Eine 30-Jährige aus Bad Segeberg ließ ihr knapp eineinhalb Jahre altes Kind allein, um Freunde in Hamburg zu besuchen - dort sei sie Opfer einer Gewalttat geworden und konnte nicht zurückkehren, sagt sie.
Bad Segeberg. Die gute Nachricht vorweg: Dem 17 Monate alten Mädchen geht es den Umständen entsprechend gut. Es war nach seinem über 40 Stunden dauernden Martyrium zwar stark dehydriert. „Doch sie ist jetzt wieder wohlauf. Sie ist ein recht fröhliches und aufgewecktes Kind, lebt nun bei einer Pflegefamilie in Bad Segeberg und bekommt dort viel Zuwendung“, sagt Manfred Stankat, Leiter des Kreisjugendamtes in Bad Segeberg.
Seine Behörde muss nun klären, warum die 30-jährige Mutter ihre Tochter über 40 Stunden ohne Essen und Trinken in ihrem Gitterbettchen ließ. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen gegen die alleinerziehende Mutter. Die Frau, die von ihren Nachbarn im Segeberger Ortsteil Kleinniendorf als nett und unauffällig beschrieben wird, verließ nach eigenen Angaben ihre schlafende Tochter am vergangenen Dienstagabend, um Freunde in Hamburg zu besuchen. „Dort, so erzählte sie uns, sei sie Opfer einer Gewalttat geworden, was sie an der Rückkehr zu ihrer Tochter gehindert hätte“, sagt Manfred Stankat. Die Polizei prüft derzeit ihre Angaben.
Das Kleinkind weinte sich unterdessen in der verlassenen Wohnung in den Schlaf. Eine Nachbarin hatte sich zunächst nichts dabei gedacht, als sie das Kind weinen hörte. Erst als es auch in der Mittwochnacht noch schrie, alarmierte die Frau am Donnerstag das Jugendamt, die Polizei und Feuerwehr. Gegen Mittag am 20. November brachen die Einsatzkräfte ein Fenster der Wohnung auf und brachten das Kind in ein Krankenhaus. Dort wurde es schnell stabilisiert.
„Das Kind machte generell keinen vernachlässigten Eindruck“, sagt Manfred Stankat. Die Mutter sei auch bislang kein Fall für die Jugendhilfe gewesen. Die 30-Jährige sei selbst geschockt von der Situation und habe sich mit der Unterbringung ihrer Tochter in einer Pflegefamilie einverstanden erklärt. „Wir klären nun, ob das ein Notfall war oder ob die Mutter überfordert ist und Hilfe benötigt. Wir sprechen auch mit dem Vater und klären die familiäre Situation. Dann wird entschieden, ob das Kind wieder zur Mutter zurückkehren kann“, sagt Stankat. Gemeinsam mit Segebergs Landrat Jan Peter Schröder dankte Stankat der Nachbarin der Mutter für ihre Geistesgegenwart. „Es gibt viele Fälle der Vernachlässigung von Kindern. Und manche davon enden tödlich. In diesem Fall sind wir froh, das Schlimmeres verhindert wurde.“