merkte, wie sehr die Mädchen für diese Musiker schwärmten, überdachte er seine Meinung noch einmal. Alles andere ist Legende: Er sorgte dafür, dass die frühen Beatles im Star-Club an der Großen Freiheit Stammgäste wurden. Und für die Kisdorfer kramte er noch einmal ganz tief in seiner Erinnerungsschatzkiste: „Am 17. August 1961 wurden aus den Silverbeatles engültig die Beatles“, berichtete er. Ein Stück lebendiger Musikgeschichte im Margarthenhoff.
Unter den Besuchern war auch ein Mann, der in der Hamburger Zeit und auch später hautnahen Kontakt zu den Beatles und ihrem Umfeld hatte: Hans-Walter „Icke“ Braun, 78, gehörte während der Star-Club-Zeit zum engsten Freundeskreis der Liverpooler Musiker. John Lennon ließ sich von ihm mit dem VW-Käfer durch Hamburg kutschieren. „Wir haben uns viel über Literatur unterhalten“, erinnerte er sich. „Als ich den Namen Henry Miller erwähnte, ist John Lennon spontan aufgesprungen und hat mich geküsst.“ Beim Gastspiel der Beatles 1966 in der Ernst-Merck-Halle gehörten Braun und die Schauspielerin Evelyn Hamann, mit der er zwölf Jahre verheiratet war, zu denjenigen, die im Backstage-Bereich mit ihnen speisen durften. „Ringo war sauer, weil er das Steak mit Zwiebeln bekam.“ Eine Randnotiz der Musikgeschichte.
Im zweiten Teil der Kisdorfer Beatles-Weihnachten wurde es kurios: Mit Olle Nielsson tauchte plötzlich ein Mann aus dem Bühnennebel auf, der voller Inbrunst „Imagine“ sang und sich selbst am Klavier begleitete. Ein John-Lennon-Double aus Schweden, das seinem Vorbild bis hin zur Nickelbrille gleicht und den etwas nasalen Gesang des 1980 ermordeten Musikers perfekt beherrscht. Horst Fascher war von Schwedens John Lennon zwar nicht so begeistert, aber schließlich lag er ja auch vor 54 Jahren mit seiner Anfangsmeinung über die Beatles gründlich daneben... Der in Schwende lebende Hamburger Klaus Cordt managt Olle Nielsson und hat ihn in Kisdorf erstmals mit den Kaiserbeats zusammengebracht. Weitere Veranstaltungen sollen folgen.
Nach der Pause ging es also vor allem um die Beatles-Songs, die früher John Lennon sang. Los ging’s mit „Love me do“, dann „I Feel Fine“ und „A Hard Day’s Night“, wobei die Besucher aufgefordert wurden, das Lied nach dem berühmten ersten Akkord zu erkennen und zu benennen. Kein Problem für die Kisdorfer Beatles-Fans. Gebracht wurden auch Songs, die die Beatles nie live spielten: Als zum Beispiel „Lucy In The Sky With Diamonds“ erschien, hatten sie ihre Live-Konzerte bereits eingestellt. Die Kaiserbeats und Olle Nielsson schafften einen perfekten Klangkörper auch ohne elektronische Hilfen, nur mit Gitarren und Schlagzeug. Musik, mit der Hand gemacht.
Um den Beatles-Tag rund zu machen, waren im Foyer des Margarethenhoffs John-Lennon-Bilder des Künstlers Klaus-Dieter Schweitz aus Bauersdorf im Landkreis Plön zu sehen. Mit Bleistift und Pastellkreide hat er Porträts aus den verschiedenen Lebensstationen des Musikers gemalt. Selbstverständlich hat auch der 67 Jahre alte Schweitz eine Affinität zur Beat-Musik: 1965 trat er mit seiner Band im Star-Club auf.