Jahrelang wurde sie gefordert, jetzt wird die Maßnahme auf Politikerwunsch vorgezogen, um den Verkehr zu entzerren. Weitere Maßnahmen zur Verkehrsplanung wurden auf einer Einwohnerversammlung vorgestellt.
Henstedt-Ulzburg. Mit dem kommenden Wochenende wird alles anders in Henstedt-Ulzburg: Auf der Hamburger Straße soll der Verkehr reibungsloser fließen. Nach jahrelangen Diskussionen kommt die Grüne Welle. Für die neun Ampeln zwischen Gutenbergstraße und Dammstücken werden die Umlaufzeiten so verlängert, dass es in den Verkehrsspitzenzeiten nicht mehr so häufig zu Staus kommen soll.
Die Forderung nach einer Grünen Welle ist alt – und wenn es nach der Verwaltung ginge, wäre die Grüne Welle erst nach Beendigung der Bauarbeiten auf der Hamburger Straße im Frühjahr 2015 gekommen. Eigentlich hätte der Ausbau der Straße bereits Ende dieser Woche abgeschlossen sein sollen, da die Bodentemperaturen aber im November unter fünf Grad abgesunken sind, hat die Landesverwaltung beschlossen, die Arbeiten abzubrechen. Bei diesen Temperaturen besteht die Gefahr, dass der verarbeitete Asphalt abplatzt, die bauausführende Firma wegen der Witterungsbedingungen aber keine Garantie übernehmen muss. Nach dem Winter geht es weiter mit dem letzten Teilstück zwischen Penny und der Kreuzung Lindenstraße/Maurepasstraße. Mit der Umstellung der Ampelphase ist eine externe Firma beauftragt.
Die Grüne Welle auf der Hamburger Straße kann zu einer Entspannung der Verkehrslage führen. Davon geht auch die VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH (VCDB) aus, deren Mitarbeiter ein Verkehrsstrukturgutachten für Henstedt-Ulzburg erstellt haben, in dem sie aufzeigen, wie die Verkehrsströme fließen und was getan werden kann, um sie zu entzerren. Am Mittwochabend wurde dieses Gutachten während einer Einwohnerversammlung präsentiert. Das Interesse war angesichts der Wichtigkeit dieses Themas und der heftigen politischen Diskussionen eher mäßig: Nicht viele Bürger saßen im großen Saal des Bürgerhauses, und interessiert diskutiert wurde vor allem, als es um den Verkehr vor der eigenen Haustür ging.
Aufgeklärt wurde zunächst der angerichtete Zahlensalat bei den verschiedenen Verkehrszählungen: Das Land ist auf der Hamburger Straße zu ganz anderen Ergebnissen gekommen, als die Verkehrsplaner aus Dresden. An den Zählstellen des Landes wurden wesentlich weniger Fahrzeuge gelistet. Verkehrsplaner Matthias Zöbisch von der Firma VCDB-Consult sieht in den unterschiedlichen Zahlen (16.000/22.000 Fahrzeuge pro Tag) keinen Widerspruch. Er erklärte die Diskrepanz so: Das Land zähle den Verkehr täglich, also auch an den Wochenenden, das Planungsbüro habe von Montag bis Freitag gezählt, also an den Hauptverkehrstagen. Unter dem Strich ergebe das andere Durchschnittswerte. „Es ist also kein verzerrtes Bild“, sagte Zöbisch und nahm damit gleich zu Beginn der Einwohnerversammlung den Skeptikern unter den Besuchern den Wind aus den Segeln.
Der Dresdner Verkehrsplaner stellte den Ist-Zustand vor und unterbreitete das Gesamtpaket an Plänen, wie der Verkehr in den nächsten zehn Jahren und in den nächsten vier Jahrzehnten gebündelt, entzerrt und entschärft werden kann. Der Mix aus aus einem attraktiven ÖPNV, Kreisverkehren, Umlenkungsmaßnahmen, einer Umgehungsstraße, einem Verkehrsleit- und -lenkungssystem sowie verbesserten Radfahrmöglichkeiten stieß auf Interesse, aber nicht auf ungeteilte Zustimmung. Ein Besucher hielt dem Verkehrsplaner entgegen, dass bei einer immer älter werdenden Einwohnerschaft nicht mit einer Ausweitung des Radverkehrs gerechnet werden könne. Ein anderer konnte sich nicht vorstellen, dass lange Einkaufswege – etwa in den Gewerbepark – mit dem Rad zurückgelegt werden können. Matthias Zöbisch widersprach dem nicht, verwies aber auf das ausgearbeiteten Maßnahmenbündel. Es solle im Endeffekt dazu führen, dass nur jeder zweite Weg mit dem Auto zurückgelegt werde.
Über allem aber schwebt der Gedanke an eine Umgehungsstraße. „Wenn Umgehung, dann im Westen der Gemeinde“, sagte Bürgermeister Stefan Bauer, der allerdings auch nicht zu erwähnen vergaß, dass dabei von einer Größenordnung gesprochen werden, die Henstedt-Ulzburg nicht alleine stemmen könne. Wie groß den die Chancen seien, in 25 Jahren eine Umgehungsstraße befahren zu können, wollte eine Besuchern wissen. Bürgervorsteher Uwe Schmidt, Gastgeber der Einwohnerversammlung, mahnte: „Wenn wir heute nicht anfangen, wird es nichts.“ Alles sei aber eine Frage des Geldes.